Bremen Eins feiert runden Geburtstag! Das regionale Hörfunkangebot für Bremen und Bremerhaven ist volljährig. Ein „Radio für Erwachsene“ im besten Sinne war das Landesprogramm von Radio Bremen tatsächlich schon vom ersten Sendetag an.
Dabei war Start der neuen Welle am 30. April 2001 durchaus ein Sprung ins kalte Wasser. Nach einem Beschluss der Ministerpräsidenten musste die kleinste ARD-Rundfunkanstalt damals aus Kostengründen die beiden Vorgängerprogramme RB1 Hansawelle und Radio Bremen Melodie zu einem Sender zwangsfusionieren. Als ambitioniertes Ziel sollte nicht nur der Marktanteil der Vorgängerprogramme gehalten und konsolidiert werden, nein, Bremen Eins sollte die Nummer eins, das meistgehörte Radioprogramm im Land Bremen, werden. Der Spagat, der gelang. Mit dem neuen Musikkonzept bestehend aus beliebten Oldies und Evergreens aus den 60ern/70ern/80ern sowie ein zum Bouquet passender Anteil an aktuellen Songs stieß Bremen Eins in eine bis dato nur wenig bespielte Lücke.
Außerdem wurde ein fast schon in Vergessenheit geratener Radio-Bremen-Klassiker wiederbelebt: der “Beat-Club“ feierte ein Comeback im Radio. Und mit ihr als Werbeclou die Moderatorin Uschi Nerke, die die legendäre namensgebende Fernsehsendung in den 1960er-Jahren einst moderiert hatte.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Von Beginn an setzten die Programmverantwortlichen auf ausführliche Nahraumberichterstattung inklusive engster Bindung zur Bremer Hörerschaft.
RADIOSZENE Mitarbeiter Michael Schmich sprach mit Programmleiter Berthold Brunsen über die heutigen Programminhalte sowie die anstehenden Geburtstagsfeierlichkeiten.
„Zum ‚Sound‘ unseres Programms gehört eben auch und besonders der richtige Ton und die richtige Ansprache“
RADIOSZENE: Herr Brunsen, wie sicher waren sich die Gründerväter beim damaligen Zusammenschluss zwischen Hansawelle und Radio Bremen Melodie zum neuen Sender Bremen Eins, dass die Hörer dieser Fusion folgen werden?
Berthold Brunsen: Sicher konnten sie sich nicht sein. Aber sie hatten gute Chancen. Denn ein Musikmix, der mit „den größten Hits und den schönsten Oldies“ im Radio startete, war damals ziemlich einmalig. Die Sender rundherum tummelten sich entweder im AC Pop/Rock Bereich oder spielten Schlager und Evergreens. Mit Bremen Eins hatte endlich eine Generation, die mit den Beatles und den Stones aufgewachsen war, ein musikalisches Zuhause. Dazu verlässliche Informationen und entspannte Unterhaltung. Das war – und ist in großen Teilen bis heute – das Erfolgsrezept von Bremen Eins.
RADIOSZENE: Bremen Eins ging 2001 erstmals auf Sendung, wie sehr hat sich die grundsätzliche Ausrichtung des Programms über die Jahre verändert? Haben Sie auch heute noch die gleiche Zielgruppe im Auge?
Berthold Brunsen: Ja und Nein. Natürlich machen wir auch heute Radio für eine 50+-Generation. Nur ist diese kaum noch vergleichbar mit den Menschen, die zum Start von Bremen Eins einschalteten. Wer damals 55 war, ist heute 75. Und wer heute mit 55 einschaltet, hat seine musikalischen Helden in den 80ern und 90ern entdeckt, möchte ganz anders angesprochen werden, steht mitten im Leben, ist noch lange kein Oldie und hört auch keine „Oldies“.
Und übrigens: Ein Großteil unserer Redaktion ist mittlerweile auch in der eigenen Zielgruppe angekommen. Beste Voraussetzungen also, um gutes Radio zu machen, das wir selber lieben.
