„Herz der Finsternis“ nach Orson Welles macht am 4. Januar den Anfang
Das Kulturradio WDR 3 startet im neuen Jahr ein einzigartiges Radioexperiment: Als erster deutscher Sender führt WDR 3 einen werktäglich festen Hörspiel-Sendeplatz am Vorabend ein. Ab 4. Januar sendet das Kulturradio Montag bis Freitag um 19.05 Uhr ein knapp einstündiges Hörspiel.
WDR 3-Programmchef Prof. Karl Karst: „Bei WDR 3 muss künftig niemand mehr nach dem nächsten Hörspieltermin suchen. Es ist ganz einfach: An jedem Werktag um kurz nach 19 Uhr, also wenn der Tage zur Ruhe kommt, gibt es bei uns ein Hörspiel. Wir versprechen eine Hörspielstrecke mit hohem Kultpotential.“ Zusammen mit den Hörspielplätzen bei WDR 5 am Wochenende gibt es im WDR-Radio somit an jedem Tag ein Hörspiel. Die WDR 3-Hörspielstrecke widmet sich im Januar mit mehreren hochklassigen Hörspielproduktionen dem Thema „Entdecker“.
Den Auftakt macht der Fünfteiler „Orson Welles‘ Herz der Finsternis“ (4.-8. Januar) nach der berühmten Erzählung von Joseph Conrad. Das Hörspiel (Regie: Walter Adler) entstand nach einem nie verfilmten Drehbuch von Orson Welles aus den 1930er Jahren und erzählt von einer Reise zu einem der letzten weißen Flecken dieser Erde, in den unermesslichen Dschungel Afrikas. Der Abenteurer Marlow wird von einer europäischen Handelsgesellschaft ausgeschickt, ihren verlorenen Agenten Kurtz zu finden. Seine Suche wird zu einer Reise ins Herz des Bösen. Ein Stoff, wie geschaffen für den genialen Egozentriker Orson Welles, der nicht nur Regie führen, sondern auch die Rollen von Marlow und Kurtz zugleich spielen wollte. 1939 verfasst, sollte Welles‘ „Herz der Finsternis“ auch eine Parabel auf das Böse werden, das sich im Herzen der europäischen Zivilisation, in Deutschland, gerade Bahn brach. Viele Jahre später sollte eine andere Verfilmung dieses Stoffes Furore machen: „Apocalypse Now“. Orson Welles‘ Drehbuch aber wurde nie realisiert, da es zu teuer und zu gewagt erschien. Auch die weiteren Neuproduktionen der nächsten Monate versprechen ein spannendes Hörspielfrühjahr 2016.
Im Februar taucht ein neuer Ermittler im WDR 3 Hörspiel auf, das freitags den Krimi präsentiert. Suchanek ist kein strahlendes Sherlock-Holmes-Genie, eher ein Antiheld, der das Böse in einer Gegend sucht, wo eine Kurve in der Landstraße schon ein Highlight ist. Der österreichische Autor Rainer Nikowitz hat sich mit seinen witz- und pointenreichen Suchanek-Krimis rasch einen festen Spitzenplatz in der österreichischen Krimiszene erobert.
Im Februar und im März gibt es die jeweils zweiteiligen Hörspielversionen seiner Romane „Volksfest“ (WDR 3 Hörspiel, 19. und 26. Februar, WDR 5 Krimi am Samstag, 20. und 27. Februar) und „Nachtmahl“ (WDR 3, 4. März / WDR 5, 11. März).
„Ohrfeige“, der neue Roman von Abbas Khider, erscheint parallel als Buch und als Hörspiel: Ein Asylbewerber ohrfeigt seine Sachbearbeiterin und fesselt sie an ihren Stuhl. Nun muss sie ihm endlich zuhören! Tragisch und bitter-komisch ist die Odyssee des Irakers Karim Mensy als Flüchtling in der bayerischen Provinz. (WDR 5 Hörspiel am Sonntag, 31. Januar / WDR 3 Hörspiel, 1. Februar)
Im März startet das WDR-Hörspiel ein besonderes crossmediales Projekt basierend auf dem Roman „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace: Die humorvolle Gesellschaftssatire soll im Laufe eines Jahres interaktiv von Schauspielern, Prominenten, Hörern und Internetusern gelesen werden. „Unendlicher Spaß – Unendliches Spiel“ wird ein großes „Volks-Leseprojekt“. In biografischen Close-ups erzählt Milo Rau im März in „Dark Ages“ von Krieg und Vertreibung, vom Verlust von Heimat und Ideologie. Vier Menschen berichten aus ihrem Leben: Srebrenica und Sarajevo, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg oder Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Ein intimes Kammerspiel über die finsteren Seiten des sich vereinenden Europas. Der April steht im WDR-Hörspiel im Zeichen der Debatte um Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“. Die Diskussion, ob und in welcher Form das Buch neu veröffentlicht werden darf, wirft Fragen auf: Worauf gründet eigentlich der Mythos von „Mein Kampf“? Geht Gefahr davon aus? Die Theater- und Hörspielmacher Helgard Haug und Daniel Wetzel von Rimini Protokoll suchen nach Antworten in ihrem Bühnenstück „Mein Kampf, Band 1&2“, das sie für „WDR 3 Hörspiel“ aktualisieren und neu fassen (WDR 5, Sonntag, 6. März; WDR 3, Montag, 7. März).
Mit dieser Vielfalt startet das Hörspiel im WDR auf seinem neuen Sendeplatz voller Elan ins Jahr 2016. „Zu allen Zeiten haben Menschen gern Geschichten gehört. Und das wird auch immer so sein“, so die Leiterin des WDR-Hörspiels, Martina Müller-Wallraf: „Wichtig ist dabei nur, dass man als Produzent nicht den Anschluss verliert: An die akuten Themen, aber auch an die aktuellen Kommunikationscodes. Dann wird Hörspiel ein lebendiges Element im Radio bleiben und eine einzigartige Kunstform. Weil es Freiräume im Denken schafft und nutzt. Es fordert die Phantasie auf besondere Weise, denn das vermeintliche Fehlen der Bilder öffnet die Wahrnehmung für ganz eigene und vielschichtige Vorstellungen.“
Quelle: WDR-Pressemitteilung