Medientreff NRW 2015: „Das Zwei-Säulen-Modell würde heute so nicht mehr starten“

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Von Sascha Fobbe

25 Jahre Lokalfunk in NRW, aber es gab keine große landesweite Feier – die Moderatoren des Medientreffs holten die Glückwünsche mit einer Mini-Torte und einer Kerze darauf nach. Colleen Sanders und Thorsten Kabitz, beide selbst in verantwortlichen Positionen im Lokalfunk tätig, beglückwünschten die Teilnehmer des Medientreffs zum Erfolg: Es gebe viele Gründe zu meckern, aber auch viele Gründe, stolz zu sein. Zwei Tage lang (3. und 4.9.2015) ging es bei der Fachtagung in Panels und Workshops auch um die Vergangenheit, aber hauptsächlich um die Zukunft der lokalen Radiosender in NRW.

7. Medientreff NRW in bad Honnef (Bild Medientreff)
7. Medientreff NRW in bad Honnef (Bild: Medientreff)

Immer mehr Menschen hören Radio über Smartphones, was müssen die Lokalradios tun, um auch auf den mobilen Endgeräten attraktiv zu sein? Wollen die Sender auch auf DAB+ präsent sein? Und wie soll das alles angesichts sinkender Werbeerlöse bezahlt werden? Viele Fragen, die auf dem Medientreff beim Katholisch-Sozialen Institut in Bad Honnef gestellt wurden. Etwa 90 Teilnehmer aus dem Lokalfunk, vom Mantelprogrammanbieter radio NRW, von der LfM sowie von Campusradios und Agenturen diskutierten miteinander.

Beim Rückblick auf 25 Jahre Lokalradio waren sich Medienstaatssekretär Dr. Marc Jan Eumann, Dr. Jürgen Brautmeier, Geschäftsführer der Landesanstalt für Medien, Klaus Klenke, Programmdirektor von radio NRW der ersten Stunde und Helmut G. Bauer, dort Gründungs-Geschäftsführer, einig: Heute würde das Zwei-Säulen-Modell des Lokalfunks in NRW, bei dem Programm- und wirtschaftliche Verantwortung in verschiedenen Händen liegen, so nicht mehr an den Start gehen. Bei der Bedeutung des Lokalfunks gingen die Meinungen schon auseinander: Klenke beklagte, der Lokalfunk habe keine Lobby, Brautmeier verwies darauf, dass die großen Namen aus der NRW-Politik eher in den WDR-Rundfunkrat gingen als in die Medienkommission der LfM, die u.a. die Lokalradios beaufsichtigt. Eumann betonte den Wert der Lokalradios in Gesellschaft und bei den Hörern und sagte, der Gesetzgeber tue alles, um den Lokalfunk zu erhalten. Mit Blick auf die Auseinandersetzungen innerhalb des Systems, die besonders das vergangene Jahr bestimmten, und auf die aktuellen Herausforderungen wurde Bauer deutlich: „Man muss miteinander reden und schauen, wie man das machen kann, und erst dann fragen: Wer ist zuständig?“

7. Medientreff NRW in bad Honnef (Bild Medientreff)
7. Medientreff NRW in bad Honnef (Bild: Medientreff)

Die Wogen innerhalb des Systems scheinen sich aber zu glätten, zeigte sich in der anschließenden Runde mit dem neuen Programmchef von Radio NRW, Ingo Tölle, bis dahin Chefredakteur bei Radio Westfalica, und der Radio Bochum-Chefredakteurin Andrea Donat. Nun ginge es darum, das Lokalradio innerhalb der bestehenden Strukturen fit für die Zukunft zu machen. Auch Radiocoach Nick Maloney sieht Chancen, wenn die Beteiligten Hand in Hand arbeiten. Christian Schalt, ebenfalls Medienberater, kritisierte, dass die Lokalradios innerhalb der digitalen Welt zu schlecht aufgestellt seien: Die Stärken des Lokalfunks müssten in die „neue Welt“ getragen werden, dorthin, wo die Hörer seien. Wie das refinanziert werden soll, das sei die große Frage, sagte Tölle; und Donat verwies auf die dünne Personaldecke der Lokalradios, wo die Mitarbeiter nicht immer weitere Plattformen bedienen könnten.

Um diese Themen drehten sich auch beim anschließenden Get-Together die Gespräche. Bis zwei Uhr nachts wurde diskutiert und debattiert. Trotzdem ging es am nächsten Morgen um 9.30 Uhr pünktlich weiter, mit einem kurzen Panel, in dem Bastian Sorge, Nachrichtenredakteur von SWR das Ding, Henryk Mioskowski, u.a. Autor von Büchern über Kreativtechniken, und Markus Adomeit, Marktanalytiker, kurz ihre Arbeit vorstellten.

Strategien für Programmentwicklung, Nachrichten anders aufbereiten und präsentieren sowie die strategische Nutzung von Marktdaten waren dann auch die Themen in den folgenden Workshops. Die anschließende Präsentation der Ergebnisse sorgte hier und da für Heiterkeit: Ein werbefreier Freitag oder die Hörer als Reporter zu beschäftigen waren Ideen aus der Kreativrunde. Aus dem Nachrichtenworkshop kam unter anderem der Vorschlag, eine Nachricht innerhalb einer Sendestunde aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Aus dem Workshop der Datenanalyse brachte Katrin Rehse, Chefredakteurin von Radio Berg, die Erkenntnis mit, dass Programmplaner nach einer langen Gewinnspielphase nicht verstärkt auf Inhalte setzen sollten: Die Hörer, die Inhalte hören wollten, seien weg, und die, die Spiele mögen, würden vergrault, das sei schlecht für die Quoten. Viele Teilnehmer dieses Workshops, meist Chefredakteure, haben sich schon für das von Adomeit angekündigte Seminar im Herbst verabredet, auch das Kreativseminar von Mioskowski und der Nachrichtenworkshop von Sorge wird sicher viele Teilnehmer aus dem Medientreff dabei haben – für die Workshop-Leiter war die Fachtagung dieses Mal also auch eine gelungene Werbung in eigener Sache.

Aus Sicht der Teilnehmer war der Medientreff wieder eine wichtige Veranstaltung, um Impulse für die Zukunft zu bekommen und sich mit Kollegen und Verantwortlichen aus anderen Sendern auszutauschen, wobei auch dieses Mal nur wenige Redakteure dabei waren. Auch waren nicht von allen Lokalfunksendern Vertreter vor Ort, bedauerten die Veranstalter, die Medienqualifizierung aus Köln und das KSI. Stefan von der Bank vom KSI war insgesamt zufrieden – stabile Besucherzahlen, viele Impulse und Ideen, die im Lokalfunk genutzt werden könnten und viele Gespräche unter den Teilnehmern. Der Termin für den nächsten Medientreff steht schon fest: am am 22. und 23.9.2016 noch einmal in Bad Honnef, dann zieht der Treff mit dem KSI 2017 nach Siegburg.

 

Sascha Fobbe (Bild: privat)
Sascha Fobbe (Bild: privat)

Über die Autorin:
Sascha Fobbe ist Redakteurin bei Radio RST, moderiert außerdem Diskussionsrunden und Veranstaltungen und schreibt für Fachpublikationen hauptsächlich über den Privatfunk in NRW.

 

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