BBC: Die „alte Tante“ ist 100

100 jahre bbc big Die BBC, Vorbild für viele andere Rundfunkstationen, existiert 100 Jahre – und davon 96 als öffentlich-rechtliche Anstalt. Wie kam es zu dieser Entwicklung und wie schaut die Zukunft aus?

Funk, erst Tastfunk (Telegrafie, „Morsen“), dann Sprechfunk, dann auch mit Musik und so zum Rundfunk tauglich geworden, wurde in verschiedenen Ländern unterschiedlich angegangen.

Funk in Deutschland: Sache des Kaisers

In Deutschland war Funk zunächst eine militärische Angelegenheit, auch noch für zivile Sicherheitsfunktionen wie dem Schiffsfunk, doch nicht als Rundfunk an alle gerichtet. Solange sich Funk auf Telegrafie beschränkte, war dies auch gar nicht anders sinnvoll: Der normale Bürger hätte niemals Morsecode gelernt, um dann die neuesten Nachrichten auf diese Weise zu erfahren, dies blieb Spezialisten, den Berufsfunkern, vorbehalten. Das erste deutsche Rundfunkkonzert zu Weihnachten 1920 vom Sender Königs Wusterhausen, bei dem Postbeamte sangen, Instrumente spielten und Gedichte vortrugen, war denn auch gar nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt, sondern für Funk-Fachleute – jemand anders hörte damals noch gar nicht zu.

Insgesamt ging die Rundfunkhoheit zwar auf die Post über; der Rundfunk in Deutschland blieb dennoch Staatssache, was den Nationalsozialisten in die Hände spielte, um ihn endgültig zum Staatsfunk zu machen.

Rundfunk in Frankreich, USA – und auch England: Kommerziell

In Frankreich war Rundfunk dagegen vor dem Weltkrieg Angelegenheit privater Unternehmen, in den USA ist es bis heute so. Aus Spenden finanziert ist dort lediglich National Public Radio, ein eher langweiliger Bildungskanal mit ebenso langweiliger Musik. Die kommerziellen Stationen, vor allem im Fernsehen, teils aber auch im Radio, sind für die unseren Rundfunk gewohnte Augen und Ohren allerdings mitunter kaum zu ertragen, weil die Werbung so selten durch Musik unterbrochen wird und die Hits sich auf manchen Stationen noch öfter wiederholen als im deutschen Privat-Dudelfunk, nur die Musikrichtungen sind vielfältiger. Gegen Fox TV ist Bild TV hochwertiger Journalismus und die ständig überall eingebundene und mitunter gar nicht mehr als solche erkennbare Werbung wurde schon von Charlie Chaplin in „Ein König in New York“ sehr treffend dargestellt.

Der englische Weg war dagegen zwar sehr brav und mitunter langweilig, aber trotz Monarchie als Regierungsform staatsfern: Die BBC wurde zum Vorbild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in Deutschland nach 1945. Und sie existierte tatsächlich von Anfang an, mit dem Beginn des britischen Rundfunks am 18. Oktober 1922 und ist damit die älteste nationale Rundfunkanstalt der Welt.

BBC Broadcasting House in den 1930ern (Bild: ©BBC)
BBC Broadcasting House in den 1930ern (Bild: ©BBC)

Allerdings war auch sie zunächst ein Privatunternehmen namens British Broadcasting Company; gegründet ganz schnöde, um den Verkauf von Radioempfängern anzukurbeln, und zwar von den sechs Funkunternehmen Marconi’s Wireless Telegraph, Vickers Electrical Company, Radio Communication Company, The British Thomson-Houston Company, General Electric und Western Electric. Privatunternehmen waren zu dieser Zeit einfach eher imstande, die hohen Investitionen für die damals aufwendigen Sende- und Studioanlagen aufzubringen und der Staat wollte Rundfunk eher verhindern denn fördern und sich damit nur unnötig Arbeit ans Bein binden. Mit der Taktik, zunächst gar keine und dann nur eine einzige Rundfunklizenz auszugeben, wollte die britische Regierung Wildwuchs wie in den USA verhindern. John Reith wurde Generaldirektor der BBC.

Der britische Rundfunk war kein Geschäft, aber beliebt

Zwar erhielt die BBC neben Werbeeinnahmen auch einen Teil der Rundfunkgebühren, musste sich also niemals rein kommerziell finanzieren. Die Einnahmen aus dem Rundfunkgeräteverkauf waren jedoch geringer als erwartet – viele Hörer bauten sich ihre Empfänger noch selbst – und der Aufbau der Sendeanlagen dafür teuer als erwartet. Deshalb wollten die Anteilshaber aussteigen und die BBC lieber der Regierung übergeben. Dies geschah am 31. Dezember 1926 und die BBC wurde am 1. Januar 1927 zur heutigen British Broadcast Corporation.

Die BBC wurde so populär, dass Bühnen und Orchester einen Besucherrückgang beklagten und die Zeitungen ihr Geschäft gefährdet sahen. Im II. Weltkrieg wurde sie trotz Regierungstreue zur unabhängigen Informationsquelle für Europa und ihr journalistischer Standard war trotz einzelner Skandale stets sehr hoch. Zudem konnte sie sich selbst in Kriegszeiten die Unabhängigkeit von der Regierung erhalten.

Heute: Auch die Mutter aller öffentlich-rechtlichen Anstalten auf dem Prüfstand

BBCIn den letzten Jahren wurde natürlich auch bei der BBC die Kostenfrage gehäuft gestellt. Zwar muss sie nicht mit einer Anstalt pro Bundesland agieren wie die ARD, die dadurch noch höhere Kosten generiert, und benötigt auch nur einen Intendanten und eine Rechtsabteilung. Doch ist auch mit moderner Sendetechnik eine Einrichtung von der Größe der BBC mit ihren vielen Mitarbeitern immer noch eine kostspielige Angelegenheit.

Boris Johnson wollte die BBC wie alle konservativen Regierungen abschaffen – nicht anders als in anderen Ländern. Am Ende hat sie jedoch inzwischen 100 Jahre existiert und nicht nur Queen Elisabeth, sondern auch die Johnson-Regierung und deren vermutlich bald vergessene Nachfolgerin überlebt.

Na dann – auf die nächsten 100 Jahre!