Professionelle Presseverhinderer

Bitter Lemmer

Wer das Ideal freier und unabhängiger Medien nicht aufgeben möchte, kann sich vom DJV nicht mehr vertreten fühlen. Der Schrei des Vorsitzenden Michael Konken nach mehr staatlicher Medienregulierung ist kein versehentlicher Ausrutscher, sondern er wirft ein Schlaglicht auf die jahrzehntelange Fehlentwicklung der eigenen Zunft. Nicht mehr Distanz zu den diversen Mächten gilt der organisierten Journalistenschaft als Wunschposition, sondern Nähe.

Es geht dabei weniger um den Grad des Blödsinns, den Konken verzapt, wenn er Google auf dem Weg zum Meinungsmonopol sieht (siehe hier) und zu dem der Agentur-Kollege Björn Sievers alles gesagt hat (vgl. hier). Wenn es um Meinungsvielfalt geht, ist Google im Gegenteil hilfreich, weil es von links bis rechts, von schlau bis dämlich so ziemlich alles findet und zugänglich macht. Sogar Anti-Google-Meldungen zeigt Google zuverlässig an.

Tatsächlich ist es der DJV, dem die Meinungsvielfalt, die das Netz ermöglicht, zu viel wird. Denn schon lange ist dieser Verband keine Journalistenvereinigung mehr, sondern in Wahrheit eine Lobby von PR-Leuten, die sich ein journalistisches Feigenblatt vorhalten.

Konken ist Pressesprecher und Dozent, seine Vorstandskollegin Ulrike Kaiser hat den wesentlichen Teil ihres Berufslebens in Diensten des Verbandsblättchens des DJV verbracht, Schatzmeister Andreas Bittner ist Hochschullehrer in Münster, Vorstandsmitglied Jörg Prostka nennt sich „Redakteur und Pressesprecher“ in Diensten eines Energieversorgers. Keiner der genannten ist Journalist im Sinne des gesunden Menschenverstandes.

Pressesprecher und PR-Leute sind keine Journalisten, sondern das genaue Gegenteil davon. Sie werden dafür bezahlt, nur solche Informationen in die Öffentlichkeit zu lassen, die ihren Auftraggebern nützen. Sie stehen auf der Seite von Politik, Wirtschaft und Verbänden. Journalisten, die ihre Berufsehre nicht verraten, sind dazu da, an die Öffentlichkeit zu bringen, was Politik, Wirtschaft und Verbände lieber nicht gedruckt oder gesendet sehen. Ehrenvolle Journalisten nennen Pressesprecher darum auch gerne Presseverhinderer – denn das sind sie in Wahrheit.

Ein Detail mag die Abseitigkeit der Verbände-Persepktive beleuchten – die Kriterien zur Ausgabe von Presseausweisen. Auch Pressesprecher bekommen die – was schlicht ein Witz ist. Kein Pressesprecher wird je in die Situation kommen, beruflich eine Polizeikette passieren zu müssen.

Aber Pressesprecher und PR-Leute sind geübte, weil professionelle Manipulierer. Sie haben es geschafft, sich als sogenannte Partner der Journalisten zu positionieren. Sie haben das Berufsbild des Journalismus ausgehöhlt, korrumpiert und unterwandert. Die Verbände sind schon lange nicht mehr die Interessensvertretungen der Journalisten, sondern Lobby für die Medien-Besitzstandswahrer.

Nur so ist es zu erklären, dass der Vorsitzende des sogenannten Journalistenverbandes mehr Staat im Mediengeschäft verlangt. Dabei erfordert das Mediengeschäft genau das Gegenteil – nämlich maximale Freiheit und Unabhängigkeit.

Lemmer
Christoph Lemmer arbeitet als freier Journalist in Berlin.

E-Mail: christoph@radioszene.de