RPR1. im Sloganstreit mit THE RADIO GROUP

„Die meiste Musik in/für Rheinland-Pfalz“ darf RPR1. nicht mehr verwenden

Ab Montag, den 7. September, sucht das RPR1.Morningshow-Duo Kunze&Nadja die unglaublichsten, verrücktesten oder auch beängstigenden Geschichten (s. auchhier). So startet der älteste Privatsender und privater Quoten-Platzhirsch in Rheinland-Pfalz in die neue Radiowoche. Die unglaublichste Geschichte hat sich der Sender allerdings schon selbst geliefert: am 31. August 2009 führte RPR1. einen neuen Slogan ein. Der claim – wie das im „Radiohochdeutsch“ auch heißt – lautet dabei überraschenderweise genauso wie ein paar kleine neue Lokalsender in Rheinland-Pfalz ihn seit einem halben Jahr verwenden: „Die meiste Musik für Rheinland-Pfalz“. Auffallend ist dabei auch das gleiche stilistische Mittel: kleines „DIE“, großes „Meiste Musik“, kleines „Rheinland-Pfalz“.

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THE RADIO GROUP, die Eigner der lokalen Hörfunksender in Rheinland-Pfalz haben beim Landesgericht in Kaiserlautern eine einstweilige Verfügung erwirkt, nach der RPR1. den Slogan mit sofortiger Wirkung nicht mehr verwenden darf. Aus dem Programm war der Slogan zwar noch relativ schnell zu eliminieren, aber auch die großangelegte Plakatkampagne muss sofort gestoppt werden. Sollte der Rechtsstreit tatsächlich zu Gunsten des Klägers ausgehen, ist das für den ältesten Privatsenders in Rheinland-Pfalz eine peinliche Schlappe, die nicht nur Geld kostet.

Nun ist der Konkurrenzkampf in der deutschen Radioszene sicher immer härter geworden. So lieferten und liefern sich die Sender auch heute noch vor allem in Berlin harte Marketingschlachten. Insiderinformationen, welche Major Promotion die Konkurrenz plant, welche Musiktitel nach welchen Krtierien rotieren, mit welchen Plakatsprüchen der potentiell befragte Rundfunkteilnehmer zur „richtigen Antwort“ bewegt wird, sind heiß begehrt und werden zweitweise mit James Bond-Methoden beschafft. Dabei dreht sich alles um die Frage, wie kann man mit den richtigen strategischen Entscheidungen die Schlacht des Quotenspiels bei der Medienanalyse gewinnen? Nur sie entscheidet über den finanziellen Erfolg eines Privatradios.

Deutschland ist ein Copy&Paste-Land.

Deutschland ist ein Copy&Paste-Land. Das zumindest trifft sicher auf die Radiobranche zu. Es wird kopiert, was das Zeug hält. Wenn ein Sender mit einem neuen Format in einem Markt erfolgreich war, hat man ihn in einem anderen Markt plump kopiert. Bestes Beispiel ist 104.6 RTL Berlin. Sie starteten als Erste mit einer personalintensiven Morningshow nach dem US-Vorbild 102.7 KIIS FM. Bis dahin klangen alle anderen Sender Deutschlands dagegen total verschnarcht. Heute gibt es fast nur noch 104.6 RTL-Klone in Deutschland. Keiner weiß mehr, welcher Sender von wem was genau alles abgeschaut hat, denn die Ähnlichkeiten sind frappierend. Kein Wunder, dass überall die Meinung vorherrscht, alle Privatsender klängen gleich.

Viele Marketingstrategen und Berater haben natürlich auch mit kopierten Konzepten in anderen Märkten Erfolg. Nur welche Strategie hat sich RPR1. überlegt, mit dem gleichen Slogan eines neuen Konkurrenten zu starten? Es ist die Strategie des Stärkeren: wenn man deutlich mehr Hörer hat, kann man Dinge behaupten, die zwar nicht unbedingt stimmen müssen, die aber alle glauben. Und bei der nächsten Medienanalyse glauben dann sicher einige Hörer der Lokalradiokette, RPR1. gehört zu haben. Auch bei RPR1. steht steht sicher das Standardwerk „Die 22 unumstößlichen Gebote im Marketing (Bezahlter Link)“ von Ries/Trout im Bücherregal. Das 6. Gebot dort heißt: „Klauen sie kein Schlagwort!“.

Natürlich dachte man, dass ein Radiosender das Schlagwort „die meiste Musik“ nach einem halben Jahr noch nicht besitzt. Und so hat man sich bei RPR1. sicher gesagt: bevor die Konkurenz diesen USP besetzt bzw. besitzt, klauen wir es ihm einfach. Durch massiven Einsatz des neuen Slogans on air im Programm und off air auf Plakaten, wäre das vermutlich auch geglückt. Die andere Frage ist nur, braucht RPR1. diesen USP überhaupt? Hat RPR1. nicht bereits viel stärkere, bessere Images beim Hörer? Sollte man nicht bei denen bleiben, die RPR1. groß gemacht haben?

Dass Goliath auf den kleinen David so plump reagiert, ist bei den Machern der kleinen Lokalsender der Radio Group vermutlich einerseits mit Kopfschütteln und andererseits mit Stolz aufgenommen worden. RPR1. nimmt die Lokalsender zum ersten Mal ernst. Klar, bei Rockland Radio musste man sich ja keine Sorgen machen, daran ist RPR1. ja selbst beteiligt. Der konnte immer so programmiert werden, dass er der Cash-Cow nicht gefährlich werden konnte. Jetzt sendet auf vielen ehemaligen Rockland-Frequenzen ein externer und unabhängiger Radioanbieter, der nicht mal mit irgendwelchen Verlegern paktiert.

Geklaut wurde zwar immer schon, allerdings in verschiedenen Märkten. Ein so dreister Fall von Slogan-Klau im gleichen Markt ist in Deutschland aber bisher einmalig. Vielleicht hat die Finanz- und Werbekrise den Druck auf die Radiomacher so erhöht, dass nun alle Mittel Recht sind, um weiterhin den Rahm für die Gesellschafter abzuschöpfen. Wer letztendlich Recht behält im Sloganstreit steht noch nicht fest. Sicher ist, dass der Fall in die Geschichte eingeht, zumindest in die noch (immer) junge Privatradiogeschichte, dokumentiert von RADIOSZENE.

Link:
RPR.1
THE RADIO GROUP