Radio Stephansdom hat sich am 01.06.2015 in radio klassik Stephansdom umbenannt. Man präsentiert sich jetzt mit neuem Logo und im neuen Sounddesign. Betreiber ist eine Stiftung nach kirchlichem Recht der Erzdiözese Wien, dessen Protektor (Schirmherr) der Erzbischof von Wien ist, derzeit mithin Christoph Kardinal Schönborn.
Geschäftsführer und Chefredakteur Christoph Wellner (42) führt dazu aus: „Die Erzdiözese Wien finanziert uns zu einem großen Teil. Wir sind aber redaktionell unabhängig von der Amtskirche. Unsere Aktion am Radiomarkt geschieht stets mit dem kirchlichen Hintergrund.“
radio klassik Stephansdom ging als Radio Stephansdom am 24.09.1998 auf Sendung. Schon nach Erlass des Privatradiogesetzes ab 1997 liefen die Vorarbeiten für den langgehegten Wunsch der Erzdiözese Wien, einen eigenen Radiosender zu betreiben. Inspiriert wurde man dabei eher von kirchlichen Projekten wie Radio Notre Dame in Paris als von erzkatholischen Sendern wie Radio Maria. Die Idee von Kardinal Schönborn war es zudem, einen solchen christlichen Sender mit klassischer Musik in Verbindung zu bringen.
„Wien ist Synonym für Konzertstadt und klassische Musik. Radio Stephansdom brauchte die klassische Musik, um sich vom Markt abzuheben.“, führt Wellner hierzu aus. Religiöse Sendungen bilden jedoch den eigentlichen Markenkern des Senders: Jeden Sonn- und Feiertag überträgt radio klassik Stephansdom einen Gottesdienst, meistens um 10.15 Uhr das Hochamt aus dem Stephansdom; Evangeliumstexte werden jeden Sonn- und Feiertag um 8.25 Uhr verlesen mit einem Kommentar von Christoph Kardinal Schönborn; an ausgewählten Tagen wie z.B. Gründonnerstag und Ostersonntag wird eine Vesper (Abendandacht) gesendet.
Direkte Übernahmen von ganzen Sendungen von Radio Vatikan finden nicht mehr statt, einzelne Beiträge des päpstlichen Senders finden sich jedoch schon im Programm wieder. Nicht zuletzt erfolgte der Relaunch (Neustart) Anfang Juni, um radio klassik Stephansdom als den Klassik-Sender in Wien zu positionieren mit weniger Wortbeiträgen als beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten Ö1 und mit anspruchsvollerem musikalischen Repertoire als beim deutschen Klassik Radio (hat auch Frequenzen in Salzburg und Innsbruck): „Was klassische Musik angeht, so spielen wir das Beste aus elf Jahrhunderten: Von der klassischen Komposition bis zum neuesten Soundtrack“, fügt Wellner hinzu, der selbst Musikwissenschaftler ist. Schon seit Sendestart betreut Wellner den systematischen Aufbau des breiten klassischen Musikangebots von radio klassik Stephansdom. Dreimal in der Woche lässt radio klassik Stephansdom seine Hörer am breiten Opernrepertoire des Senders teilhaben, nämlich dienstags, donnerstags und samstags ab 20 Uhr.
Was sieht radio klassik Stephansdom als seinen besonderen Sendeauftrag an? Nach Angaben des Senders macht man ein Radio, das die Hörer berühren soll. Hierzu kombiniert man im Programm die klassisch-musikalische Qualität mit inspirierenden Textbeiträgen. Man möchte sich so als wirtschaftlich unabhängige fixe Größe in der österreichischen Radiolandschaft, allen voran im Großraum Wien, behaupten. Bei alledem fühlt man sich den christlichen Grundwerten verpflichtet. Als Produkt entsteht ein Sender, der berührt: Die meiste klassische Musik wird kombiniert mit inspirierenden Inhalten, aufbereitet von anerkannt-kompetenten Fachredakteuren und Radiomachern. Hierzu merkt Wellner treffend an: „Wir wollen nicht mit einer Holzhammermethode die christliche Botschaft aufzwingen!“.
Auch Features über weltliche Themen finden sich im Programm von radio klassik Stephansdom: „Wir beschäftigen uns darin mit sozialen Themen oder senden Features, die sich mit Klassik und Kultur beschäftigten. Wir nutzen dabei das Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. So haben wir uns in Features mit der Geschichte des Oratoriums beschäftigt. Unsere Features kommen zu festen Sendezeiten.“, fügt Wellner hinzu. So kann man morgens im „Allegro Magazin“ von Montag bis Freitag ab sechs Uhr früh aktuelle Berichte und Klassik hören. Die Sendung „Rubato“, der beliebte Talk mit prominenten Gästen, läuft jetzt schon am späten Vormittag ab 11 Uhr, um der starken Konkurrenz des „Ö 1-Mittagjournals“ (ab 12 Uhr) zu entgehen. Bemerkenswerte Personen des Alltags werden in „Lebenswege“ (freitags; ab 17.30 Uhr) vorgestellt.
