Der
schlaue Kaufmann sagt: Schlechtem Geld wirft man kein gutes Geld hinterher
– und meint damit, daß man den Tatsachen ins Auge blicken
muß, wenn sich ein Geschäft als Pleite erweist. Der öffentlich-rechtlich
bestallte Medienfunktionär sagt: Was gutes Geld ist, bestimme ich,
es ist eh nicht meins. Nach dieser Devise haben öffentlich-rechtliche
Sender, öffentlich-rechtliche Medienanstalten und Medienpolitiker
aller Parteien jahrzehntelang Steuern und Gebühren in DAB versenkt,
der „Zukunft des Radios“. Dank der Berliner MABB könnte
damit endlich Schluß sein.
Zum Verständnis
des Themas ist es keineswegs notwendig, die gesamte DAB-Geschichte und
die technischen Details herunterzubeten – das hieße, dem
kollektiven Autismus der eingeschworenen DAB-Gemeinde auf den Leim zu
gehen. Diese Leute zeichnen sich dadurch aus, daß sie von Konferenz
zu Konferenz reisen, sich immer gegenseitig versichern, wie fortschrittlich
und zukunftszugewandt sie doch seien und sich von nervenden Details
grundsätzlich nicht beirren lassen – so Dinge wie das Internet
oder den Mobilfunk, die lange nach Ausrufung der DAB-Zukunft erfunden
wurden. Sie sehen die Welt als eine Ansammlung technischer Datenblätter,
die für sie derart beeindruckend sind, daß sie sie auf ungezählten
Webseiten zum Download anbieten. Die Downloadzahlen dieser tollen Datenblätter
zeugen vermutlich ebenso vom bizarren Mißerfolg von DAB wie die
Zahl der DAB-Hörer.
Ein einziger
Aspekt mag genügen, um den DAB-Unsinn hinreichend zu erklären
– das Übergangsszenario:
Allen möglichen
Instanzen – voran dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten
Kurt Beck, der ARD und den meisten Medienanstalten – gefiel es
eines Tages, sich eine Jahreszahl aus der Luft zu greifen und zu erklären,
dann und dann werde das bestehende UKW-Netz abgeschaltet. Je nach Quellenlage
liegt dieses Jahr zwischen 2010 und 2015. Besonders eifrig tat sich
die Medienbehörde in Sachsen-Anhalt hervor, die ihren Landtag beschließen
ließ, am 1. Januar 2010 UKW zu töten (nachzulesen hier).
Radio wäre dann nur noch via DAB zu hören. Nur zur Einordnung:
Sachsen-Anhalt ist dasjenige unter den östlichen Bundesländern,
das am flagrantesten die Zuwendungen der sonstigen Bundesbürger
im Schornstein verfeuert und laut Bundesrechnungshof bis heute nur 5
(!) Prozent aller Gelder bestimmungsgemäß für Investitionen
anlegt.
Wie der
Wechsel auf DAB exakt vonstatten gehen soll, weiß bis heute kein
Mensch. DAB und UKW sind gänzlich unkompatibel zueinander. Die
Medienregenten in Magdeburg stellen sich wohl vor, daß die dortigen
Radiohörer am Silvestertag des Jahres 2009 das Partyprogramm mit
ihren analogen UKW-Empfängern starten, dann Schlag Mitternacht
ihre neuen DAB-Empfänger einschalten, weil pünktlich zum Jahreswechsel
der UKW-Sender gekappt und der DAB-Sender eingeschaltet wird.
Vorher
steht freilich die Suche nach dem richtigen Programm an. Sender, die
bis dato vielerorts so hießen wie ihre Frequenz, sollten sich
etwas Neues einfallen lassen. Bei DAB wird es sogenannte Programm-Bouquets
geben – lauter bunte Sträuße. Der Sender 89.0 RTL könnte
z.B. schon mal darüber nachdenken, ob die DAB-mäßige
Fortschreibung seines Namens wirklich empfehlenswert wäre –
das müßte so etwas sein wie „K 12 C Strauß 2
RTL“. Jepp, so heißen die Sender der Zukunft!
Schön
daran wäre auch, wie sauber doch die Märkte voneinander getrennt
wären. K 12 C Strauß 2 RTL wäre nämlich präzise
nur noch innerhalb der Landesgrenzen Sachsen-Anhalts zu hören.
DAB-Empfangsgrenzen lassen sich sehr präzise ziehen. Overspills
adieu – aber nachdem die vorangegangenen Investitionen in einen
Markennamen schon im Eimer sind – auch wurscht. Gewinner wären
die öffentlichen-rechtlichen Anstalten, denen Märkte und Grenzen
egal sein können – MDR und NDR hätten massive Vorteile
gegen die private Konkurrenz, sie sind sowie überall zu hören.
Fassen
wir zusammen: Zum Stichtag schmeißen alle Hörer ihre alten
Radios weg. Vorher haben sie neue Radios eingekauft – die ganze
Garnitur: Wohnzimmer, Küche, Bad, Auto, etc. Weil die Hörer
eh nichts mit ihrem Leben anfangen können, haben die alle pünktlich
auswendig gelernt, wie ihr alter Stammsender in Zukunft heißt
und auf welchem Bouquet und welchem Kanal und welchem Strauß er
in Zukunft sendet. Für all den Bohei bekommen sie dafür nicht
etwa mehr Programme als vorher, sondern weniger – denn auf den
vorgesehenen DAB-Frequenzen ist weniger Platz als auf UKW. Dafür
gibt es jede Menge Zusatz-Datendienste, von denen seit den 80er Jahren
keiner weiß, was die sollen und wer die will.
Hätte
die MABB in Berlin nicht die Notbremse gezogen – wer weiß,
unsere Politiker wären vermutlich ungebremst in diesen Schwachsinn
hineingerast – womöglich nicht aus Einsicht in die Sinnhaftigkeit
von DAB, sondern deshalb, um das Gesicht zu wahren und dem Eingeständnis
zu entgehen, jahrzehntelang aufs falsche Pferd gesetzt zu haben. Das
Papier
der MABB ist bemerkenswert: Zum ersten Mal hat eine Medienbehörde
schlicht die Fakten zur Kenntnis genommen und fundiert bewertet. Kein
Wunder, daß die DAB-Gemeinde tobt. Wer läßt sich schon
gern vorhalten, daß seine angebliche Zukunft des Radios in geschlossenen
Räumen sogar schlechter klingt als das gute alte UKW.
Wer jetzt
allerdings glaubt, das Radio könne sich auch weiter jeglicher Innovation
verschließen, dem gibt die MABB freilich noch eine andere Wahrheit
mit auf den Weg: Neue digitale Verbreitungswege werden kommen, steht
da – allerdings nicht dann, wenn sie von oben verordnet werden,
sondern dann, wenn die Hörer sie einfordern. Internet und Mobilfunk
könnten das Radio stärker verändern, als wir uns das
derzeit vorstellen wollen.
Frohes
Fest, erholsame Feiertage und ein starkes Neues Jahr!