Es gehört ja mittlerweile bei vielen deutschsprachigen Programmverantwortlichen zum guten Ton, sich darüber zu beklagen, dass es kaum noch gute DJs und Moderatoren gibt. Und wenn, fehlt ihnen die Personality, das Durchsetzungsvermögen, der Wille, wirtschaftlich zu denken, oder anders. Und schaut man sich die deutsche Radiolandschaft an, so sind die „Stars“ der Moderation seit Jahren die gleichen, und sind – bei allem Respekt für ihre Erreichtes – auch nicht mehr in dem Alter, in dem man die Aufrufe zur ärztlichen Vorsorgeuntersuchung noch geflissentlich ignorieren konnte.
Dennoch scheint dieses Phänomen vorrangig in Deutschland vorzuherrschen; in England, Frankreich, Italien und natürlich in den USA, aber auch in Ungarn, Österreich und Griechenland scheinen junge Menschen beim Berufsberater häufiger „Radiostar“ als Berufswunsch anzugeben als in Deutschland.
Bevor jetzt die ersten Berufsverbände die Kampagne „DubistRadioPersonality.de“ ins Leben ruft, soll noch eines zur Ehrenrettung deutscher DJs festgehalten werden: In kaum einem anderen Land ist Radio noch immer so stark regional organisiert wie in Deutschland.
Das mag nach wie vor bestimmte Vorteile haben, führt aber zumindest dazu, dass Radiostars in Deutschland per se immer nur regionale Stars sein können. Der „Howard Stern“ aus Düsseldorf ist in München ein unbeschriebenes Blatt, der „Scott Shannon“ aus Reutlingen, könnte in Darmstadt schon wieder unerkannt bei Aldi einkaufen.
Dass es da andere Länder mit dem Nachwuchs etwas leichter haben mit all ihren nationalen Ketten und den großen Radiobrands, ist evident – und dennoch ist es schön zu beobachten und lehrreich dazu, wie in anderen Ländern junge Menschen zu Radiostars werden.
Das beste Beispiel der letzten Zeit ist sicher Chris Moyles. Moyles ist 32 Jahre alt und der aktuelle Star des Jungendsenders Radio 1 der BBC.
Nun könnte man einwenden, dass unter den Voraussetzungen 1) man hat die BBC im Rücken 2) man sendet national und 3) man sendet für das wahrscheinlich coolste Land Europas nahezu jeder den Sprung zum Stars schaffen würde. Was aber, wenn man die Verhältnisse im schwierigen englischen Markt kennt, allzu naiv wäre und auch durch die Akteure selbst widerlegt wird.
Wenn man Chris Moyles zuhört oder seine gerade eben erschienen Biographie „The Gospel According to Chris Moyles“ liest, jagt ein Deja Vu das andere: Er hat Patientenradio gemacht, um in den Job zu kommen, er hat Einkaufsradio gemacht, er hat sich in zahllosen Lokalradios ausnutzen lassen, er hat um Jobs verhandelt, von denen er kaum leben konnte – er ist sogar nach Luxemburg gezogen, um seinen Traum vom Radio zu verwirklichen.
Mittlerweile ist er einer der bestbezahlten DJs des Landes (Zeitungen sprechen von rund 630.000 Pfund Jahregage), er gewann in den letzten zwei Jahren rund eine Million zusätzlicher Hörer, er bloggt, er podcastet und er singt im Fernsehen.
Und er könnte ein Role Model sein für Nachwuchs-DJs in anderen Ländern, selbst in Deutschland.
Chris Moyles…
…bei Radio 1
…bei Wikipedia
…bei Amazon (Bezahlter Link)
…bei seinem TV-Gastauftritt bei „X-Factor“
Christian Schalt
(Programmdirektor KISS FM Berlin)