Was macht eigentlich Südtirol-Radiopionier Willi Zwingmann?

Willi ZwingmannWilli Zwingmann war in den 80er Jahren DJ in den angesagtesten Münchner Clubs, machte Sendungen bei Radio M1 und Radio C in Südtirol. Danach moderierte Willi für das Münchner M1, sowie Radio Xanadu und anschließend für N1 in Nürnberg. Über diese abenteuerlichen Zeiten, aber auch, was Willi Zwingmann heutzutage macht, ist im Magazin FM Kompakt im Februar 2020 folgendes Interview veröffentlicht worden:

Willi, wann und durch was wurdest Du mit dem Radiovirus infiziert? 

Willi Zwingmann feiert mit Freunden im Castle Club seinen 60. Geburtstag
Willi Zwingmann feiert mit Freunden im Castle Club seinen 60. Geburtstag

Willi Zwingmann: Eigentlich erst in dem Moment als ich es dann selbst gemacht habe. Radio … das war für mich AfN, Wolfman Jack, American Top 40 und Ende. Ganz einfach weil ich mit der Musik die lief nicht wirklich viel anfangen konnte. Ich hab schon mit 15 Jahren begonnen als DJ, das war 1974. Im Freizeitheim und auf den legendären Schulpartys. Bei mir lief Kansas, Supertramp, Frampton und 10cc – das konnte mir das Radio dazumals nicht bieten.

Wie bist Du dann zum Radio nach Südtirol gekommen?

Willi Zwingmann: 1977 hatte ich meinen ersten „echten“ Job als DJ im „Pine“ auf der Leopoldstrasse angetreten. Von da an ging es für mich quer durch’s Münchner Nachtleben. „Mondi“, „Bett“, „ZIP“, dann „Romy’s Finest“ und ab Anfang der 80er hatte ich es dann auf den Olymp geschafft und war der „Resident“ im legendären „Sugar Shack“. Dort kam Ende 1982 die damalige Crew von Radio M1 relativ oft zum Feiern. Irgendwann kam einer von den Jungs zu mir und fragte, ob ich nicht Lust hätte Musik für eine Radiostation in Italien aufzunehmen. Eine Station die man hier empfangen könnte. Ich fand das alles etwas strange, morgens um 3 in der Disco. Aber irgendwie doch auch interessant. Dann hab ich mir den Sender mal gesucht. Und mich entschlossen zur musikalischen Qualität beizutragen.

Los ging es dann mit: 8 Stunden Non-Sop-Music Bändern im Münchner Studio in der Fraunhoferstrasse aufzunehmen. Nachdem ich nie etwas anderes wollte als Musik spielen – das war schon fast Paradise mit der Radiosache. Nach ein paar Monaten wurde dann auf „Liverecording“ umgestellt. Ab da war ich dann immer ein paar Tage im Studio in Bozen, hab nachts die Nonstop Music live gespielt und gleichzeitig lief die Bandmaschine mit. Der Deal war Musik spielen – nicht moderieren. Darauf konnte ich nicht wirklich Lust entwickeln. Bis zu diesem einen Tag, als ich auf Daniel Kovac wartete, der die Frühsendung moderieren sollte. Der hing aber am Brenner fest. Und ich hatte den Chef am Telefon. „Du moderierst jetzt diese Sendung, oder Du bist raus“ – Christoph Schmitz ließ mich ins kalte Wasser springen.

Jo Lüders und Jürgen von Wedel wurden 1983 vom Schweizer Investor Egli bei RBI ausgeboten. Es kam Christoph Schmitz. Und kurz darauf sendete RBI, welches kurz darauf in M1 umbenannt wurde, für einen Sommer (1983) über den reichweitenstarken Schwarzenstein. Deine Erinnerungen an den Eigentümerwechsel, das teilweise neue Team und die Resonanz der Hörer auf die Schwarzenstein-Abstrahlung…?

Willi Zwingmann: Wenn ich mich recht erinnere, war das schon die Übergangsphase nach dem Wechsel als ich dazu kam. Das war schon alles total crazy – wie es sich für die 80er Jahre gehört. Meinen Job im Sugar Shack hatte ich ja noch. Da kamen dann Leute rein „hey – ich hab dich gestern im Radio gehört“ …. wir waren plötzlich sowas wie Rockstars.  Wir haben Partys im Schwabingerbräu veranstaltet. 1500 People sold out jedesmal. Das Team Heinz Burghardt, Armand Presser, Daniel Kovac, Irmi Paus, Rick Hölzl, Stefan Schneider und wie sie alle hiessen – später dann Maria von Seidlein und Georg von Langsdorff – wir alle zusammen haben etwas gemacht, was es vorher nicht gegeben hatte – und es war geil.