RADIOSZENE: Bei der Musik setzen Sie im Kern auf die älteren Dekaden, wie die 80er Jahre. Auch in musikredaktioneller Form ist Bremen Eins sehr rege. Wie wichtig ist die Musik für das Gesamtkonstrukt?
Berthold Brunsen: Die Musik ist natürlich immens wichtig. „Die größten Hits aller Zeiten“ – das ist unser schlichtes musikalisches Versprechen, das wir täglich erfüllen. Die Klassiker der vergangenen Jahrzehnte mit einer gesunden Portion aktueller Titel, die unser Programm auch im Heute verorten. Was so einfach klingt, kann aber erst durch das Knowhow und Fingerspitzengefühl einer guten Musikredaktion erfolgreich werden. Und die haben wir.
Ein Bremen Eins-Claim lautet: „Der Sound meines Lebens“. Und damit meinen wir viel mehr als nur die Musik. Zum „Sound“ unseres Programms gehört eben auch und besonders der richtige Ton und die richtige Ansprache. Wie „klingen“ wir in der Moderation, in der Information und auch im Gespräch mit unseren Gästen, Hörerinnen und Hörern? Begegnen wir den Menschen auf Augenhöhe? Sprechen wir ihre Sprache und über ihre Themen? Wenn wir all diese Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann haben wir vieles richtig gemacht. Dann wird Bremen Eins wirklich zum musikalischen, emotionalen und informativen Tagesbegleiter – eben zum „Sound meines Lebens“.
RADIOSZENE: In welchem Umfang und welcher Form spiegelt sich das Leben in Bremen und der Region im Programm wieder?
Berthold Brunsen: Natürlich lautet meine Antwort: In großem Umfang und jeglicher (Radio-)Form! Unsere Hörerinnen und Hörer kommen sowohl aus dem Bundesland Bremen als auch aus den vielen angrenzenden Landkreisen drumherum. „Buten un binnen“ – wie man bei uns sagt. Und darum sind wir auch deren Lebenswelten verpflichtet. So unterschiedlich das Leben auf dem Land oder in der Stadt auch sein mag, allen gemeinsam ist ein norddeutsch verortetes Lebensgefühl, das wir im Radio widerspiegeln wollen. Regionale Information sind gerade für ein im bundesweiten Vergleich relativ kleines Sendegebiet sehr wichtig und für viele ein Einschaltgrund. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen unserer Regionalredaktion „buten un binnen“ sorgen wir dafür, dass unsere Hörerinnen und Hörer nichts verpassen, was in ihrer Region wichtig ist. So senden wir zum Beispiel mit der „Rundschau“ fünf Mal täglich eine etwas längere Informationsstrecke zu den Themen des Tages. Für Formatradios eigentlich ein Unding. Aber es funktioniert und wird von unserer Zielgruppe ganz besonders geschätzt.
RADIOSZENE: Die Hörerzahlen signalisieren – eigentlich schon seit Sendebeginn – hohe Akzeptanz. Ist die gelebte Beständigkeit im Programm eines der Erfolgsgeheimnisse?
Berthold Brunsen: Wir freuen uns darüber, dass wir seit Jahren der unangefochtene Marktführer im Land Bremen sind und auch in der Region eine wichtige Radiorolle spielen. Aber erfolgreich bleiben ist ja bekanntlich schwerer als erfolgreich werden. Dabei ist es auf der einen Seite wichtig, beständig, verlässlich und damit berechenbar zu sein. Das heißt aber nicht, dass darum alles so bleiben sollte wie bisher. So wie sich die Menschen verändern, die uns hören, so muss sich auch das Programm stetig ändern. Wir haben da in den letzten Jahren viel bewegt:
Eine komplett neu gestaltete Morgenshow mit zwei bekannten und beliebten Moderationsduos; eine aufgefrischtes Sounddesign; eine neue plakative Kampagnenidee zum „Sound meines Lebens“, die wir konsequent off-air, on-air und online umsetzen; neue Radioformate am Wochenende und nicht zuletzt eine neu gestaltete Website. Dazu haben sich unsere Redaktionsabläufe geändert, um das Programm intensiver vorbereiten und besser mit den anderen Bereichen des Hauses zusammenarbeiten zu können. Insgesamt also doch viel Veränderung, aber eben so dosiert, dass es zu dem Bremen Eins passt, das die Hörerinnen und Hörer lieben.
