Werbemittel von Radiostationen – wann nützen sie etwas?

James Cridland's Radio FutureLetzte Woche war eine nette Kleinigkeit in meiner Post: Ein sehr kleines Stück Plastik mit einem kleinen Logo darauf. Auf der mitgelieferten Pappe, auf dem es aufgeklebt war, stand, dass es sich um eine Webcam-Abdeckung handele. Wie von Geisterhand kam es genau in der Woche an, nachdem Facebook in Sachen Privatsphäre in Verruf geraten war. (Nebenbei bemerkt: Mark Zuckerberg mag eine seltsame Einstellung zur Privatsphäre haben, aber selbst er deckt seine  Webcam ab. Das sollte man auch. Und das sollte auch ich…)

Wie auch immer – das Logo auf dieser Webcam-Abdeckung war das NPR-Logo, also vom amerikanischen öffentlichen Radionetzwerk. Und das brachte mich zum Nachdenken über die Werbemittel, die man von Radiostationen erbeuten kann.

In den meisten Fällen leben und sterben Radiosender durch Einschaltquoten. Bewertungen geschehen hauptsächlich auf zwei Arten: a) elektronische Messung, bei der ein kleines elektronisches Gerät mit Mikrofon herausfindet, welche Radiostation Sie hören; oder b) Tagebuch- oder Telefonmessung, bei der Sie sich merken müssen, was Sie gehört haben und was Sie jemandem darüber erzählt haben.

Messungen, die auf Nachfragen basieren – wie Tagebücher oder Telefonumfragen – messen nur, woran sich jemand an das Gehörte erinnert, nicht das, was er tatsächlich gehört hat. Dies ist ein kleiner aber wichtiger Unterschied, denn es bedeutet, dass es in einem darauf basierendem Marktumfeld Ihre Aufgabe ist, die eigene Markenbekanntheit zu steigern. Je besser die Bekanntheit der lokalen Marke, desto höher sind die scheinbaren Hörerzahlen. Und das unabhängig von der Qualität des Programms – was zwar ärgerlich ist, aber wahr. Also – auf geht’s!

NPR Webcam-Abdeckung (Foto: James Cridland)
NPR Webcam-Abdeckung (Foto: James Cridland)

Eine Möglichkeit für das Erreichen einer guten Markenbekanntheit besteht darin, für eine passende Version des Logos zu sorgen. Sie sollte kommunizieren, was Sie genau tun. „Eddie“ mag zwar süß klingen, aber „Eddie Radio“ könnte im Logo besser funktionieren. Ein Slogan darunter (etwa „Unsere Songs bringen Sie großartig durch den Tag“) vermittelt zumindest Näheres über Sie. Diese Version Ihres Logos auf Werbemittel zu setzen, macht also Sinn: Es verstärkt, wofür Sie stehen. Oh – und anzugeben – wo und wie man am besten einschaltet, wäre vermutlich auch noch eine gute Idee.

Aber das eigentliche Geheimnis ist, herauszufinden, wo sinnvollerweise das Logo angebracht werden sollte, damit man es mehrmals am Tag zu sehen bekommt. Viele Untersuchungen zeigen, dass man eine Marke während eines „Kaufzyklus“ vier- bis fünfmal kommunizieren muss, damit sie sich durchsetzt. Für eine Matratze ist das relativ einfach – wir kaufen alle sieben Jahre eine. Für eine Radiostation ist das schon schwieriger – wir hören sie jeden Tag. Ein T-Shirt ist also nicht die beste Wahl: Man sieht das Logo nur, wenn man das Shirt anzieht – und man zieht es nicht jeden Tag an. Eine Mütze mit Logo ist genauso schlecht. Knappe Unterhosen mit Ihrem Stationslogo? Ich habe tatsächlich mal bei einer Radiostation gearbeitet, deren süßes Radio-Maskottchen auf Unterwäsche abgedruckt war. Ich bezweifle, dass sie damit erfolgreich waren.

Gegenstände, von denen ich eher beeindruckt war, sind

  1. Trikot-Sponsoring der lokalen Sportmannschaft (behaupten Sie ruhig das Gegenteil!) ist eine Erfolg versprechende Sache: Es hebt den Lokalbezug hervor und bringt Sie jede Woche umsonst in die lokale Zeitung.
  2. Eine wiederverwendbare Kaffeetasse mit dem Stationslogo. Gut für die Umwelt und dafür, das Logo mehrmals am Tag sehen zu können – besonders beim Frühstück.
  3. Jawohl, diese Webcam-Abdeckung. Jeden Tag dürfte man sie stundenlang vor Augen haben.
  4. Lufterfrischer für’s Auto. Ich weiß, das wirkt vielleicht ein bisschen billig – aber wo sonst könnte man am besten die Leute daran erinnern, dass es Sie gibt, als mindestens zweimal am Tag an einem Ort mit Radio?
  5. Kugelschreiber funktionieren auch, obwohl ich so viele davon habe, dass ich nicht weiß, was ich mit denen machen soll. Suchen Sie wenigstens anständige aus, denn niemand mag diese billigen Einweg-Kulis.

Auch eine Partnerschaft mit lokalen Verkehrssicherheitsorganisationen könnte gut funktionieren. Wenn ich Ihr Logo jeden Tag auf meinem Weg auf Straßenschildern sehe, ist das eine gute Sache; wenn Sie mit dieser Art von Botschaft in Verbindung gebracht werden, ist das doch toll! (Könnten Sie dann aber die Kreuzung weitab örtlicher Schulen sponsern?)

In meiner Tasche befinden sich übrigens gerade jetzt ein USB-Ladegerät mit dem Logo einer Radiostation und ein Stift mit einem anderen Logo. Ach, würde ich doch nur in ihrem Sendegebiet leben…


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land. Kontakt: james@crid.land oder @jamescridland.