Christoph Schmitz hatte an all dem auch einen großen Anteil. Zumindest in der wilden Anfangszeit. Der hat immer an das Ding geglaubt. Erst aus Italien, dann auch aus München. Aber irgendwann hatte er dann den Faden verloren.

Danach warst Du bei Radio C aktiv. Der von Conrad Electronic betriebene Sender war bei den Hörern sehr beliebt. Wie lange warst Du bei Radio C? Wie kamst Du dazu? Erinnerungen an die Familie Conrad und Rippl?

Willi Zwingmann: Ich war immer noch DJ im Sugar, und hatte ja jetzt schon einen dicken „Radiobonus“. Am Elisabethplatz gab es „Didi’s Schallplattenladen“. Ich hab dort immer nach neuem Sound fürs Sugar gesucht. Didi – der Inhaber – war mit Werner Conrad befreundet. So gab es dann den Kontakt. Ich denk 1 1/2 Jahre werden es gewesen sein, die ich wieder in Bozen radioaktiv war. Zusammen mit Stefan Schneider – wir waren unschlagbar: Gert Rippl und alle Conrads, von Werner über Patrizia bis zu TC – alles tolle Menschen. War mir eine große Freude die kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten.

Klaus Schweiger Robert Buttka Willi Zwingmann und Frank Stängle

Wie war Dein weiterer Werdegang? Du hast in München bei Xanadu und M1 zum Teil die Südtirol Crew wiedergetroffen. Deine Erinnerungen an die Münchner Radiozeit. Was unterschied sich beim Radiomachen in München von Südtirol?

Klar hat man sich wieder getroffen.  Mehr als zweimal sogar. Radioprofis wuchsen ja nicht plötzlich auf den Bäumen. München hatte klar den Vorteil: 450 Kilometer weniger fahren in die Arbeit. Wir haben irgendwie immer alle zusammengearbeitet – auch wenn es wie zeitweise auf der 92.4 für verschiedene Radiostationen war.  Aber es wurde auch irgendwie alles anders.

Du hast die Entwicklung des Privatradios vom Beginn an über viele Jahre hautnah miterlebt. Von Songs selbst auswählen, bis zur vorgegebenen Playlist. Wie hat sich für Dich das Radio verändert?

Ja genau das eben. Als ich anfing in Italien, saßen wir in einem 9 qm Studio mit Eierkartons an der Decke und 3000 LP’s im Regal. Dazu 2 Plattenspieler, 4 Kassettendecks, ein Mischpult und ein Mikrophon. Do it. Keine Playlists. Keine Rotation. Keinen Zwang. Wir haben gespielt nach was uns gerade war – zu jeder Tageszeit. Und die Leute sind drauf abgefahren. Dann kam erst die Politik, dann das Schachern, dann die Playlists, Format statt Spontaneität.
Naja – und wohin das geführt hat – das hört man heute. Irgendwie klingt alles gleich.

Wie hast Du vom AUS von M1 zugunsten des Schlagerradios Arabella erfahren? Was ging da in Dir vor?

Erst die Politik, dann das Schachern. Hatte ich das gerade schon mal gesagt? Es ging halt ums Geld. Und wer die besseren Kontakte hatte, der hatte damals wohl die besseren Karten. Schade drum aber – ich hab’s nicht so mit „eternity“. Wir hatten die beste Zeit :)

Was hätte man anders machen müssen, um das einstige Flaggschiff M1 am Leben zu halten?

Keine Ahnung. Am Programm ist der Sender nicht gescheitert. Das geschah auf einem anderen Level meine ich. Aber wie gesagt. Vielleicht war es auch einfach an der Zeit und der „Spirit“ war verbraucht.

Deine schönsten Radioerinnerungen?

Ich tu mir da wirklich schwer irgendwas rauszupicken. Das war damals mehr als nur ein Job. Wir haben das gelebt, das Ding mit dem Radio machen. Ich hatte the time of my life. Das waren meine 80er :D Das schönste Feedback für unsere Arbeit damals waren sicher die ausverkauften Hallen quer durch Bayern mit den „Sonnenbrillen Dancepartys“. Wenn Dir jemand sagt, dass deine Sendung gestern 20.000 Leute gehört haben – dann klingt das toll. Wenn Du dann aber in der Stadthalle Erlangen vor 4.000 Radiohörern auf der Bühne stehst – dann ist das unbezahlbar. Wir sprechen hier immer noch von den Zeiten als das Telefon zu Hause stand und es Schreibmaschinen gab. Die Power des Mediums Radio von damals – die wird es so nicht mehr geben…

Warst du in Südtirol auch mal an den Senderstandorten Hühnerspiel, Schwarzenstein…..?

Nein. Ich hatte Fotos gesehen von den Sendeanlagen. Man muss nicht alles live sehen. Dazu war ich wohl zu wenig Technikfreak, um dafür auf den Berg zu steigen.

Wie ging es bei Dir nach M1 weiter?

