Radio hat seine Zukunft längst nicht hinter sich

MedienQualifizierung organisierte den ersten Medientreff in Bad Honnef

medienqualifizierungWenn die Radiomacher des Landes sich treffen und austauschen wollen, gibt es in der Republik bereits einige Möglichkeiten, dies zu tun. Großveranstaltungen, wie der Radio Day in Köln oder die Münchener Medientage sind aber inzwischen recht unübersichtlich geworden und für viele auch zu kostspielig. Der Medientreff im Katholisch-Sozialen Institut in Bad Honnef suchte einen völlig anderen Ansatz: klare Themenwahl, günstige Seminargebühren und überschaubare Teilnehmerzahl. So kam denn bei der ersten Veranstaltung eine nahezu private Atmosphäre auf. Die lichtdurchfluteten Forumsräume im KSI, gelegen im beschaulichen Bad Honnef und das sommerliche Wetter taten ihr Übriges, um günstige Rahmenbedingungen für hehren Erkenntnisgewinn, engagierte Diskussionen und freundlichen Gedankenaustausch zu schaffen. Die für auswärtige Teilnehmer nötige Übernachtung – der Medientreff fand an zwei Tagen statt – gestaltete sich recht praktisch, da das Institut über eigene Gästezimmer verfügt. Das Veranstaltungskonzept entwickelte die MedienQualifizierung – Akademie für Hörfunk und Medien, die eine Reihe namhafter Radioexperten verpflichten konnten.

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Den Auftakt machte Prof. Dr. Walter Sendlmeier vom Institut für Sprache und Kommunikation an der TU Berlin und überraschte die Teilnehmer mit einer wissenschaftlichen Studie, derzufolge der Sympathiewert einer Stimme anhand verschiedener Parameter im Stimmgefüge recht genau ermittelt werden könne. Sein Fazit: ruhige, angenehme Stimmen werden als sympathischer empfunden, als laute und hektische Moderation und dies gelte auch für junge Radioformate. Wolfman Jack hätte es schwer gehabt hierzulande. Medienwissenschaftler Dr. Holger Schrammsorgte durch seine Thesen zum Thema Musikplanung („Mood Management durch Musik“) ebenso für fachliche Kontroversen. Sein Credo: Musikplanung solle sich weniger an einer abwechslungsreichen Mischung aus Genres, Dekaden und Tempo orientieren, sondern ein stimmiges Gesamthörbild erzeugen, ähnlich der Zusammenstellung bei einem Konzeptalbum.

Der Tagesausklang auf der Dachterrasse des Instituts bot schließlich Gelegenheit, in lockerer Atmosphäre ins Gespräch zu kommen.

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Der nächste Tag war nichts für Langschläfer, denn bereits um 9 Uhr traf man sich nach dem Frühstück zum nächsten Thema: „Was macht Stimmen attraktiv? Sprache und Sprechen im Radio.“ Sprechtrainer Reinhard Pede stellte dazu fest, daß eine Stimme „sich wohlfühlen“ müsse und man sie nicht verbiegen solle. „Nicht die Stimme ist entscheidend, sondern die Sprechweise“ meinte Buchautorin Vivien Zuta, die mit ihrem Werk, „Warum tiefe Männerstimmen nicht immer sexy sind“ bereits für Aufsehen sorgt, ohne allerdings bei diesem Panel noch näher auf ihre provokante These einzugehen. Besonders breiten Raum nahm schließlich das interaktive Projekt „yourzz.fm“ unter der Regie von Andreas Heine ein, der über seine Erfahrungen im Umgang mit Jungmoderatoren und neue Wege in der interaktiven, lokalen Programmgestaltung berichtete.

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Das nächste an die Leinwand projizierte Thema enthielt neben einem Apostrophfehlersuchspiel die Frage: „Musik – Bedeutungsverlust für´s Radio, Gewinn für´s Netz?“ Dabei wurde festgestellt, dass lediglich 22% aller Internet-User gelegentlich Webradio hören und nur 3,4 % täglich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Während der Radiohörer einen „Link zur Außenwelt“ suche, befänden sich User, die sich ihr eigenes Programm zusammenstellen oder Non-Stop-Musik-Streams präferieren in einer privat-isolierten Hörsituation. Der wahre Konkurrent zum Radio seien die Social-Networks. So fiel der Tenor am Ende des Panels recht eindeutig aus: Das Radio hat seine Zukunft längst nicht hinter sich.

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Nach einem Mittagessen zur Kaffeepausezeit hieß es dann Abschied nehmen. Bleibt den Veranstaltern des Medientreffs und besonders Koordinator Andreas Kaul zu danken, verbunden mit den Wünschen, daß sich nächstes Jahr, am 31. August 2010 noch mehr Teilnehmer einfinden mögen und diese nicht fast ausschließlich aus Nordrhein-Westfalen anreisen. Nur Mut, liebe Radiomacher: Bad Honnef ist – dank Navi – nicht viel schwerer zu finden, als Köln.

Links:
MedienQualififzierung – Akademie für Hörfunk und Medien
Weitere Fotos vom Medientreff Bad Honnef