SWR1: „Wir müssen nicht hip sein, sondern alltagstauglich“

SWR1 Eingang Sendezentrum (Bild: ©SWR)
SWR1 Eingang Sendezentrum (Bild: ©SWR)

SWR1 ist eine gemeinsame Marke für die beiden ersten Landesprogramme des Südwestrundfunks, SWR1 Rheinland-Pfalz und SWR1 Baden-Württemberg. Die Wellen gingen am 30. August 1998 im Zuge der Fusion des  Südwestfunks  (SWF) mit dem  Süddeutschen Rundfunk  (SDR) aus den Programmen SWF1  und  SDR 1 hervor. Inzwischen behaupten beide Angebote mit stabilen Reichweiten den Platz in ihren Senderäumen. Und dies trotz eines dichten privaten Konkurrenzumfeldes – wie beispielsweise in Baden-Württemberg. Aber auch die hauseigenen Wellen animieren den einen oder anderen Hörer im Ländle mit attraktivem Infotainment (SWR3) oder intensiver regionaler Berichterstattung (SWR4) zum Umschalten.

Musicmaster KW21

Die Radioskala im Südweststaat ist eben deutlich vielfältiger aufgestellt als in anderen deutschen Regionen. Zudem galt bereits vor der Fusion die Gestaltung eines mehrheitsfähigen Formates für das (landsmannschaftlich nicht unkomplizierte) Sendegebiet der Badener und Württemberger als besondere Herausforderung. Oberste Priorität ist daher – neben einer attraktiven Musikmischung – „die Menschen in Baden-Württemberg zusammenzubringen, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, das die Menschen verbindet“, wie SWR1 Baden-Württemberg-Programmchef Peter Heilbrunner betont.  


Im Gespräch mit RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich erläutert Peter Heilbrunner unter anderem das Musikkonzept des Senders und die redaktionellen Schwerpunkte seiner Programmgestaltung.  

RADIOSZENE: Herr Heilbrunner, wie zufrieden sind Sie mit der derzeitigen Entwicklung Ihrer Hörerreichweiten?

Peter Heilbrunner (Bild: ©SWR)
Peter Heilbrunner (Bild: ©SWR)

Peter Heilbrunner: Wir haben uns in einem schwierigen Umfeld behauptet. Das klingt jetzt nicht sexy, aber wenn man sieht, dass die Radionutzung in Baden-Württemberg signifikant zurückgegangen ist und darunter vor allem die Mainstream-Programme zu leiden haben, dann sind wir mit der Entwicklung zufrieden. Morgens hören uns bis zu einer halben Million Menschen. Nach über 30 Jahren hat unser Radio-Talk “SWR1 Leute” nichts von seiner Strahlkraft eingebüßt, mittlerweile auch im Netz, als Audio- und Videopodcast. Die Zahlen für den SWR1-Livestream entwickeln sich ebenfalls stetig nach oben. Will heißen: Zu Euphorie besteht kein Anlass, aber der Weg ist der richtige. Auch, weil wir mit 52,5 Jahren im Durchschnitt jünger geworden sind.

RADIOSZENE: Konnte man bereits analysieren in welche Richtung die Verluste geflossen sind?

Peter Heilbrunner: Dafür ist es im Moment noch zu früh. Wir spüren aber nicht erst seit dieser MA den Trend, dass wir vor allem bei den sogenannten Silver Agern Rückgänge zu verzeichnen haben. 

 

„Wir spüren aber nicht erst seit dieser MA den Trend, dass wir vor allem bei den sogenannten Silver Agern Rückgänge zu verzeichnen haben“

 

RADIOSZENE: Zu Ihren härtesten Mitbewerbern dürften neben dem einen oder anderen Regionalsender wie Radio Regenbogen auch die vielen Lokalradios im Land wie Radio Ton, Radio Seefunk, baden.fm oder Die Neue 107.7 zählen, die mit vergleichbaren Musikprofilen und subregionaler Berichterstattung im Markt aktiv sind. Was setzen Sie diesen Angeboten entgegen?

