Die Radiodays Europe wurden gestern durch Radiodays Europe-Gründer und General Manager Anders Held sowie Peter Neigel, General Manager, eröffnet. Die größte Radiokonferenz ihrer Art in Europa findet in diesem Jahr in Lausanne, Schweiz, statt. Anders Held meinte zur Eröffnung: „Radiodays Europe ist seit 10 Jahren der Treffpunkt für Radiomacher. Wir haben in diesen Jahren viele Veränderungen erlebt, aber Radio ist stark, Radio bleibt wichtig, Radio bleibt populär und das Radio wird geliebt. Ich möchte das Gefühl haben, dass Radiodays Europe Anregungen zu Innovation und Zusammenarbeit gibt, damit das Radio stark bleibt. Alle Hauptredner werden darauf eingehen, aber – Sound Matters!“
Paul Keenan, CEO Bauer Media UK und European Radio, hielt die Grundsatzrede und kommentierte: „Wir müssen uns selbst herausfordern, anders denken und unsere Arbeitsweise erneuern. Das Radio ist Meister der Neuerfindung, das ultimative adaptive Medium – und das kommerzielle Radio hat sich als agil und opportunistisch bei der Einführung neuer Angebote erwiesen“. Er fügte hinzu: „Wir wünschen uns eine stärkere Zusammenarbeit mit unseren Kollegen im öffentlichen Rundfunk, die von einem neuen Geist der Zusammenarbeit und des Respekts getragen wird und nicht von doppelter Arbeit und unnötigem Wettbewerb“.
Jessikka Aro, Investigative Journalistin, YLE, Finnland, folgte mit Erkenntnissen zu den Social Media-Aktivitäten im Auftrag des Kreml. Sie hatte einen Weg gesucht, herausfinden, „welchen Einfluss die russische Desinformations-Kriegsführung auf die Einstellung, Ideen und sogar auf das Verhalten der Normalbürger hat“. Nachdem sie erste Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlicht hatte, wurde Jessika selbst zum Ziel und wurde als „berühmte Assistentin der NATO, … die kriminelle Aktivitäten ausübt“ bezeichnet. Es folgte eine langwierige Hass-Kampagne gegen Jessikka mit Falschmeldungen und genau dem, was sie zu bekämpfen versucht hatte. Sie setzte dennoch ihre Untersuchungen fort und fand eine russische „Trollfabrik“, in der Falschmeldungen entstehen. Ihr Kommentar: „Digitale Desinformation ist nicht nur eine abstrakte Bedrohung der Meinungsfreiheit oder dem Recht der Menschen auf sachliche Informationen, sondern auch eine Bedrohung der Sicherheit nicht nur einzelner Journalisten, sondern auch für Staatsangehörige von Ländern außerhalb Russlands, weil sie dazu benutzt wird, Menschen zu hasserfüllten Handlungen zu bewegen“.
Noel Curran, irischer Generaldirektor der EBU, sprach über das Vertrauensverhältnis zwischen Medien und ihrem Publikum. Das Vertrauen in die Medien schwindet, aber das Vertrauen in Radio-Angebote ist viel stärker als in Nachrichten, Fernsehen und das Web. „85% der Europäer vertrauen dem Radio“. Was können wir also tun, um dieses Vertrauen in den Rundfunk zu erhalten? Noel glaubt, dass Investitionen in Journalismus und Ausbildung ein Muss sind.
Darüber hinaus arbeitet die EBU hart daran, auf jenen Plattformen vertreten zu sein, die ihr Publikum will. Dazu gehören Verbesserungen an Hybrid-Autoradios und die Förderung beschleunigter Einführung von DAB im Auto. „71% der Autofahrer in Großbritannien hören Radio, während sie unterwegs sind“, merkte Noel an, verwies also auf einen wesentlichen Teil des Radiopublikums. Er stellte auch fest, dass bis Ende 2020 alle Autos per Gesetz über Digitalradio verfügen müssen – damit bleibt das Radio auch im Auto der Zukunft.
Die thematischen Schwerpunkte konzentrierten sich auf das vergangene Jahr, als wegen „No Billag“ in der Schweiz Aufregung und geteilte Meinung herrschte. Die Aktion hätte ein totales Verbot aller Mittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Schweiz bedeutet. Zwar hat der öffentliche Rundfunk das Referendum und die Schlacht gewonnen, aber dieser Sieg führt zu großen Umbrüchen. Gilles Marchand, Generaldirektor der SRG/SSR sagte: „Natürlich sind junge Menschen weniger loyal gegenüber Programmen des öffentlichen Rundfunks. Aber sie verteidigen die gleichen Werte, die auch wir verkörpern. Sie unterstützen das, was wir repräsentieren, genauso wie das, was wir sind.“
Das Argument der Werte ist daher für sie entscheidend. Er sagte auch, dass es „einen starken Bedarf an qualitativ hochwertigem Journalismus gibt, der zuverlässig, seriös und vertrauenswürdig ist. Auch Reinvestitionen in die Kultur und die damit verbundene Vielfalt sind nötig … Es gibt immer noch einen großen Bedarf an Orientierung und starken Wurzeln, die wir durch unsere langjährige und solide Beziehung zur Öffentlichkeit bieten können. Je globaler die Welt wird, je mehr Angst und Unsicherheit sie auslöst, desto wichtiger ist unsere tägliche Präsenz.“
„Brexitcast“ ist zu einem unverzichtbaren Mittel für diejenigen geworden, die jede Wendung und die Brexit-Komplikationen verstehen wollen. Dieser von BBC Radio 5 Live produzierte und sehr beliebte Podcast bringt politsche Europa-RedakteurInnen, ReporterInnen aus Brüssel und politische KorrespondentInnen der BBC zum Meinungsaustausch über neueste Entwicklungen zusammen.
Dino Sofos, Podcast-Nachrichtenredakteur, sagte: „Wir sprechen viel darüber, in den Nachrichtenmedien „zuerst digital“ zu sein, und Brexitcast ist wohl das beste Beispiel der BBC dafür. Wir haben begonnen, lineare Sendungen auf BBC Radio 5 Live anzubieten, die lange Teile des Podcasts laufen lassen, anstatt ein Live-Kollegengespräch mit einem Korrespondenten zu produzieren. Auf diese Weise erhalten die Hörer fünf Minuten mit BBC-Redakteuren, die eine Geschichte in einem Art diskutieren, die sie in der formaleren Umgebung eines Live-Radiosenders nie erreichen würden.
Wir haben auch mit der Visualisierung des Podcast begonnen und übertragen das Ganze auf dem BBC-Nachrichtenkanal. Letztendlich bringt das mehr Menschen zum Podcast und verändert die Gewohnheiten des Publikums rund um Nachrichteninhalte. Der Beweis liegt auf der Hand – wir hatten 4 Millionen Downloads von über 100 Episoden eines Brexit-Podcasts!
Nach dem Erfolg von Brexitcast haben wir bereits begonnen, darüber nachzudenken, was als nächstes kommt: Wir entwickeln einen neuen reaktiven Podcast für die US-Präsidentschaftswahl 2020″.
Gastgeber dieser Sitzung waren Paul Robinson (UK) und Florence Fischer (Schweiz), die für die beiden Tage der Radiodays Europe vom 1. bis 2. April 2019 anwesend sind.