Von Inge Seibel
4. Oktober 2010. Egal ob ein stillgelegtes Steinkohle-Bergwerk wie die “Zeche Zollern” bei Dortmund, die Turbinenhalle der Düsseldorfer Stadtwerke oder jetzt das “Alte Kesselhaus” an der Düsseldorfer Hansaallee: Wenn die nordrhein-westfälische Landesanstalt für Medien (LfM) einmal im Jahr zur Ehrung herausragender journalistischer Leistungen im Privatradio einlädt, dann ist schon der Ort des Events außergewöhnlich und sehenswert.
Seit einigen Jahren, als Mitglied der LfM-Jury für die Auswahl der redaktionellen Beiträge, freue ich mich jedes Mal nicht nur über die hohe Qualität der eingereichten Wettbewerbsbeiträge, sondern auch auf die Begegnung mit den Lokalfunkern an diesen ungewöhnlichen Veranstaltungsorten. Im Gegensatz zum “Deutschen Radiopreis”, der dieses Jahr zum ersten Mal im September in Hamburg verliehen wurde, gilt in Nordrhein-Westfalen noch das Oskarprinzip: Alle Nominierten werden eingeladen und wissen im Idealfall bis zuletzt nicht, ob sie den mit einer Skulptur und 2500 Euro dotierten Preis gewonnen haben. So bleibt es bis zum Schluss spannend, auch wenn die Jury ungern in die dann verständlicherweise doch enttäuschten Gesichter der “2.Sieger” schaut…
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Sehr gefreut – weil sehr verdient – hat mich dieses Jahr der Sonderpreis der LfM. Für diesen Preis kann man sich nicht bewerben. Diesen Preis vergibt die LfM für Leistungen im Lokalfunk, die ihr im Laufe des Jahres als besonders lobenswert aufgefallen sind. Preisträger sind 2010 Daniel Fiene und Franziska Bluhm für ihre seit gut einem Jahr jeden Montag bei Antenne Düsseldorf ausgestrahlte “Sendung mit dem Internet”. Ein crossmediales Gemeinschaftsprodukt von Antenne Düsseldorf und rp-online, das die beiden vom Internet begeisterten Kollegen eigeninitiativ konzipiert und ins Leben gerufen haben. “Irgendwann werden wir uns alle im Internet wiederfinden. Diese Sendung ist anderen schon einen Schritt voraus. Vorbildlich! Reingucken und Reinhören”, empfiehlt Dr.Jürgen Brautmeier, für den dieser Abend sicherlich ein schöner Rahmen und Abschluss seines ersten Arbeitstages als neuer Direktor der LfM war. Das Preisgeld im Wert von 2500 Euro, so verriet mir Daniel Fiene, wollen er und Franziska Bluhm in eine bessere Webcam für die Sendung mit dem Internet investieren.
Am späteren Abend wartete übrigens noch ein weiteres Programm-Highlight auf die Gäste der Preisverleihung: die Voting-Party des “Bundesvision Song Contest” (BuViSoCo) 2010. Die NRW-Lokalradios waren in diesem Jahr Radiopartner beim BuViSoCo von Stefan Raab und ProSieben. Mit der Kultband “Unheilig” gingen sie am Abend der LfM-Preisverleihung in der Berliner Max-Schmeling-Halle ins Rennen. Die Votings aus Nordrhein-Westfalen wurden von Radio NRW-Moderator Tobias Häusler und den ausgelassenen NRW-Lokalradiomitarbeitern direkt von der LfM-Hörfunkpreisverleihung im “Alten Kesselhaus Düsseldorf” in einer Live-Schaltung zum BuViSoCo nach Berlin übermittelt. Im Video viele Bilder, die es im Fernsehen garantiert nicht zu sehen gab.
Zu den weiteren Gewinnern am Freitag gehörte das Comedyteam von Radio NRW um Jürgen Bangert. Und das meinte unsere Jury: “In der Reihe: ‘Jogi’s S-WM-S’ schreibt Bundestrainer Jogi Löw täglich eine SMS aus Südafrika an Vorgänger Jürgen Klinsmann oder an seinen ‘Käpt’n Ahab’ Michael Ballack mit den neuesten Geschichten rund um die Fußball-WM und die deutsche Nationalmannschaft. Spieler, Gegner, Funktionäre und Schiedsrichter – niemand wird verschont, wenn Jogi zum Handy greift. Die Reihe ist eine liebevolle Parodie auf Jogi Löw – das ‘Original’ wird nie der Lächerlichkeit Preis gegeben, sondern sehr sympathisch dargestellt. Dabei trifft Jürgen Bangert den Duktus des ‘echten’ Jogi genau und die Reihe überzeugt durch tagesaktuelle Bezüge, kleine, aber feine Gags und eine stimmige Dramaturgie.”
Beeindruckt hat uns auch der Beitrag von Kai Giera für Radio Vest: “E-On-Kraftwerk gegen Garagendach”. Sehr anschaulich wird hier aufgedeckt, welchen Unterschied es doch machen kann, ob hinter einem Bauprojekt Milliarden oder “nur” ein paar tausend Euro stecken. Man nehme: Auf der einen Seite ein alltägliches Bauvorhaben – ein Garagendach, das laut Bauvorschriften ganze 4 Zentimeter zu hoch geraten ist. Auf der anderen Seite ein Milliardenprojekt – das Kohlekraftwerk Datteln, das laut richterlichem Beschluss Gesetzesauflagen illegal um hunderte von Metern überschritten hat. Dem “kleinen” Mann verordnet die Baubehörde unerbittlich den Abriss des Garagenbaus, für das Kohlekraftwerk werden nachträglich kurzerhand hinderliche Gesetze passend gemacht. Sehr anschaulich umgesetzter Lokaljournalismus im Radio!
Empfehlenswert und noch dazu sehr unterhaltsam sind auch die “Kölner Taxigeschichten” von Felix Wende von Radio Köln.
Alle Siegerbeiträge stehen übrigens seit Freitag auf den Internetseiten der LfM und können dort in voller Länge angehört werden.
Mehr über “Die Sendung mit dem Internet” auf hoerfunker.de
Daniel Fiene ist auch einer unserer Referenten auf den “Tutzinger Radiotagen” des Projektteams Hörfunk der Bundeszentrale für politische Bildung, die vom 17. bis 19. Oktober am Starnberger See stattfinden. Leider ist die Veranstaltung schon ausgebucht.
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Inge Seibel