Peter Heilbrunner: SWR1 versteht sich als Programm für ganz Baden-Württemberg. Wir sind kein Lokalradio, aber wir sind dennoch nah dran. Wir kennen uns aus in Baden-Württemberg, sind vor Ort und da kann man uns auch antreffen. Mit unseren Reportern und Moderatoren, mit unseren Events und Konzerten sind wir in den Regionen unterwegs. Wir bringen die Menschen in Baden-Württemberg zusammen: Wir schaffen ein Gemeinschaftsgefühl, das die Menschen verbindet. Die Themen des einen Landesteils können morgen die des anderen sein – diese Verbindung zu schaffen, ist unsere tägliche Herausforderung. Da hilft es uns natürlich, dass der SWR im ganzen Sendegebiet präsent ist: Wir sind mit 8 Regionalstudios und 14 weiteren Standorten vor Ort und sind als Teil der ARD auch Teil eines der weltweit größten Korrespondentennetzwerke im In- und Ausland. Nur SWR1 bringt beides zusammen: Weltläufigkeit, Landesidentität und die größten Hits aller Zeiten. Diese Mischung gibt’s allein bei SWR1 Baden-Württemberg. 

SWR1, SWR4, Studio A, Zur Sache, Serverraum, SWR Heimat, Redaktion, Kamera (Bild: SWR)
SWR1, SWR4, Studio A, Zur Sache, Serverraum, SWR Heimat, Redaktion, Kamera (Bild: SWR)

RADIOSZENE: Als Kernpublikum wenden Sie sich an die 40- bis 55-jährigen Hörer. Ein Hörerspektrum, das – sollte man meinen – noch über eine hohe Bindung zum Radio verfügt und damit möglicherweise weniger anfällig für Alternativmedien wie Streamingdienste ist. Stimmt diese These?

Peter Heilbrunner: Auf den ersten Blick ja. Unsere Hörerinnen und Hörer nutzen Video- und Audio-Streaming im Vergleich zu den jüngeren Zielgruppen tatsächlich unterdurchschnittlich. Aber die sich verändernden Medien-Nutzungsgewohnheiten machen auch vor unserer Zielgruppe nicht halt. Die SWR1-Hörerinnnen und Hörer stellen sich ebenfalls täglich aufs Neue ihren persönlichen Medienmix zusammen. Und genau darauf versuchen wir die richtigen Antworten zu finden: Einerseits versuchen wir, die einzelnen Sendestrecken klarer zu profilieren und so den Hörerinnen und Hörern noch deutlicher zu zeigen: Auf SWR1 kannst Du Dich verlassen. Anderseits spielen wir unsere Inhalte da aus, wo unsere Hörer und Hörerinnen auch sind: auf Streaming-Plattformen wie Spotify, in iTunes oder in der ARD Audiothek. „SWR1 Leute“ ist einer der meistgenutzten Audio-Podcasts in der ARD, mit dem „SWR1 Thema Heute“ liefern wir Hintergründe zu tagesaktuellen sowie gesprächswertigen Themen. Und ganz neu: Mit „Barbara Scherrers Musikkosmos“ bieten wir seit März jeden Sonntag einen sehr persönlich gefärbten, musikjournalistischen Podcast samt Playlist unter anderem auf Spotify an. Powerfrauen in der Popmusik sind ebenso dabei im Themenmix wie der Blick auf prägende Einzelkünstler oder schlicht Songs zum Frühling.

SWR 1 Baden-Württemberg Heilbrunner Interview Blick ins Publikum (Bild: ©SWR)
SWR 1 Baden-Württemberg Heilbrunner Interview Blick ins Publikum (Bild: ©SWR)

RADIOSZENE: Welches sind die entscheidenden Motive Ihrer Hörer SWR1 Baden-Württemberg einzuschalten?

