Programmleiter stellen Ihre Erfolgskonzepte vor und verraten wie sie das Potenzial des Mediums einschätzen.
In Deutschland gibt es derzeit über 3000 Radiosender die ausschließlich über das Internet verbreitet werden. Aber rund 90 Prozent der Einschaltquote wird von nur rund 5 Prozent der Sender erzeugt. Wie entstehen so große Unterschiede in den Hörerzahlen und was macht manche Sender so erfolgreich? Die RadioAllianz hat die meist gehörten Internetradios genauer unter die Lupe genommen, mit ihren Machern gesprochen und stellt die Konzepte vor.
Schaut man sich die Top 10 diverser Radio Aggregatoren an findet man dort immer Top100 Station. Das Berliner Projekt gehört zu den wenigen Webradios mit hauptberuflich angestellten Mitarbeitern und gehört mit 4.480.000 Bruttokontakten (Stand 2011/radio.de) definitiv zu den Leadern im deutschen Webradiomarkt. Wenige Plätze weiter im Ranking findet man das Internetradio TechnoBase.FM. Thomas Willms, Projektleiter Radio des Unternehmens verrät im Interview mit der RadioAllianz wie der Sender zu seinem Erfolg gekommen ist:
„Wenn man über sieben Jahre 24 Stunden am Tag als Radiostream erreichbar ist, dann spricht sich ein qualitativ hochwertiger Stream selbstverständlich unter den Internetanwendern herum. Für qualitativ hochwertige Arbeit auf dem Stream sowie auf der Webpräsenz sind jedoch neben dem Inhaber Stefan Ulber hunderte Teammitglieder nötig, welche ebenso mit Engagement, Leidenschaft und Spaß alles für ihr Hobby geben. Hinzu kommen Werbepartner, ohne die die hohen Kosten für ein solches Internetprojekt nicht zu stemmen wären.“
Eine Hand voll Internetsender beweist Tag für Tag, dass man mit Webradio Geld verdienen kann. Vor allem die langjährigen Webradio-Pioniere weisen heute relevante Hörerzahlen auf und werden zunehmend für den Werbemarkt interessant. Das Internetradio RauteMusik FM (früher #Musik) sendet bereits seit 2003, hat acht fest angestellte Mitarbeiter und ist mit zahlreichen Musikformaten auf dem Markt vertreten. Das Angebot wird monatlich von 15 bis 20 Millionen Menschen in Anspruch genommen.
Für die Köpfe des Senders ist das Erfolgsgeheimnis klar: „RauteMusik hat durch seine Vielzahl an Sendern ein breiteres Angebot als andere Stationen und deckt alle Zielgruppen, von jung bis alt, ab.“ Aber bekannt geworden ist das Programm hauptsächlich durch Mundpropaganda. Ein Vorteil, den vor allem die langjährig bestehenden Sender haben: „Einen neuen Sender da oben zu platzieren ist heute gar nicht mehr so einfach bis fast unmöglich ohne Geld.“.
Die Macher sind sich sicher, dass man mit einem guten und abwechslungsreichen Programm und eigene Ideen etwas erreichen kann.
Auch RMNradio, gestartet als Radio Melodie.net, sendet bereits seit mehr als zehn Jahren. Der Sender ist mit einem Programm gestartet und betreibt heute zehn unterschiedliche Kanäle. So kann auch hier jeder Hörer seine Lieblingsmusikrichtung hören. Die Einschaltquoten bestätigen die Strategie: Im September 2012 hatte RMNradio insgesamt 4.033.534 Einschaltungen. Das Unterprogramm RMN Schlagerhölle wird künftig auch über DAB Digitalradio in Hessen ausgestrahlt.
Prinzipiell ist also eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Programms, gleichbleibende hohe Qualität und Erschließung einer möglichst großen Zielgruppe ausschlaggebend für den Erfolg eines Programms. Aber auch die strategische Wahl des Sendernamens dürfte eine wichtige Rolle spielen. So hat sich RauteMusik FM zu Beginn der 2000er durch das „#“ Zeichen im Namen Toppositionen in den damals weit verbreiteten Linklisten gesichert. Top100 Station profitiert noch heute von Spitzenrankings mit dem oft genutzten Suchwort „Top 100“.
Für Thomas Willms von TechnoBase.FM ist aber auch die Erschließung von Marktlücken ein wichtiger Punkt: „Man muss Marktlücken finden und innovative Ideen haben, um unter der großen Masse der Webradios nicht unterzugehen. Dass ein erfolgreiches Programm seine Zeit braucht, bis es Anklang und Erfolge findet, sollte am Anfang nicht entmutigen, sondern eher anspornen.“
Dennoch sieht der Radiomacher aber auch den Vorteil der großen Webradio-Pioniere: „Die großen Webradios haben sich im Internet über Jahre hinweg gefestigt wie die großen TV-Sender im Fernsehen, so dass es für neue Radioprojekte sehr schwer ist, Fuß zu fassen und an gute Einschaltquoten zu kommen. Jenen großen Sendern stehen wiederum aufgrund der hohen Hörerzahlen andere Möglichkeiten zur Verfügung, um das Projekt stetig auszubauen und weiterzuentwickeln.“
Dass man mit einem nicht ganz alltäglichen Format, viel Engagement und Herzblut auch als „Nachzügler“ viel erreichen kann, zeigt das Webradio fresh80s. Das Webradio entstand erst 2006 in Hamburg und wird von Liebhabern der 80er Jahre-Musik gestaltet. Seit rund sechs Jahren ist der Sender seinem Format treu und legt auf Qualität, Beständigkeit und ein ansprechend formatiertes Programm höchsten Wert. Der Erfolg gibt den Webradio-Bastlern recht.