RADIOSZENE: Ist Ihr Programm so etwas wie das Werder Bremen im Radio, dasseit Jahrzehnten dauerhaft in der Bundesliga spielt und bei Ihnen im Programm ja auch eine wichtige Rolle einnimmt?
Berthold Brunsen: Der Vergleich mit Werder hinkt da natürlich ein bisschen. Wir sind zwar auch ein Teil der regionalen Identität, aber wir spielen nicht gegen den Abstieg 😉
„So unterschiedlich das Leben auf dem Land oder in der Stadt auch sein mag, allen gemeinsam ist ein norddeutsch verortetes Lebensgefühl, das wir im Radio widerspiegeln wollen“
RADIOSZENE: Welche Bedeutung hat die Einbeziehung von Online-Angeboten wie Podcasts?
Berthold Brunsen: Wo wir gerade von Werder sprechen: Wir haben aktuell mit „Grün-Weiße Liebe“ einen Werder-Podcast aufgelegt, bei dem uns der Verein sehr unterstützt und der zurzeit sehr erfolgreich über unsere Kanäle und über die Ausspielwege von Werder Bremen verbreitet wird. Radio Bremen entwickelt da gerade viele neue Formate. Und Bremen Eins ist mit dabei.
RADIOSZENE: Wie werden Sie Ihren runden Geburtstag feiern?
Berthold Brunsen: Leider nicht so wie wir es gerne geplant hätten. Denn auf eine große Party mit vielen Menschen müssen wir aktuell natürlich verzichten. Darum bringen wir die Party ins Radio und die Geburtstagsgeschenke unseren Hörerinnen und Hörern nach Hause.
Schon am 26. April beginnt dazu unsere Geburtstagswoche, in der wir die tollsten Bremen Eins-Momente der letzten 20 Jahre sammeln. Begegnungen mit Moderatorinnen und Moderatoren, mit Prominenten, Programmaktionen wie das ‚Bremen Eins Bed-In‘ oder andere starke ganz private Radiomomente.
Wenigstens im Radio müssen wir nicht auf Livemusik verzichten. Wir erinnern an die größten Konzerte, die wir hier bei uns in den letzten 20 Jahren erlebt haben und spielen daraus täglich viele Highlights.
Gleichzeitig macht sich unser Bremen Eins Bulli auf den Weg durchs Sendegebiet, besucht unsere Hörerinnen und Hörer und verteilt viele schöne Bremen Eins Geburtstagsgeschenke. (Infos dazu unter www.bremeneins.de).
Und am 30.4. jährt sich dann der Moment, der vor 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte ins Radioleben rief. Der Start von Bremen Eins.
Nachtrag: Martin Haferkorn wird zum 1. September 2021 neuer Programmleiter von Bremen Eins (RADIOSZENE berichtete). Der bisherige Programmchef Berthold Brunsen geht Ende August in Altersteilzeit. Martin Haferkorn ist 51 Jahre alt und seit fast vier Jahren Chef vom Dienst Layout bei Bremen Eins. Beim NDR in Kiel sammelte er erste journalistische Erfahrungen. Nach einem Volontariat und Stationen beim Privatradio, unter anderem sieben Jahre als Programmchef von Radio Regenbogen in Baden-Württemberg, beriet er von 2017 bis 2019 die Pop Unit des Hessischen Rundfunks (hr3 und YOU FM).