ANTENNE BAYERN „Geheimakte 1972”: 50 Jahre nach dem Olympia-Attentat

Am 5. September 1972 überfielen palästinensische Terroristen die israelische Olympiamannschaft in München und verwandelten die „heiteren Spiele“ so in ein Blutbad. ANTENNE BAYERN-Investigativ-Reporter Christoph Lemmer macht sich in der neuen „Geheimakte 1972“, die erstmalig auch in englischer Sprache veröffentlicht wird, auf die Suche nach Antworten. Die erste Podcast-Episode steht ab heute online auf antenne.de und auf allen bekannten Plattformen zur Verfügung.

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Ein halbes Jahrhundert später sind noch viele Fragen zu den Ereignissen des Olympia-Attentats in München offen. Vor allem die Hinterbliebenen suchen weiterhin vergeblich nach Antworten. Erst kürzlich haben die Familien der Terroropfer das Entschädigungsangebot Deutschlands abgewiesen und daraufhin jegliche Reisen nach Deutschland abgesagt. Das Angebot sei, wie es ihre Sprecherin Ankie Spitzer gegenüber ANTENNE BAYERN sagt, „beleidigend“.

„In unserer preisgekrönten True-Crime-Reihe ‚Geheimakte‘ bringen wir neue Informationen ans Licht, die zum Teil bis heute unter Verschluss sind und die bisher niemand kannte. Mit der ‚Geheimakte 1972‘ rund um das Olympia-Attentat in München erzählen wir mehr, als der Öffentlichkeit und selbst den Hinterbliebenen bislang bekannt war. Die Podcast-Reihe wird mehr als zehn Episoden haben, die in Deutsch und erstmals auch in Englisch erscheinen – am 5. und 6. September mit Sonderfolgen in ‚Echtzeit +50 Jahre‘: In einem Minuten-Protokoll arbeiten wir so detailliert wie noch nie die schrecklichen Terror-Tage auf, die 50 Jahre zurückliegen, aber noch heute aktuell sind”, so Jörg Muthsam, Leiter Streams & Podcasts.

Jörg Muthsam (Bild: ©ANTENNE BAYERN)
Jörg Muthsam (Bild: ©ANTENNE BAYERN)

ANTENNE BAYERN Investigativ-Reporter Christoph Lemmer hat sich für die „Geheimakte 1972“ durch tausende Aktenseiten gearbeitet, die teilweise noch immer unter Verschluss gehalten werden. Der mehrfach ausgezeichnete Journalist sprach außerdem vor Ort in Israel mit den Familien der ermordeten Sportler und blieb über Monate mit ihnen zu den aktuellen Entwicklungen in Kontakt.

Christoph-Lemmer (Bild: ©ANTENNE BAYERN)
Christoph-Lemmer (Bild: ©ANTENNE BAYERN)

Dabei deckt er die Schicksale hinter dem Attentat sowie die detaillierte Planung und alle Hintergründe des Überfalls auf und offenbart, warum die Behörden von Anfang an überfordert schienen und noch heute die Freilassung der überlebenden Terroristen nicht endgültig aufgeklärt werden konnte.

„Wir erzählen die Geschichte dieses Anschlags aus Perspektiven, die es so noch nicht gab. Im Mittelpunkt stehen die Ehefrau und eine Schwester der ermordeten Sportler. Den Tag des Überfalls und der Morde stellen wir aus Sicht zweier Frauen dar, die unbegreiflicherweise in all den vergangenen 50 Jahren übersehen wurden und höchst herablassend immer nur als ‚Olympia-Hostessen‘ verniedlicht werden. Regelrecht schockiert war ich, als mir klar wurde, wie eiskalt die deutsche Bürokratie über Jahrzehnte mit den Familien der Ermordeten umspringt – bis heute – und dass es die Bürokratie des Landes ist, dessen Nazi-Geschichte zum Zeitpunkt des Anschlags in München gerade mal 27 Jahre zurücklag. Auch das ist Teil der Erzählung unseres Podcasts, ebenso, wie es kommt, dass diese Tat nie vor einem Gericht angeklagt wurde und die überlebenden Täter unbehelligt davonkamen und –kommen“, so Christoph Lemmer.

Die erste Episode der True-Crime-Reihe „Geheimakte 1972“ von ANTENNE BAYERN steht ab sofort auf antenne.de sowie allen bekannten Podcast-Plattformen zur Verfügung. Weitere Folgen erscheinen jeden Montag:

  • „Anouk” (VÖ: 1. August)
  • „Issa und Tony” (VÖ: 8. August)
  • „Abou Daoud” (VÖ: 15. August)
  • „Mark” (VÖ: 22. August)
  • „München, Hauptbahnhof” (VÖ: 29. August)
  • „Das Minutenprotokoll” in mehreren Episoden (VÖ: 5. und 6. September)

Christoph Lemmer nahm bereits 2019 für „Geheimakte Peggy“ als bester Podcast den Deutschen Radiopreis entgegen. Zur Geheimakte-Reihe von ANTENNE BAYERN gehören außerdem „Geheimakte Bad Aibling“, „Geheimakte Polizistenmord“, „Geheimakte Oktoberfest-Attentat” und die „Geheimakte Waldgrab”.

