Österreichs Privatsender kritisieren Online-Forderungen des ORF

VÖP: Unverständnis angesichts wettbewerbskritischer ORF-Forderungen nach weitreichenden Online-Erleichterungen

VOEP smallDer Generaldirektor des ORF hat in den letzten Monaten immer wieder Gesetzesänderungen für dessen Online-Aktivitäten gefordert, zuletzt in einer Sitzung des ORF-Publikumsrats. Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP, hält dazu fest: „Eine Gesetzesänderung ist gar nicht nötig, wenn der ORF neue Online-Angebote machen möchte. Hierfür sieht das ORF-Gesetz einen klaren und EU-rechtskonformen Weg vor: das sogenannte ‚Auftragsvorprüfungsverfahren‘.“

Corinna Drumm (Bild: ©VÖP)
Corinna Drumm (Bild: ©VÖP)

Jedes neue Angebot des ORF würde, sofern es im Rahmen des ORF-Unternehmensgegenstands liegt, einen wirksamen Beitrag zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags leistet und keine wettbewerbsschädigenden Auswirkungen hat, genehmigt werden. „Diese Vorgaben sind vor dem Hintergrund des EU-Beihilfenrechts notwendig und sinnvoll, um die Mitbewerber eines staatlich finanzierten Unternehmens zu schützen.“

Warum also fordert der Generaldirektor dennoch eine Gesetzesänderung? „Weil klar ist, dass diese Online-Wünsche nicht genehmigt werden könnten. ‚Online-first‘ bedeutet ja nichts anderes, als dass mit staatlichen Beihilfen – in diesem Fall der GIS-Gebühr – Online-Content produziert und zuerst über das Internet verbreitet wird. Das wäre zwangsläufig eine grobe Marktverzerrung gegenüber all jenen österreichischen Medienanbietern, die keine GIS-Gebühren für ihren Online-Auftritt erhalten. Eine Gesetzesänderung, die diese Forderung in dieser Weise umsetzen würde, ließe sich auch in Brüssel mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtfertigen.“

Ähnliches gilt für die Klagen des Generaldirektors im Hinblick auf die Beschränkungen für Smartphones. „Selbstverständlich darf der ORF ‚mobile Apps‘ anbieten – und tut dies auch. Untersagt ist ihm lediglich, ‚eigens für mobile Endgeräte gestaltete Angebote‘ zu machen, womit nichts anderes gemeint ist, als dass der ORF keine Inhaltsangebote ausschließlich für Apps bereitstellen darf. Aus gutem Grund: Warum sollte der ORF für die Bereitstellung von Inhalten, die er sonst nicht anbietet, weil sie nicht in den öffentlich-rechtlichen Auftrag fallen, Gelder aus der GIS-Gebühr verwenden dürfen? Es ist ja nicht so, dass es in diesen Märkten Angebotsknappheit oder ein Vielfaltsproblem gäbe.“

In Bezug auf die geforderte Ausweitung der Sieben-Tage-Beschränkung für TVthek-Inhalte ist die vom ORF häufig angeführte BBC kein geeigneter Benchmark: „Der britische öffentlich-rechtliche Anbieter unterliegt in vielen Bereichen wesentlich stärkeren Beschränkungen als der ORF.“, so Drumm. So ist die BBC beispielsweise – im Gegensatz zum ORF – gänzlich werbefrei, sowohl im Radio und TV, als auch im Online-Bereich. Die BBC kann also den Werbemarkt gar nicht durch Ausweitungen ihres Angebots verzerren. Der ORF hat dagegen in sehr vielen Bereichen deutlich weitreichendere Freiheiten als die BBC. „Sich nun gerade jenen Bereich als Vorbild herauszupicken, in dem umgekehrt die BBC mehr Spielräume hat, ist fadenscheinig.“

„Alle Marktteilnehmer sind sich einig, dass die Dominanz von Google, Facebook, Amazon & Co den Medienstandort Österreich gefährdet. Kooperationen der österreichischen Medienhäuser sind die einzig sinnvolle Antwort. Dass gerade der ORF nun einen deklarierten Alleingang anstrebt, ist unverständlich.“, so Drumm. „Überdies gehe ich davon aus, dass die medienpolitisch Verantwortlichen ein umsichtiges und ausgewogenes Reformpaket anstreben anstelle von kurzfristigen Teilmaßnahmen zugunsten eines einzelnen Marktteilnehmers.“