Peter Heilbrunner: Es ist vor allem die Musikfarbe. Die größten Hits aus 70 Jahren Popgeschichte gibt’s verlässlich nur bei SWR1. Wir sind kein Oldieprogramm, wir sind keine Popwelle, wir sind kein Rocksender – wir sind SWR1. Wir spielen die Hits, die es verdient haben, in die Hall of Fame der Pop- und Rockmusik Eingang zu finden. Zudem schätzen unsere Hörer und Hörerinnen unser Informationsprofil. Die Nachrichten aus Land, Bund und Welt zur vollen und halben Stunde bilden das Gerüst, in den Magazinstrecken vertiefen wir die Aktualität und ordnen sie ein. Gut aufbereitete Info gehört ebenso zur DNA von SWR1 wie die größten Hits aller Zeiten. 

Und natürlich sind wir der Fußballsender für Baden-Württemberg mit der Kultsendung “SWR1 Stadion”, die wir mit Beginn der Bundesliga-Rückrunde um eine Stunde verlängert haben, um allen Erstliga-Vereinen im Südwesten gerecht werden zu können.

 

„Was in SWR1 läuft, ist ein Hit und wird ein Hit bleiben, egal was an neuer Musik hinzukommt“

 

RADIOSZENE: Wichtigste Bausteine der SWR1 Musik sind die Hits der 1980er- Jahre, der Bekanntheitsgrad der gespielten Songs ist sehr hoch. Die Pophits dominieren, eine gute Durchmischung mit einem Schuss an (Classic) Rock ist deutlich hörbar. Haben wir das in Kürze so richtig erkannt? Wie beschreiben Sie Ihr Musikkonzept?

Peter Heilbrunner: Wir spielen die größten Hits aller Zeiten, das ist unser Versprechen. Als wir mit SWR1 im Jahr 1998 an den Start gegangen sind, haben die 60er und 70er Jahre den Sound geprägt. Heute sind es die 80er-Jahre, schließlich wollen und müssen wir uns weiterentwickeln, um nicht eine Oldie-Welle zu werden. Wir spielen „erwachsene“ Populärmusik, das ist unser Anspruch. Das heißt: Wir machen keine Hits und entdecken auch keine Newcomer. Was in SWR1 läuft, ist ein Hit und wird ein Hit bleiben, egal was an neuer Musik hinzukommt.

RADIOSZENE: Der Anteil deutschsprachiger Musik ist eher bescheiden. Mögen die Hörer keine deutschen Stücke oder gibt es in diesem Segment einfach nicht genügend Repertoire?

Peter Heilbrunner: Letzteres. Im für uns prägenden Jahrzehnt hat deutschsprachige Musik zwar eine Rolle gespielt, aber nicht die wichtigste. Lindenberg, Grönemeyer, Nena, PUR, und dann wird es schon sehr dünn. In den 70ern sieht es nochmal dürftiger aus. Das liegt einfach daran, dass es bei SWR1 darum geht, ob der Sound und die Anmutung passt – die Sprache ist da kein Kriterium. Entsprechend spielen wir aktuelle oder neuere deutschsprachige Künstler immer dann, wenn der Sound passt und die Songs bewiesen haben, dass sie Hits sind. 

RADIOSZENE: Betrachtet man dagegen die Liste der jährlichen “SWR1 Hitparade“, findet man hier überproportional viele deutsche Titel. Nun erwartet keiner, dass „Pferdle und Äffle“ oder das „Badner Lied“ regelmäßig im Tagesprogramm gespielt werden, ist dieses Votum aber nicht auch ein Signal für mehr deutsche Musik?

Peter Heilbrunner: Aus der Platzierung in der “SWR1 Hitparade” irgendetwas für unser Musikprofil abzuleiten, halte ich für schwierig. Die “SWR1 Hitparade” ist das verrückteste Musik-Event des Jahres, und genau so sehen es die Hörer und Hörerinnen auch. Es ist der 5-Tage-Musik-Wahnsinn mit Hardrock, Schlager, Liedermachern und eben auch dem „Hafer- und Bananenblues“. Es ist der gewollte Formatbruch in einem Programm, das ansonsten wohlüberlegt durchkomponiert ist. Das heißt nicht, dass wir keine Überraschungen und Perlen zu bieten hätten, aber die müssen dann von unseren Moderatorinnen und Moderatoren auch erklärt und besonders herausgestellt werden.