Das Programm von radio klassik Stephansdom bestreiten z. Zt. 22 fest angestellte und 6 fixe freie Mitarbeiter, darunter Musiker, wie zu Zeiten von Radio Stephansdom. Man plant aber einen Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen. Ohne Musikredaktion, Produktion und Technik wird es aber auch fortan nicht gehen. Zum Etat von radio klassik Stephansdom wollte Wellner keine Angaben machen (er sei aber nicht so hoch wie bei Domradio). „Der Etat wird sich durch Wechsel des Personals innerhalb der Erzdiözese Wien und den dadurch bedingten Personalabbau im Sender aber verringern“. Bis zum Jahr 2018 strebt man die wirtschaftliche Unabhängigkeit nach Senderangaben an. Das Programm ist nicht gänzlich werbefrei. Die Werbebeiträge müssen aber inhaltlich kompatibel (verträglich) mit dem Programm des Senders sein. Das können etwa Werbespots von Banken, Versicherungen und Kulturveranstaltern sein, angepasst an das Programm von radio klassik Stephansdom. Redaktionelle Beiträge und Verbraucherinformation sind strikt getrennt.
Nachrichten sind im Programm von radio klassik Stephansdom stündlich morgens von 6 bis 9 Uhr, weiterhin um 12 Uhr, 13 Uhr, 17 Uhr und um 18 Uhr anzutreffen. Die Meldungen kommen von der österreichischen Nachrichtenagentur APA; der Wetterbericht von der Hohen Warte Wien, einer Einrichtung der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) und die Verkehrsinfos vom Automobilklub ÖAMTC.
Ein Zielgruppendenken herrscht bei radio klassik Stephansdom nicht vor. Durch die Neuorientierung im Sendernamen werden primär die Klassikfans angesprochen. Einschlägige Untersuchungen kamen auf 300.000 Klassikfreunde in Wien; 70.000 Hörer erreicht radio klassik Stephansdom derzeit täglich wie eigene Umfragen ergaben; mithin ist der Hörerzuspruch noch ausbaufähig: „Man soll bei uns etwas hören, was einen berührt. Es werden bewusst katholische Inhalte mit hineingenommen; das Programm ist durch den neuen Namen auf Klassik ausgerichtet.“, erläutert Wellner.
Die Frequenz 107,3 MHz versorgt Wien und Umgebung. Nach Norden ist die Ausbreitung des Sendesignals eingedämmt, um Interferenzen mit dem Flugfunk in Bratislava und Brünn zu vermeiden. Eine Ausdehnung des Senders nach Graz ist geplant. Dort bekam man die Lizenz zwar zugeteilt, kann sie derzeit wegen eines laufenden Einspruchsverfahrens noch nicht in Anspruch nehmen. Seit Ende Mai 2015 bis April 2016 beteiligt sich Radio Klassik Stephansdom am DAB+-Testbetrieb in Wien auf Kanal 11 D. Eine Verlängerung des Testbetriebs bis 2018 scheint derzeit wahrscheinlich. „Ich sehe DAB+ als das Radio der Zukunft an. Deutlich günstiger als UKW und gerade für ein klassisches Programm ein Vorteil von der Qualität (der Ausstrahlung) her.“, blickt Wellner der Zukunft des Mediums hoffnungsvoll entgegen. Gerade für das breite dynamische Spektrum der Klassik- von sehr leise bis (kurz) sehr laut- sei DAB+ ein „wahrer Hörgenuss“ (Wellner).
Auch die Website www.radioklassik.at wurde einem Relaunch (Neustart) unterworfen. Es befindet sich dort ein Livestream zum weltweiten Hören. Das Layout wurde übersichtlicher und bedienerfreundlich gestaltet. Eine Playlist zeigt Musikstücke an, die soeben im Programm liefen. Podcasts ermöglichen das Nachhören von Sendungen. Ein Kulturkalender für Wien befindet sich zudem im Webportal. Gottesdienste werden lediglich im Webstream live übertragen, nicht jedoch im TV. Es gibt zwar eine Videoanlage im Stephansdom. radio klassik Stephansdom hofft darauf, 2016 eine Leitung aus dem Dom heraus zugeteilt zu bekommen, um in Zukunft in der Lage zu sein, Gottesdienste auf der Website der Erzdiözese Wien im Video zur Verfügung stellen zu können.
Für die Mitarbeit beim Kapitel über radio klassik Stephansdom bedanke ich mich bei Harald Süss aus Strasshof bei Wien.
Hendrik Leuker ist Redakteur des RADIO KURIER. Sein Artikel über Domradio Köln und radio klassik Stephansdom erscheint dort im Laufe des Jahres.
ADRESSEN/FREQUENZEN
radio klassik Stephansdom
Stephansplatz 4/ IV/DG
A-1010 WIEN
ÖSTERREICH
Tel: 0043-1/512 4040-0
Fax: 0043-1/ 512 4040-3021
Internet: www.radioklassik.at (Livestream/Kontaktformular / alle Frequenzen)
UKW:
Wien-Donauturm 107,3 MHz 2,0 kW
DAB+:
In Wien (Testbetrieb bis April 2016) auf Kanal 11 D.