Eine Privatradiomarke der Schweiz droht zu verschwinden: Nach eigenen Angaben steht die Betreibergesellschaft des Züricher Radio 105 so tief in den roten Zahlen, dass der Sendebetrieb eingestellt werden muss. Doch heute Nachmittag meldete sich ein Privatradio-Urgestein zu Wort, das den Sender retten will.
Seit 1998 ist One-O-Five auf Sendung, gilt als erstes sprachregionales Jugendradio der Schweiz und wurde in den vergangenen drei Jahren jeweilg auf dem Swiss Radio Day mit dem Titel „Radio of the Year“ bedacht. Doch die Betreiberin, die Music First Network AG von Giuseppe Scaglione, konnte ihr Programm nicht in dem Maße vermarkten, sodass der Bankrott verhindert werden konnte. Nach dem Ende eines Vermarktungsvertrages mit Radio ENERGY hätten die finanziellen Schwierigkeiten begonnen, heißt es auf der Homepage des Senders. Laut Züricher Tagesanzeiger habe man keine eigene Verkaufsabteilung mehr gehabt, später hätte sich die Finelco-Mediengruppe mit Sitz in Mailand zurückgezogen. Die Italiener hätten 105 lange mitfinanziert.
Daniel Hartmann stieg in den Sender ein und wollte nach Recherchen der Zeitung „mehrere Millionen“ in 105 investieren. Im Juli vergangenen Jahres feierte man noch den Einstieg des „alten Freundes und Werbeprofis Hartmann“ (RADIOSZENE berichtete) doch als bekannt geworden sei, dass die Zahlen „noch düsterer waren als zuerst angenommen“, stellte Hartmann seine Zahlungen ein. Ein Verkauf der Sendergruppe, die auch hinter Radio Monte Carlo Swiss und dem digitalen BlueSky Radio steht, gelang nicht.
„Turnaround nicht geschafft“
In einer Pressemitteilung der Music First Network AG heißt es, man habe den Turnaround nicht geschafft, Schuld seien u.a. „erhebliche Marktwiderstände“. Zusammen mit der „schwierigen Vermarktungssituation“ sei eine Weiterführung des Betriebs unmöglich, der Konkursrichter sei über die Überschuldung am Montag informiert worden. Von dem Sendeschluss seien neben 105 auch die beiden anderen Kanäle BlueSky Radio und Radio Monte Carlo Swiss betroffen. Die Medienbehörde BAKOM wolle nach Angaben der Tageszeitung die UKW-Frequenz von 105 nicht neu ausschreiben. Darüber hinaus ist man gegenwärtig noch auf DAB+ in der Deutschschweiz zu hören.
Derweil meldete sich Privatfunk-Pionier Roger Schawinski zu Wort. Er könne 105 retten und wolle für einen unterbrechungsfreien Sendebetrieb sorgen und die „Beschädigung der Marke 105 auf ein Minimum reduzieren“, heißt es auf der Homepage seines Senders Radio 1. Das BAKOM sei bereits darüber informiert. Das Jugendradio solle zusammen mit einem Teil der alten Belegschaft in seine Radio-1-Studios umziehen.
Update vom 15. Januar:
Nachdem sich heute das Team von Radio 105 on air verabschiedete (s. Audio unten), übernahm Roger Schawinski das Programm. Dies sagte er in einem Interview mit dem Onlineportal persoenlich.ch, er habe BAKOM und Giuseppe Scaglione darüber informiert. Die Behörde habe bisher noch nicht reagiert, Scaglione habe nicht gewollt, dass die Marke 105 verschwindet.
„Der Konkursverwalter will heute Mittwochabend auch das Nonstop-Programm aus den versiegelten 105-Studios abschalten. Das wäre der Gau gewesen, und zwar sowohl für die Gläubiger, als auch für die Mitarbeiter und Hörer“, sagte Schawinski dem Onlineportal. Er will Mitarbeiter des Senders übernehmen und ein ähnliches Programm auf die Beine stellen. Vorerst sendet auf den 105-Frequenzen jedoch nur ein Musikprogramm mit gelegentlichen aktuellen Beiträgen.
Update II vom 15. Januar:
Nach Intervention des Konkursverwalters musste Roger Schawinski die Sendungen auf der Frequenz von 105 aus dem Radio-1-Studio nach wenigen Stunden wieder einstellen. Das berichtet soeben „20 Minuten“, vgl. Schawinski sendet nicht mehr auf 105
Weiterführende Informationen
Airchecks über das drohende Aus von Radio 105