„Erfolgreich Radio machen“ – diesen Titel hat Radioberaterin Yvonne Malak für ihr Buch über strategisches Radio gewählt. Darin finden Radiomacher auf 320 Seiten Tipps, Anleitungen und Checklisten zu allen wichtige Bereichen eines Hörfunksenders – von On Air Marketing über Marktforschung bis Morningshow – und darüber hinaus auch Gastbeiträge von prominenten Kollegen, wie z.B. von 104.6 RTL PD und Morningshowhost Arno Müller (mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet als „Beste Morningshow“ und für sein Lebenswerk).
RADIOSZENE veröffentlicht exklusiv einen Auszug aus dem Kapitel „On Air Marketing“. Im „Uhrwerk Radioprogramm“ ist das Rädchen On Air Marketing unerlässlich, um die bestmögliche Marktposition zu erreichen und zu verteidigen. Und dennoch ist dieses Rädchen in der Mitte der 2010er-Jahre nach wie vor unterschätzt und in vielen Sendern gar nicht als eigene Abteilung vorhanden bzw. oft nicht mal mit einem eigenen Mitarbeiter mit speziellen Fachkenntnissen besetzt. Dabei kann On Air Marketing so viel!
Was ist On Air Marketing?
On Air Marketing wird oft gleichgesetzt mit dem Begriff „On Air Promotion“. Unter On Air Promotion verstehen einige Sender nur das Programmieren von Gewinnspielen und die Zusammenarbeit von Verkauf und Programm on air – in der Regel in der Form von Sales Promotions. On Air Marketing ist aber viel mehr – es ist die beste kostenlose Waffe im Kampf um mehr Hörer.
Der Begriff „On Air Promotion“ fasst klassische Gewinnspielkreation und -Umsetzung, die Zusammenarbeit zwischen Programm und Verkauf und das On Air Marketing zusammen. Was aber genau versteht man unter On Air Marketing? Ich definiere diesen Begriff wie folgt:
On Air Marketing (OAM) ist das kreative und unterhaltsame Nutzen von Sendezeit im „eigenen“ Radioprogramm, um die Produktvorteile des Programms (sowie evtl. die Nachteile des Programms von Wettbewerbern) an den Weitesten Hörerkreis (WHK) zu kommunizieren, mit dem Ziel möglichst viele WHK-Hörer in Stammhörer umzuwandeln, indem deren Wahrnehmung über den Sender in die erwünschte Richtung gelenkt wird.
Was kann bzw. soll OAM erreichen?
- OAM soll den eigenen Sender klar positionieren, die USPs herausarbeiten, die wichtigen Images verstärken und damit die Wahrnehmung der Hörer für den Sender positiv beeinflussen.
- OAM hilft, negative Images loszuwerden und durch neue positive Images zu ersetzen.
- OAM kann den Mitbewerber zum eigenen Vorteil repositionieren, kann also die Schwächen des Mitbewerbers benennen und dadurch eigene Vorteile betonen.
Die Wahrnehmung ist entscheidender als die Produktqualität
Warum ist On Air Marketing so wichtig für die Positionierung eines Radiosenders? »Positioning is not what you do to a product. Positioning is what you do to the mind of the prospect«, schreiben Al Ries und Jack Trout im Original des Marketing-Klassikers „Positioning, the battle for your mind“ im Jahre 1986.
Für das Radio übersetzt, heißt das: „Positionierung ist nicht die Arbeit am Produkt. Positionierung ist die Beeinflussung der Wahrnehmung der Radiohörer.“
Produkte funktionieren über Images – über das, was der Nutzer über sie denkt. Ein Produkt kann noch so gut sein. Wenn die Konsumenten, in unserem Falle die Hörer, das „Falsche“ über ein Produkt denken, wird es keinen Erfolg haben. Ein Produkt ist das, was die Nutzer über es denken. Opel baut sicher keine schlechten Autos, aber die Wahrnehmung des Produkts bei potenziellen Käufern war so negativ, dass die Marke dadurch mit erheblichen Absatzproblemen zu kämpfen hatte und sich im Frühjahr 2014 für die Image- Kampagne www.umparken-im-kopf.de entschieden hat, die das Unternehmen einige Millionen an Werbegeldern in den verschiedensten Mediengattungen gekostet hat. Eine Marke wie Opel kann nicht einfach ihren Namen wechseln und in neuem Gewand auftreten – ein Radiosender kann das.
Kostenlos den Weitesten Hörerkreis mobilisieren
Im Gegensatz zu Opel haben Radiosender einen weiteren erheblichen Vorteil, der allzu oft nicht optimal genutzt wird: Sie besitzen ein Kommunikationsmedium mit wertvoller Werbefläche, die keinen Cent kostet! Der Weiteste Hörerkreis (WHK) eines Radiosenders ist in der Regel (mindestens) doppelt so groß wie die Zahl seiner Stammhörer (… ) Wenn die WHK-Konversion eines Senders aber deutlich unter 50 Prozent liegt – der WHK also weit mehr als doppelt so groß ist, wie die Anzahl der Stammhörer – dann sollten die Verantwortlichen an der Optimierung des On Air Marketing „ihres Senders“ arbeiten – vorausgesetzt, das Programm bietet keine Abschaltfaktoren, die für die schlechte WHK-Umwandlung verantwortlich sind.
