NRW-Landesmediengesetz: „Hände weg von den Bürgerfunk-Sendezeiten“

vdc-smallDer Bürgerfunk muss am angestammten Sendeplatz um 21.00 Uhr bleiben. Das fordern die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der NRW-Lokalradios in einem offenen Brief an die Fraktionsspitzen im Landtag. Eine frühere Sendezeit bedeute für die Sender schwere programmliche und wirtschaftliche Nachteile.

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Thomas Kabitz

„Bürgerfunk ist ein Nischenprogramm,“ sagt Thorsten Kabitz, Chefredakteur von Radio RSG (Remscheid / Solingen) und Vorstandsmitglied des Vereins der Chefredakteure im NRW-Lokalfunk (VdC). „Er bleibt damit ein potenzieller Ab- und Umschaltfaktor.“ 21.00 Uhr habe sich für die sehr speziellen Programm-Angebote des Bürgerfunks bewährt, so Kabitz weiter.

Der nordrhein-westfälische Landtag will im Sommer eine Novelle des Landesmediengesetzes verabschieden. Der Entwurf der Landesregierung sieht vor, die bewährten Sendezeiten für den Bürgerfunk nicht zu verändern. Nach VdC-Informationen gibt es aber in einigen Fraktionen dennoch Überlegungen, den Bürgerfunk auf zwei Stunden täglich auszuweiten und künftig bereits ab 18 Uhr zuzulassen.

„Der frühe Abend ist inzwischen eine wichtige Sendezeit für das Radio,“ sagt VdC-Vorstand Georg Rose, Chefredakteur von Radio Wuppertal. „Sehr viele Sender haben deshalb ihr lokales Programm gezielt in die Abendstunden ausgeweitet. Diese zusätzlichen Sendungen und Nachrichtenformate möchten wir unseren Hörerinnen und Hörern auch in Zukunft anbieten!“ Nach VdC-Berechnungen hätte eine frühere Sendezeit für den Bürgerfunk auch drama-tische wirtschaftliche Folgen für die Lokalradios. Die Einnahmeverluste der Betriebsgesellschaften würden bei nahezu fünf Millionen Euro jährlich liegen. „Das macht uns große Sorgen,“ so Thorsten Wagner, Chefredakteur von Radio Lippe, der ebenfalls dem VdC-Vorstand angehört. „Wir befürchten, dass damit landesweit bis zu 100 Arbeitsplätze in unseren Redaktionen verloren gehen.“

VdC-Vorstand Andreas Houska, Chefredakteur von Radio Erft, betont ausdrücklich: „Der Bürgerfunk hat seinen Platz um 21.00 Uhr im Lokalfunk. Das hat sich bewährt und sollte so bleiben.“ Houska verweist dabei auf den härter gewordenen Wettbewerb. Seine Kollegin Andrea Stullich, Radio RST, empfiehlt deshalb, für den Bürgerfunk eine zeitgemäße Plattform im Internet bereitzustellen: „Das verhindert Kollisionen mit programmlichen und wirtschaftlichen Interessen.“ Die Redaktionen der 45 Lokalsender in NRW haben nämlich keinen Einfluss auf die Inhalte und die Musik der Bürgerfunksendungen.

Weiterführende Informationen
Offener Brief des VdC zum neuen Landesmediengesetz und der Stellung des Bürgerfunks (PDF)

Update 25.06.2014:

Bürgerfunk: Zeitgemäße Lösungen statt alter Konflikte
VdC
unterstützt die Idee einer Bürgermedien-Plattform und fordert mehr Unterstützung für Schulprojekte

An diesem Donnerstag (26. Juni) befasst sich der Medienausschuss des Landtags mit einem „Relikt“ der NRW-Medienpolitik. Hinter den Kulissen wird dem Vernehmen nach zwischen SPD und Grünen immer noch um den so genannten Bürgerfunk gerungen. Die privaten NRW-Lokalsender sind seit ihrer Gründung verpflichtet, von Bürgern selbst produzierte Beiträge zu gesetzlich vorgegebenen Zeiten ausstrahlen – derzeit wochentags ab 21 Uhr.

Die Landesregierung will an den Sendezeiten auch nichts ändern. Der Gesetzentwurf von SPD-Medien-Staatssekretär Eumann sieht als Neuerung aber eine Onlineplattform für Bürgermedien vor. Außerdem will die Staatskanzlei neben dem TV-Projekt „nrwision“ an der Uni Dortmund auch für den Radiobereich einen Lehr- und Lernsender aufbauen.

Der Vorstand des Vereins der Chefredakteure im NRW-Lokalfunk (VdC) begrüßt und unterstützt den Gesetzentwurf. „Außerdem würden wir uns wünschen, dass Radioprojekte in Schulen noch stärker vom Land gefördert werden.“ Die Lokalsender begleiten diese Projekte und sehen darin einen guten Beitrag zur Förderung der Medienkompetenz bei Jugendlichen.

Einigen Vertretern des Bürgerfunks geht das aber nicht weit genug. Sie fordern, dass ihre Sendungen künftig schon ab 18 Uhr bei den Lokalsendern ausgestrahlt werden sollen. Unterstützung erhalten sie dabei aus Reihen der Grünen. Der Verein der Chefredakteure und auch der Deutsche Journalistenverband lehnen dies jedoch ab. Der VdC-Vorstand bedauert, dass „alte Konflikte ohne Not neu geschürt werden“. Die derzeitige Regelung habe sich aus Sicht der Sender absolut bewährt. „Musik und Themen der Bürgerbeiträge sind teilweise sehr speziell. Aber wenn sie gut gemacht sind, finden diese Sendungen ihr Publikum unabhängig vom Zeitpunkt der Ausstrahlung.“

Eine Vorverlegung des Bürgerfunks hätte für die Lokalstationen weitreichende Konsequenzen. „Viele Sender müssten ihre aktuellen Lokalnachrichten in den Abendstunden eindampfen und könnten auch keine Werbung in dieser Zeit mehr verkaufen.“ Lokale Medien hätten ohnehin genug zu kämpfen. „Da fänden wir es schon sehr bedenklich, wenn eine Reduzierung professioneller journalistischer Angebote jetzt auch noch gesetzlich verordnet wird.“ Der VdC-Vorstand hofft deshalb, dass die Bürgerfunk-Zeiten nicht angetastet werden. „Im Koalitionsvertrag steht, dass man die Bürgermedien allgemein stärken, aber auch den Lokalfunk sichern will. Der Gesetzentwurf ermöglicht beides ohne Abstriche“. Die Novelle des Landesmediengesetzes soll nächste Woche im Landtag verabschiedet werden.

Quelle: Pressemitteilungen des VdC