Eine gute Wahl
Von Horst Müller
Boris Lochthofen wechselt die Seiten: Ab Anfang des kommenden Jahres wird der bisherige Geschäftsführer der sächsischen Privatsender Radio PSR und R.SA neuer Direktor des MDR-Funkhauses Thüringen in Erfurt. Damit verliert der Privatfunk einen Spitzenmann an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Einen Besseren hätte MDR-Intendantin Karola Wille kaum finden können. Die Chefin des Mitteldeutschen Rundfunk hatte selbst Boris Lochthofen als ihren neuen Statthalter in Thüringen ins Gespräch gebracht und begründete ihren Vorschlag mit dessen “ausgewiesenen Managerqualitäten”. Darüber hinaus besitze er “einschlägige Erfahrung bei der innovativen Weiterentwicklung von Radioangeboten sowie dem Ausbau des Bewegtbildbereichs und dem Vorantreiben trimedialer Entwicklungen”. Erwartungsgemäß stimmte der MDR-Rundfunkrat auf seiner Sitzung am Montag in Leipzig dem Vorschlag der Intendantin zu. Damit tritt der 40jährige Anfang des kommenden Jahres die Nachfolge des 18 Jahre älteren Werner Dieste an, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war.

Es ist keine Frage. Mit Boris Lochthofens Wechsel zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk verliert nicht nur sein bisheriger Arbeitgeber — die Radioholding Regiocast — sondern der Privatfunk insgesamt einen der fähigsten und versiertesten Manager. Lochthofen wurde 1975 im Vogtland geboren und wuchs in Erfurt auf, wo sein Vater Sergeij 19 Jahre lang Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen war. Sohn Boris studierte Kommunikations– und Medienwissenschaften sowie Politikwissenschaften in Leipzig. Nach seinem Einstieg 2006 bei der Regiocast ging’s mit seiner Karriere steil nach oben, verdientermaßen — wie ich meine. Seit 2014 ist er Mitglied der Geschäftsleitung von Deutschlands größtem Radiobeteiligungsunternehmen und gleichzeitig Geschäftsführer der sächsischen Privatsender Radio PSR und R.SA.
Aufgrund seines stets eloquenten Auftretens und der hohen Fachkompetenz ist Boris Lochthofen gefragter Referent auf Medienkongressen und Fachtagungen in ganz Europa. Bei der Regiocast galt er stets als Feingeist, der vor allem für die Kontakte “in die Politik” zuständig war.“Wenn’s schwierig wird, muss Boris ‘ran”, sagte mir mal ein Kollege über ihn. Das hat auch der MDR erkannt: “Medienpolitisch ist Lochthofen in einer Vielzahl von bundesweiten und regionalen Branchen-Institutionen engagiert”, heißt es in einer am Montagabend verbreiteten Pressemitteilung.

Doch zu einer Manager-Karriere gehören auch gelegentliche Rückschläge. Für Boris Lochthofen war wohl das Aus für das Radioprojekt 90.elf im Juni 2013 eine der empfindlichsten beruflichen Niederlagen. Nachdem Deutschlands Fußball-Radio “nach fünf Geilen Jahren” die Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesligen an Sport 1 verloren hatte, gab’s für das Sportformat bei der Regiocast keine Zukunft mehr.
Boris Lochthofen schüttelte die Niederlage ab und wandte sich neuen Projekten zu. Mit Erfolg: Im September gewann “sein” Radio PSR den Deutschen Radiopreis in der Kategorie “Beste Innovation” für die “Mehr-PSR-App”. Innovationen — genau das erhofft sich auch Karola Wille von ihrem neuen leitenden Mitarbeiter in Thüringen: Ab 1. Januar 2016 soll nach dem Willen der Intendantin beim MDR eine “konsequent multimediale Arbeitsweise” eingeführt werden. Für Boris Lochthofen ist das längst kein Neuland mehr — und auch deswegen ist er eine gute Wahl für den Mitteldeutschen Rundfunk.
Dieser Beitrag von Horst Müller ist zuerst hier erschienen.
(Titelbild: obs/MDR/MDR/Hagen Wolf)
Weiterführende Informationen
Boris Lochthofen verlässt REGIOCAST
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