Ein optimales On Air Marketing ist also unerlässlich
- für den Aufbau einer Marke,
- für das Ausbauen des eigenen Erfolgs und
- für das Halten und Erweitern einer Marktposition
On Air Marketing ist Markenbildung on air.
Diese Markenbildung findet im gesamten Radioprogramm statt: zwischen den einzelnen Musiktiteln, innerhalb ausgewählter Moderationen, in Promos vor oder nach den Werbeblöcken, in Form von „Liners“, also festgeschriebenen Marketing- Aussagen für die Moderatoren oder Nachrichtenredakteure, in den Showopenern usw… Vor dem Texten der Elemente und Liners stehen eine Bestandsaufnahme und ein sinnvolles Konzept für das eigene On Air Marketing.
Effizientes On Air Marketing
Zunächst braucht jeder Sender ein Konzept für sein On Air Marketing, das sich meistens aus den Ergebnissen der Marktforschung ergibt. Diese zeigt in der Regel, welche Positionen besetzt werden und welche Botschaften demnach kommuniziert werden müssen. Aus Marktforschung oder eigener Sendeanalyse ergeben sich außerdem Images, die verteidigt werden müssen, sowie mit etwas Glück Schwächen von Wettbewerbern, die genutzt werden können, um eigene Vorteile zu betonen oder die Nachteile des Konkurrenzsenders konkret zu benennen.
Verschaffen Sie sich deshalb vor dem Erstellen des Konzepts Klarheit über folgende Punkte:
- Ist der aktuelle Sender-Claim geeignet, um das Produkt und dessen Vorteile optimal zu beschreiben? Handelt es sich idealerweise um einen Musik-Claim?
- Wenn ja: Wird der Claim ausreichend mit dem Sender in Verbindung gebracht oder besteht eine große Verwechslungsgefahr mit einem Wettbewerber?
- Welches Image braucht mein Sender unbedingt, um die bestmögliche Position im Markt zu erreichen?
- Gibt es alte Negativimages die die Marke noch belasten?
- Gibt es relevante Schwächen bei einem wichtigen Wettbewerber, deren konkretes Benennen zum eigenen Vorteil sein könnten (zu viel Werbung, zu viele Wiederholungen in der Musik)?
- Welche Begriffe benutzt der Wettbewerber? Welche sind für das eigene Produkt noch frei (z. B. „Vielfalt“ versus „Abwechslung“)?
- Für welche USPs neben der Musik kann der Sender noch erfolgreich stehen (z. B. eine unterhaltsame Morgensendung)?
Oftmals wundern sich Senderchefs über schwache Einschaltquoten und Marktanteile, obwohl sie scheinbar alles richtig machen und die wichtigsten Schritte auf dem Weg zum Erfolg perfekt gegangen sind: Sie waren die ersten in ihrem Format, die Musik entspricht laut Tests den Hörerwünschen, die Morgensendung kommt gut an, deren Protagonisten sind beliebt und auch der Rest stimmt. Diese Senderchefs vernachlässigen oft einen entscheidenden Punkt: das Kommunizieren der entscheidenden Senderimages durch ein durchdachtes On Air Marketing. Und damit ist nicht das ständige Aufsagen des Senderclaims durch die Moderatoren oder die Station Voice gemeint, sondern die sinnvolle Kommunikation der wichtigen USPs. Was bietet mir dieser Sender, was andere nicht bieten? Was ist der Nutzen des Hörers, wenn er diesen Sender einschaltet?
Ohne ein funktionierendes On Air Marketing erreichen Sender nur selten den maximal möglichen Marktanteil – das gilt auch, wenn sie die einzige Alternative im Markt für ein bestimmtes Format sind. Denn On Air Marketing hilft auch dabei, bereits vorhandene Hörer noch besser zu binden und diese dazu bewegen, den Sender länger zu hören bzw. öfter einzuschalten. OAM hilft außerdem, Feinheiten zu betonen oder sekundäre Produktvorteile so herauszuarbeiten, dass sie auch im WHK verstanden werden.
Wenn also klar ist, welche Images entscheidend sind, welche mehr und welche nicht mehr ganz so häufig kommuniziert werden müssen, welche Begriffe sich eignen und welche bereits „besetzt“ sind, welche weiteren USPs relevant sind und ob der Wettbewerber eventuell Schwächen hat, die zum eigenen Vorteil genutzt werden könnten, ist es Zeit, die einzelnen Bestandteile der künftigen On Air Promotion exakt zu definieren und in ein entsprechendes Konzept zu bringen.
Mehr dazu sowie ausführliche Anleitungen und Checklisten in „Erfolgreich Radio machen“, erschienen im UVK Verlag, Konstanz.
Yvonne Malak
Erfolgreich Radio machen
2015, 320 Seiten, 25 farb. Abb., Klappenbroschur
ISBN 978-3-86764-553-9 34,99 €
UVK Verlag Konstanz
http://www.uvk.de/isbn/9783867645539