Ulli Wenger – Thomas Gottschalk: Ein Anekdotenbüchlein

Zuletzt hat Thomas Gottschalk selbst zwei Bücher über sein Leben geschrieben. Nun legt Ulli Wenger, Musikjournalist beim Bayerischen Rundfunk und Macher der „One-Hit-Wonder“-Radioserie und CD-Zusammenstellungen, mit netten Geschichten um und über Thommy nach.

Ulli Wenger Thomas Gottschalk Buch
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Die Verblüffung kommt beim Auspacken: Nur 15,5 x 11 cm misst „Thomas Gottschalk“. Also das so betitelte, von Ulli Wenger verfasste Buch aus dem riva-Verlag. Es ist nur so groß wie eine Postkarte und damit kein Grundlagenwerk, aber ein nettes Mitbringsel für Zeiten, wo man Leute wieder besuchen und beschenken darf.

Man hat dadurch natürlich das Gefühl, dass sich da jemand nur hinten an hängen möchte. Doch damit täte man Ulli Wenger Unrecht, der als akribischer Rechercheur und Faktensammler bekannt ist und hier so manche Anekdote zusammengetragen hat, die man in kürzerer Form vielleicht schon gehört hat, doch auch viele, die kaum bekannt sind. Beispielsweise, dass Thommy seine Thea einst mit Bügelkünsten beeindrucken konnte, dass er Til Schweiger aus dem Hotelzimmer vertrieben hat oder unter der Überschrift „Der mit dem Geweih umrührt“, dass der Fernsehkoch Alfons Schuhbeck, bekannt durch schicke Restaurants, Spezial-Nudelsalz, Sexgewürz, Steuerdiskussionen und einen (beigelegten) Domainstreit, Thomas Gottschalk seine Bekanntheit und Karriere zu verdanken hat. Fritz Egner, der natürlich auch im Buch vorkommt, hat außerdem ein Vorwort beigesteuert.

Es beginnt damit, dass Thommys erste Freundin eine Inderin aus London war. Von Dauer war diese Liaison nicht, sie erinnerte sich mehr an ihn als umgekehrt. In dieser Zeit entdeckte er 1967 auch in London BBC One und vor allem Radio Caroline. Zuhause kann er dann nur Radio Luxemburg hören – und den im Zonenrandgebiet auch aus Hof empfangbaren RIAS Berlin. Dort fasziniert ihn Gregor Rottschalk, der nicht nur moderiert, sondern auch Schlagertexte verfasst, beispielsweise „Er gehört zu mir“ von Marianne Rosenberg oder „Und es war Sommer“ von Peter Maffay. Wobei letzteres allerings eigentlich nur eine Übersetzung eines Songs von Bobby Golsboro ist – dies entging Ulli Wenger.

Als Thomas im Rahmen einer Klassenfahrt in Westberlin ist, klingelt er beim RIAS und erzählt dem Pförtner. der Bruder von Gregor Rottschalk zu sein, was bei diesem angesichts des ähnliche klingenden Namens durchgeht. Bei Gregor Rottschalk natürlich nicht, doch nimmt er Thomas trotdzem auf Sendung und dieser entdeckt seine Liebe und sein Talent fürs Radio.

Selbst die – lange verzögerte – Hochzeit mit Thea muss um 11 Uhr am 11.11.1976 schnell über die Bühne gehen: Thomas hat noch eine weitere Verpflichtung. Nein, nicht elf Minuten später den Fasching zu eröffnen, doch vier Stunden später die „Carpenters“ fürs Radio zu interviewen…

Hannelore Fischer, Günther Jauch und Thomas Gottschalk (Bild: ©Bayerischer Rundfunk)
Hannelore Fischer, Günther Jauch und Thomas Gottschalk (Bild: ©Bayerischer Rundfunk)

Größere „Shitstorms“ generiert er lange vor seinen Fernsehauftritten bereits bei Pop nach 8. So deklariert er Sophie Scholl, die von den Nazis hingerichtete Namensgeberin des Sophie-Scholl-Gymnasiums, in einem Telefonat mit einer Klasse dort als „Erfinderin der Dr. Scholl Gesundheitsschuhe“. Daraufhin fordert ein Mitglied des Rundfunkrats, dass dies Thomas „den Kragen kosten“ solle, wozu dieser sich die Bemerkung nicht verkneifen kann, dass dies angesichts des Schicksals von Sophie Scholl vielleicht nicht die optimale Wortwahl sei. Er kann sich, wie so oft in seinem Leben, mit seiner großen Schlagfertigkeit aus dem Karriere-Aus hinausreden, in das ihn seine große Klappe zuvor hineinmanövriert hat. Auch, als er den Rundfunkrat, den er nun gar nicht mehr leiden kann, als „eine Mischung aus Elferrat und Zentralkomitee“ bezeichnet.

Thomas Gottschalk (Bild: rbb/BR/Sessner)
Thomas Gottschalk (Bild: rbb/BR/Sessner)

Wenig bekannt ist, dass Thomas Gottschalk vor der legendären Nachmittags-Hausfrauensendung auf Bayern 3 mit Günther Jauch bereits im April 1979 mit Jauch zusammenarbeitet. Allerdings nur, um als Sendetechniker ab 6 Uhr früh für Jauch die Platten im „Morgentelegramm“ aufzulegen, als sein Assistent, und das, obwohl er abends Pop nach 8 moderiert und somit völlig übermüdet ist. Doch er war zu dieser Zeit fest angestellter Musikredakteur und musste ran, weil sonst niemand wollte. Dabei hatte Jauch selbst nur ein Jahr zuvor versucht, die Aufmerksamkeit von Gottschalk zu erregen – mit einer Collage aus Tobandaufnahmen, wie Jauch sich angesichts seines braven Aussehens vergeblich um den Eintritt in angesagten Münchner Clubs bemüht. Thommy spielte diese Aufnahme in seiner Sendung und fortan waren beide Freunde.

Ulli Wenger: Thomas Gottschalk, Hardcover 120 Seiten, 7,99 €
Jetzt erhältlich bei amazon.de (Bezahlter Link)
und im Riva-Verlag, München 2020
ISBN Print 978-3-7423-1275-4
ISBN PDF 978-3-7453-0971-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0972-0