Der Rundfunkrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat heute (07.09.22) Dr. Katrin Vernau (49) im zweiten Wahlgang mit großer Mehrheit zur Interimsintendantin gewählt. Die studierte Ökonomin promovierte in Potsdam, war Kanzlerin der Universitäten Hamburg und Ulm und in der Unternehmensberatung Roland Berger tätig. Seit 2015 ist sie Verwaltungsdirektorin im WDR.
Katrin Vernau sagte im Anschluss an ihre Wahl: „Ich freue mich über das Vertrauen und auf die vor mir liegende Herausforderung. Nun gilt es den rbb gemeinsam mit den Mitarbeitenden wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen und ihn zu einer starken Landesrundfunkanstalt für Brandenburg und Berlin zu machen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein wichtiger Baustein der Demokratie. Wir müssen ihn schützen und weiterentwickeln!“ Dorette König, amtierende Vorsitzende des Verwaltungsrats, würdigte die neue Intendantin als „exzellente Managerin, die über vielfältige und umfangreiche berufliche Erfahrungen verfügt und verschiedene Restrukturierungsaufgaben erfolgreich gemeistert hat. Ich bin davon überzeugt, dass Frau Dr. Vernau durch Ihre Kenntnis der ARD schnell für den rbb wirksam werden kann.“
Im Vorfeld der Wahl befasste sich eine Findungskommission, bestehend aus dem Vorsitzenden des Rundfunkrates, der Vorsitzenden des Verwaltungsrates, der Personalratsvorsitzenden und der Sprecherin der Freienvertretung, mit der Suche nach einer geeigneten Kandidatin bzw. einem geeigneten Kandidaten. Die Kommission einigte sich einvernehmlich auf Katrin Vernau.
„Im Findungsprozess mussten alle über ihren Schatten springen“, sagte Dieter Pienkny, amtierender Rundfunkratsvorsitzender. „Im Vordergrund der Findungskommission stand aber der Wunsch, die beste Lösung für den rbb in der Übergangsphase zu finden.“
„Für die derzeit anstehenden drängenden Aufgaben halten wir Frau Dr. Vernau für eine gute Lösung und tragen die Entscheidung mit“, erklärte Sabine Jauer, Personalratsvorsitzende des rbb. Es gehe in der jetzigen Krise vor allem um Managementaufgaben, weniger um Programmaufgaben. „Als Wirtschaftsmanagerin und Verwaltungsexpertin aus der ARD verbinden wir mit Frau Dr. Vernau die Hoffnung, im konstruktiven Austausch mit der Belegschaft die schwere Vertrauenskrise zu bewältigen“, so Jauer weiter.
Die Wahl eines Intendanten bzw. einer Intendantin ist im rbb-Staatsvertrag geregelt. Danach muss die Position ausgeschrieben werden, eine Amtszeit dauert fünf Jahre. Nur vor dem Hintergrund der besonderen Situation des rbb war die Wahl einer Übergangsintendantin möglich. Die Amtsdauer der Interimsintendantin/des Interimsintendanten erstreckt sich auf die Zeit bis zur Wahl einer neuen Intendantin/eines Intendanten nach einem geordneten Verfahren gemäß den Regularien des rbb-Staatsvertrags. Dieses Verfahren sollte nicht länger als ein Jahr dauern. Insofern stand für die Wahl von Dr. Katrin Vernau nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung.
Interimsintendantin Katrin Vernau will den Rundfunk Berlin-Brandenburg so schnell wie möglich aus der Krise führen.
Sie werde sich die nächsten zwölf Monate mit vollem Engagement einbringen, sagte die bisherige WDR-Verwaltungsdirektorin am Mittwochabend in der Sondersendung „rbb spezial – Der Talk“. „Ich werde mir jetzt angucken, wie die Situation tatsächlich ist. Ich kenne sie ja tatsächlich auch nur von außen und aus der Presse. Und dann werde ich mir ein Führungsteam zusammenstellen, mit dem ich denke, dass ich die Aufgaben, die hier anliegen, bewältigen kann“.
Zur Kritik, dass sie nicht aus der Region kommt, erklärte die 49 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftlerin, aus ihrer Sicht spiele es keine Rolle, woher man komme, sondern was man könne. „Was ich mitbringe, ist genau das, was der rbb jetzt braucht. Ich habe Managementerfahrung und ich bin immer dann in Organisationen hereingekommen, wenn es etwas aufzuräumen gab und gleichzeitig die strategische Neuorganisation vorangetrieben werden musste.“
Sie habe den Eindruck, dass das maßgebliche Problem im Rundfunk Berlin-Brandenburg sei, dass es eine Kluft zwischen einer abgehobenen Führungsriege und der Belegschaft gegeben habe. Es habe bereits gebrodelt, deswegen sei kein Rückhalt dagewesen und all diese Dinge seien nach außen getragen worden anstatt sie intern zu klären.
Daher wolle sie auch ins Gespräch mit der Belegschaft kommen: „Ich denke, dass wir jetzt parallel auf zwei Ebenen arbeiten müssen. Das eine ist die kulturelle und das andere ist die inhaltliche Ebene. Auf der kulturellen Ebene wird es darum gehen, wieder Ruhe in die Belegschaft zu bringen und auch Zuversicht.“ Dazu werde man Foren schaffen, wo die Dinge, die passiert sind, verarbeitet werden können, um dann auch nach vorne zu blicken. Jeder einzelne Mitarbeiter könne dazu einen Beitrag leisten, so Vernau. Es müsse ein Ruck durch die Belegschaft gehen. „Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind alle Botschafter des rbb. Sie können nur dann ein gutes Programm machen, wenn sie motiviert und begeistert sind und hinter dem stehen, was sie machen.“ Man müsse schließlich dahin kommen, wieder die eigentliche Aufgabe zu erfüllen, nämlich bestmögliches Programm für die Nutzer zu machen.
Was die Ausgestaltung des Programms angehe, da müsse sie erst einen Kassensturz machen, um zu wissen, wie die Rahmenbedingungen seien und wo es Spielräume gebe. Der Finanzrahmen müsse verlässlich eingehalten werden. Das werde alles transparent gemacht, denn es gehe schließlich mit öffentliche Gelder. Verloren gegangenes Vertrauen gewinne man nur durch glaubwürdiges Handeln und glaubwürdige Personen wieder zurück.
Nach der fristlosen Entlassung von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger hat der rbb-Rundfunkrat Katrin Vernau am Mittwochabend in einer Sondersitzung in Potsdam zur Interimsintendantin des Senders gewählt. Sie war die einzige Kandidatin. Am Donnerstagmittag will sie sich der Belegschaft vorstellen.
Quelle: rbb-Pressemeldungen