Da ging es dann nach Nürnberg zu Radio N1. Wer das damals eingefädelt hatte – ich weiß es nicht mehr wirklich. Aber ich war dort zusammen mit Nic von Vogelstein und Stefan Schneider. Das ging etwa 1 1/2 Jahre. Wir haben ziemlich viel Zeit auf der Autobahn verbracht. N1 das war eine völlig neue Herausforderung. Wir hatten Radio für Bayern aus Italien gemacht, und Lokalradio als Münchner in München. Jetzt hiess die Station N1, der Stachus war der Plaerrer und statt Weisswürsten gibts 6 im Weggla. Wir waren erfolgreich dort. Aber irgendwie nie wirklich angekommen. Wenn du aus München kamst… dann hattest du es in Nürnberg nicht leicht.

Nalu Cocktail Lounge
Nalu Cocktail Lounge

Reizt es Dich mal wieder Radio zu machen?

Nein keinesfalls bitte. Alles zu seiner Zeit. Ich liebe es live zu spielen – als DJ. Das mach ich auch immer noch. Aber ich bin mir sicher – ich hatte genug Airtime gehabt.

Wo hattest Du Deine schönsten Jahre? Warum?

Ganz zweifelsohne bei M1.  Es war brandnew. Es war crazy. Es war spannend. Wir haben bis 1 Uhr nachts gesendet, dann das Band eingeschaltet und uns in den Schlafsack unterm Mischpult gelegt… weil um 6 Uhr ging es dann gleich weiter mit der Morgensendung ☺ Alles was danach für mich passierte – das passierte nur weil mich ein Verrückter in der Disco ansprach und sagte „willst du Rock im Radio spielen“.

Wie siehst Du die Zukunft des Radios (DAB+, Internet, 5G….)?

Die Zukunft des Radios – du fragst mich Sachen. Irgendwie wird alles auf Internet rauslaufen, auch mobil.

Du warst 34 Jahre lang Sprecher der Trabrennbahn Daglfing. Was verbindet Dich mit dem (Pferde)Sport?

Ich war da schon als kleiner Bub immer gewesen. Meine Familie war schwer Pferdesport begeistert. Das ist auch wie ein Virus – wie beim Radio. Wenn er Dich packt wirst ihn nicht mehr los. Ich habe selbst Rennen gefahren und gewonnen. Und mit dem Kommentieren dort angefangen habe ich fast zeitgleich als es mit M1 losging. Ich war auch 10 Jahre auf der Trabrennbahn Pfaffenhofen und der Galopprennbahn Riem der Kommentator.

In Daglfing gab es mal den „Radio Energy 93.3“- Bogen. Dazu lief parallel am Renntag im Radio ein Gewinnspiel.

Mittlerweile lebst Du auf der Insel. Wie kam es dazu, wann hast Du Dir diesen Traum erfüllt?

2009 war ich das erste Mal auf Zypern. Und habe mich irgendwie sofort wie zu Hause gefühlt. Seit Dezember 18 lebe ich jetzt hier. Und ich kann sagen – es war eines der besten Jahre meines Lebens. Klar ist es etwas anderes hier zu leben als Urlaub zu machen. Aber ich hatte 2019 300 Tage Sonnenschein. Und 266 Tage am Stück keinen Regen. Keine doofen Arguments und sowas von Null Stress. Ein lebenswerter Ort mit vielen liebenswerten Menschen.

Was macht Willi Zwingmann heutzutage?

Online-Support für einige spezielle Computersysteme. Das Internet hat es mir ermöglicht, den Ortswechsel auf die Insel zu machen. Und meine 44 Jahre als DJ haben einen grossen Anteil daran, dass ich während der letzten Saison im Sommer zwischen Mai und September 80 Gigs gespielt habe. „Kalifi“ und „Sirena Bay“ das sind zwei Beach Bars. Und in der „Nalu Lounge“ am Eden Square in Protaras, und im legendären „Carwash“ auf der Feiermeile Ayia Napa. Man kennt mich hier als DJ Dr.Feelgood.

Hier lässt sichs gut leben: Nissy Bay Beach Bar
Hier lässt sichs gut leben: Nissy Bay Beach Bar

Was zeichnet einen guten Moderator aus?

Markante Stimme mit Wiedererkennungswert, Humor und eben das „gewisse etwas“ … Leute zu unterhalten ohne aktiv mit ihnen zu kommunizieren. Ein bisschen Entertainerqualitäten gemischt mit einer guten Portion Personality.

Welche Musik hörst Du privat?

Viel elektronisches. TechHouse, Trance, Techno. Das leg ich jetzt auch auf. Und super zu sehen, dass der Rock so much Talent bringt. Tash Sultana find ich grossartig. Oder sowas wie Fkj & Masego.

Dieses Interview erschien zu erst bei FM Kompakt