Der neue Podcast aus der ANTENNE BAYERN SOUNDGARAGE ergänzt das Audio-Angebot außerdem mit zahlreichen weiteren Angeboten wie dem Achtsamkeits-Podcast „Get Happy!” und weiteren Sendungspodcasts, etwa das „ANTENNE BAYERN Sonntagsfrühstück” mit Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein und ihren prominenten Gästen.


Update vom 5. August 20222

ANTENNE BAYERN exklusiv: Völkerrechtler wirft Deutschland falsche Bewertung des Terroranschlags in München vor 50 Jahren vor – Spaenle spricht von „Schande“

Der niederländische Völkerrechtler Alexander Knoop hat der Bundesregierung vorgeworfen, den Anschlag palästinensischer Terroristen vor 50 Jahren rechtlich falsch zu bewerten. Es handle sich um einen internationalen Terroranschlag, sagte Knoop gegenüber ANTENNE BAYERN. Deutschland meint dagegen, es handle sich nur um ein Verbrechen von nationaler Dimension.

Knoop sagte, er habe im Auftrag der Familien der 1972 in München ermordeten Sportler eine Expertise an die Bundesregierung übersandt, die „allein auf internationalen Rechtsquellen“, etwa „internationaler Rechtsprechung, Literatur und UN-Resolutionen“, beruhe. „Das bedeutet, dass Deutschland sich nicht auf nationale Entschädigungsstandards berufen kann.“

Knoop begründete seine Beurteilung mit „fünf Faktoren“, die den Anschlag als internationales Ereignis einstuften. Die Täter seien Palästinenser, der „Ermöglicher“ sei der Staat Libyen gewesen und die Opfer Israelis. Vierter Faktor sei, dass als Ort des Anschlags das wichtigste internationale Sportereignis überhaupt gewählt worden sei, nämlich die Olympischen Spiele. Der fünfte Faktor schließlich sei, dass die palästinensischen Terroristen neben der Freilassung eigener Landsleute aus Inhaftierung, auch die Entlassung der deutschen Terroristin Ulrike Meinhof aus deutscher Haft gefordert hätten. Knoop warf der heutigen und der früheren Bundesregierung vor, diesen Aspekt jahrzehntelang zurückgehalten zu haben.

Die bisher von Deutschland an die Familien geleisteten Zahlungen nannte Knoop „Gesten“, die weit unter den international üblichen Entschädigungen lägen. So hätten die Familien der Passagiere des über den schottischen Lockerbie explodierten Pan-Am-Flugzeugs zehn Millionen US-Dollar pro Passagier erhalten. Die Opfer des Anschlags auf die Diskothek „La Belle” hätten je 3,5 Millionen Dollar erhalten. In beiden Fällen sei ebenfalls Libyen der „Ermöglicher“ gewesen. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es dazu gegenüber ANTENNE BAYERN, „die Ausdrücke ‚lokales Ereignis‘ oder ‚internationaler Anschlag‘ sind keine rechtlichen Kategorien, die bestimmte Rechtsfolgen auslösen würden.”

Bayerns Antisemitismus-Beauftragter Ludwig Spaenle sprach dagegen von einer „Schande, dass die Familien 50 Jahre nach dem Attentat wie Bittsteller um eine angemessene Entschädigung ringen müssen.“ Der Staat stehe in der Pflicht, „eine adäquate Lösung zu finden“, so Spaenle im Interview mit ANTENNE BAYERN.

Dabei spiele auch das Versagen der Behörden bei dem Anschlag eine Rolle. „Das war ein Totalversagen des Staates“, sagt Spaenle. „Die hat man anschließend sofort beschwiegen. Und das kollektive Beschweigen haben wir in Deutschland ja Übung.“ Es sei unverständlich, dass auch eine neue Generation „mit dem Problem nicht fertig geworden ist“. Spaenle weiter: „Es geht darum, dass sich die Bundesrepublik Deutschland wieder selbst ins Gesicht sehen kann.“

Die vorstehenden Aussagen und Zitate veröffentlicht ANTENNE BAYERN in einer aktuellen Spezial-Episode des Podcasts „Geheimakte 1972“, zu finden auf www.antenne.de. Autor Christoph Lemmer hat dafür Tausende Seiten aus archivierten Akten ausgewertet und in Israel mit Familienangehörigen der ermordeten Sportler gesprochen.


Quelle: ANTENNE BAYERN

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