RADIOSZENE: Wie wichtig ist das Ereignis „Hitparade“ grundsätzlich für SWR1 Baden-Württemberg, die Bedeutung des Events ist ja von Jahr zu Jahr markant gewachsen …

Peter Heilbrunner: Die “SWR1 Hitparade” feiert in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag. Aus dem SWR1-Eventkalender ist sie nicht wegzudenken. Viele Leute nehmen auch im Jahr 2019 noch 5 Tage Urlaub, um die Hitparade durchhören zu können. Das ist Wahnsinn und zeigt, wieviel emotionale Bindungskraft das Medium Radio besitzt. Und wenn ich mich bei der Jahr für Jahr ausverkauften “SWR1 Hitparaden“-Finalparty in der Schleyer-Halle in Stuttgart umschaue, dann blicke ich in viele junge Gesichter. Das ist die zweite Hitparadengeneration, die in die Halle kommt, um bei einem Radio-Event dabei sein zu können: 6 Moderatoren auf einer Bühne, dazu ein Headliner und die SWR1-Band, das scheint an sich nichts Besonderes. Ist es aber doch: Denn die “SWR1 Hitparade” ist Kult. Übrigens auch im Netz: Über eine halbe Millionen User schauen sich in den 5 Hitparadentagen unseren Video-Livestream an, das ist eine Entwicklung, die wir uns vor kurzem so noch nicht vorstellen konnten. Und diesen Weg ins Netz wollen wir weiter konsequent gehen, an neuen “SWR1 Hitparaden“-Formaten für die Social-Media-Kanäle arbeiten wir gerade.

 

„Musikjournalismus gehört zum Wesen von SWR1“

 

RADIOSZENE: Musikredaktionelle Inhalte sind ganz augenscheinlich wichtige Bestandteile bei SWR1 – auch deutlich erkennbar auf der Webseite. In welcher Form und zu welchen Zeiten öffnen Sie das Programm für die Berichterstattung rund um die Musik?

Peter Heilbrunner: Musikjournalismus gehört zum Wesen von SWR1. Wir stehen hier aber tagtäglich vor der Herausforderung, dass über unsere Key Artists eigentlich alles gesagt zu sein scheint. Trotzdem können unsere Hörerinnen und Hörer nicht genug davon kriegen. Auch deshalb haben wir im Sommer 2017 die Sendestrecken in SWR1 Baden-Württemberg neu profiliert. “SWR1 Der Nachmittag” ist jetzt die Show, in der die Musik im Mittelpunkt steht: Hier stellen wir neuen Alben vor, rücken Meilensteine der Popgeschichte in den Mittelpunkt, liefern spannende Geschichten aus dem SWR1-Musikkosmos, aber auch mal Gossip aus dem Showbusiness. Und in “SWR1 Der Abend” spielen wir ein Album schon Mal in voller Länge aus, widmen uns am Samstagabend den Discoklassikern oder talken mit einem Musiker oder einer Musikerin aus dem Land. In einer Zeit also wo Biopics wie „Bohemian Rhapsody“ oder bald „Rocketman“, das Elton-John-Movie, boomen, setzen auch wir noch mehr als bisher auf fundierte Musikberichterstattung.

SWR1 Hitparade 2018 Mod auf der Bühne
SWR1 Hitparade 2018 Mod auf der Bühne

RADIOSZENE: Zu früheren Zeiten gab es dafür reine Musikshows, heute verteilen sich diese Inhalte also eher über den ganzen Tag. Die Palette an Angeboten zur Musik in Kombination mit der SWR1-Webseite ist außergewöhnlich umfangreich und intensiv. Auch ein Anzeichen für die Veränderungen der Hörgewohnheiten beim linearen Radio?

