VPRT zu den Vorschlägen der EU-Kommission zum Digitalen Binnenmarkt

VPRTDie heute veröffentlichten weiteren Vorschläge der Kommission zur Vollendung des Digitalen Binnenmarktes (Digital Single Market, DSM) stoßen beim Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) e.V. auf ein geteiltes Echo: Während der Vorschlag für einen Europäischen Code der Elektronischen Kommunikation gute Ansätze enthält, birgt das Bündel an europäischen Maßnahmen zum Urheberrecht teils erhebliche Risiken für audiovisuelle Inhalte im Binnenmarkt.

Claus Grewenig (Bild: VPRT)
Claus Grewenig (Bild: VPRT)

Claus Grewenig, Geschäftsführer des VPRT: „Die neuen Regeln für die elektronische Kommunikation und das Maßnahmenbündel zum Urheberrecht tangieren gemeinsam mit der AVMD-Richtlinie die DNA der europäischen Kreativindustrie. Nur wenn diese Maßnahmen sinnvoll aufeinander abgestimmt sind, wird der audiovisuelle Sektor wettbewerbsfähig bleiben. Zugang und Auffindbarkeit bei den Infrastrukturen sowie ein robuster Schutz der Urheber- und Leistungsschutzrechte müssen gewährleistet sein“.

Der VPRT begrüßt, dass die EU-Kommission in ihrem Vorschlag zur Revision der Telekommunikations-Richtlinien den Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit einräumt, Medienvielfalt über Must-Carry-Vorgaben abzusichern und auf gewisse Zusatzdienste zu erstrecken. Zugleich erkennt die Kommission die steigende Bedeutung der Auffindbarkeit von Inhalten an und stellt im Rahmen ihrer begleitenden Analyse die Kompetenz der Mitgliedstaaten fest, neben dem Zugang auch die Auffindbarkeit zu regeln. Aus Sicht des Verbandes sollten im weiteren Verfahren Interoperabilitätsvorgaben für das Radio eingeführt werden, um die technologieneutrale Verfügbarkeit von Hörfunkangeboten (UKW, Digitalradio, IP-Radio) auf allen mobilen Endgeräten zu erreichen und damit die Wahlfreiheit des Verbrauchers zu stärken.

Beim Urheberrecht hält der Verband die vorgelegten Maßnahmen noch für unausgewogen. Dies betrifft insbesondere die geplante Erstreckung der Kabel- und Satellitenrichtlinie im Verordnungswege auf den Online-Bereich, z.B. bei der grenzüberschreitenden Weitersendung von TV- und Radioprogrammen: „Ein EU-Binnenmarkt muss sich an der Nachfrage nach grenzüberschreitenden Angeboten und am praktischen Bedürfnis solcher Regelungen orientieren. Die vorgeschlagenen Änderungen können vor allem durch die Kombination mit anderen, noch nicht abschließend beratenen EU-Maßnahmen zur Portabilität von Inhalten sowie zur Territorialität beim Rechteerwerb erhebliche Risiken für die künftige Auswertung audiovisueller Inhalte verursachen. Bei einer Kopplung des Herkunftslandsprinzips für Online-Auswertungen mit Maßnahmen zum Geoblocking droht eine Störung der auf territorialer Lizenzierung basierenden Wertschöpfungskette im audiovisuellen Bereich und letztlich ein Eingriff in die Vertragsfreiheit der Sender.“ Der VPRT stellt besonders heraus, dass die Verhandlungsposition der Sender gegenüber Infrastrukturanbietern nicht durch EU-Vorgaben geschwächt werden darf.

Der ebenfalls heute vorgelegte Richtlinienvorschlag „Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt“ enthält u.a. neue verpflichtende Ausnahmen für die Nutzung geschützter Werke (Bildung, Forschung etc.) sowie EU-Vorgaben zur Transparenz bei der angemessenen Vergütung Werkschaffender. Auch in diesem Zusammenhang sieht der Verband jedweden EU-seitigen Eingriff in die Vertragsgestaltung kritisch. Insbesondere müssen unnötige bürokratische Hürden durch Auskunftsansprüche vermieden werden, deren Kosten dann nicht in den EU-Produktionsmarkt fließen. Handlungsbedarf besteht aus VPRT-Sicht an anderer Stelle. Grewenig: „Zwar enthält der Richtlinienvorschlag erste gute Ansätze zur Überwindung des `Value Gap´ bei den digitalen Erlösströmen, jedoch fehlt es weiterhin an Regelungen zur konsequenten Rechtsdurchsetzung sowie zum Vorgehen gegen Webseiten mit offensichtlichen Urheberrechtsverletzungen“.