Peter Heilbrunner: SWR1 Baden-Württemberg ist ein Begleitmedium, kein Einschaltprogramm. Insofern ist es folgerichtig, dass wir unsere Inhalte über den Tag verteilen, damit möglichst viele Hörerinnen und Hörer etwas von diesen Geschichten haben. Wir platzieren diese Geschichten zunehmend auch im Frühprogramm, also in der Prime Time. Weil wir wissen, dass dadurch SWR1 unverwechselbar wird, aber auch, weil die Leute diese Stories mögen. Und wer was verpasst hat, der kann alles im Netz nachlesen. Weiterer Vorteil: Wir erreichen online Zielgruppen, die unser lineares Angebot nicht kennen. Zusammengefasst geht es darum, die Inhalte möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. 

RADIOSZENE: SWR1 kümmert sich in hohem Maße um die Präsentation von Konzerten, pflegt nachhaltig Livemusik. Auch die der heimischen Musikszene. Offensichtlich sind Ihre Hörer weiterhin eifrige Besucher einschlägiger Events … strahlen Sie diese Konzerte auch aus?

Peter Heilbrunner: Mit der Programmreform im Sommer 2017 haben wir mit dem „SWR1 Musik Klub unterwegs“ ein neues Label geschaffen. Wir wollen unser traditionell großes Engagement als professioneller und verlässlicher Partner der Musikszene in Baden-Württemberg weiter ausbauen. Es gibt da eine lange Tradition noch aus den Vorgängerprogrammen. Zuletzt waren wir mit den schottischen Rock-Helden von Big Country in der Halle in Reichenbach an der Fils, davor in der Wollfabrik in Schwetzingen mit Max Mutzke oder mit einem PUR-Konzert im Kulturhaus Osterfeld in Pforzheim. Wir wollen damit ganz exklusive Musikmomente schaffen und gleichzeitig auch den vielen nichtkommerziellen, ehrenamtlichen Kultureinrichtungen im Land eine Bühne schaffen. Und klar: Am Ende spielen wir die Konzerte auch im Programm, denn es gibt auch im Jahr 2019 noch ein Bedürfnis nach Live-Musik im Radio.

 

„Die Hörerinnen und Hörer werden ungeduldiger, sie sind schneller weg, wenn ihnen ein Titel oder ein Wortbeitrag nicht gefällt“

 

RADIOSZENE: Neben der Musik gehört die Berichterstattung aus dem Land zu den Haupteinschaltmotiven der Hörer. Aber auch die werktägliche Talksendung „Leute“ und die samstägliche Übertragung der Fußballbundesliga, die seit Jahrzehnten als eine Art jour fixe im Bewusstsein der Hörer verankert sind. Benötigt man zur Hörerbindung beim Radio grundsätzlich nicht noch mehr solcher Leuchttürme?

Peter Heilbrunner: Ja, und wir haben die auch. Mit „Schmidts Samstag“ haben wir eine kultige Samstagvormittagsshow mit Thomas Schmidt aufgelegt, die von unseren Hörerinnen und Hörern geliebt wird. Ein bisschen schräg, ein bisschen retro und auch musikalisch einfach ein bisschen anders, das kommt an. Vor einigen Wochen haben wir ein Live-Krimihörspiel aus dem Funkstudio des SWR gesendet mit dem großartigen Matthias Habich – als Reminiszenz an die große Hörspieltradition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zeitgleich haben wir die Produktion live in SWR1 Baden-Württemberg ausgestrahlt. Wir haben die “SWR1 Hitparade”, wir haben “SWR1 Leute”, wir haben “SWR1 Pop & Poesie in Concert” – also Sie sehen, wir haben schon ein paar mehr Leuchttürme.

RADIOSZENE: SWR1 ist Teil eines Gesamtkonzeptes der SWR-Hörfunkflotte. Sicher ist darin angedacht, generationsbedingt auch Hörer jüngerer Wellen – wie SWR3 – aufzunehmen. Halten Sie dabei Kurs oder verändern sich bei größeren Verschiebungen innerhalb der Struktur der Hörerschaft schon einmal auch die Sendeinhalte und Anmutungen?

Peter Heilbrunner: Der SWR macht jeder Altersgruppe ein Angebot, muss allerdings feststellen, dass die Hörer und Hörerinnen ihren Programmen treu bleiben – unabhängig von ihrem Alter. Deshalb arbeiten wir mit dem Konzept der Mediennutzertypologie, also mit soziokulturellen Milieus, die wir mit dem jeweiligen Programm ansprechen wollen. Wenn wir die Gruppe der sogenannten Familienorientierten erreichen wollen, heißt das für uns: Wir müssen nicht hip sein, sondern alltagstauglich. Wir bespielen Social Media mit Facebook, machen aber kein Instagram. Um auf die Frage zu antworten: Wir halten Kurs und verändern uns behutsam. 

RADIOSZENE: Welche Rolle spielt in Ihren Planungen die Online-Einbindung der Hörer, wie gehen Sie mit der wachsenden Bedeutung von Podcasts um?

Peter Heilbrunner: Online ist für uns ein großes Thema: Wobei unsere User immer noch auf sehr traditionellen Wegen zu unseren Inhalten kommen. Sie steuern unsere Inhalte über swr1.de an und sitzen dabei meist an einem Desktop-Rechner. Und sie suchen auf der Seite das, was sie auch im linearen Programm am meisten interessiert: Musik. Die Sendungs-Playlist, unsere “SWR1 Pop & Poesie”-Songtexte, unsere SWR1 Meilensteinalben – das sind die Hits im Netz. Und was Podcasts angeht: Mit “SWR1 Leute” haben wir ein Produkt am Start, das zu den erfolgreichsten Podcasts des SWR zählt. Wir haben das „SWR1 Thema Heute“, Kabarett mit Florian Schroeder und – ganz neu – „Barbara Scherrers Musikkosmos“. Ein 20 Minuten Musik-Podcast, sehr persönlich erzählt mit vielen Geschichten rund um die Popmusik. Interessant dabei: Nicht jeder Podcast funktioniert auf jeder Plattform gleichermaßen. Auf Spotify werden andere SWR1-Podcast meistgehört als über iTunes.

RADIOSZENE: Erste Privatsender experimentieren bereits mit personalisiertem Radio, bauen ihre Sub-Marken im Internet vehement aus. Sind dies Entwicklungen, die Auswirkungen auf die Hörgewohnheiten haben werden?

Peter Heilbrunner: Auf jeden Fall. Die Hörerinnen und Hörer werden ungeduldiger, sie sind schneller weg, wenn ihnen ein Titel oder ein Wortbeitrag nicht gefällt. Das ist für uns eine echte Herausforderung. Trotzdem wollen wir als öffentlich-rechtlicher Sender diesen Weg der Personalisierung nicht um jeden Preis mitgehen: Wir sind fest davon überzeugt, dass Radio auch weiterhin die Kraft hat, Gemeinschaft zu stiften. Bestes Beispiel ist die Hitparade: Da kommen mehr als 8.000 Menschen in die Stuttgarter Schleyer-Halle, um mit unseren Moderatoren die 15 bestplatzierten Titel zu feiern. Und davor hören sie sich 5 Tage lang das verrückteste Musikprogramm an, ohne abzuschalten. Einfach weil sie ein Teil der SWR1-Hitparadencommunity sein möchten. 

 

„Eine Spotify-Playlist klingt steril gegen ein gut gemachtes Radioprogramm mit emotionalen Momenten“

 

RADIOSZENE: Vervollständigen Sie abschließend den Satz: „SWR1 und Radio werden auch zum 100. Geburtstag des Mediums noch eine bedeutende Rolle in der Lebenswelt der Hörer haben, weil …

Peter Heilbrunner: …die Menschen weiterhin Lust auf kuratierte Inhalte mit Überraschungen haben. Eine Spotify-Playlist klingt steril gegen ein gut gemachtes Radioprogramm mit emotionalen Momenten. Und: Radio ist denkbar einfach. Einschalten und entspannen.