Die Schweiz gilt als eines der Musterländer in Sachen Digitalradio. Nun meldet sich Medienpionier Roger Schawinski zu Wort: Mit der Entwicklung von DAB+ zeigt er sich nicht zufrieden, zumindest nicht, wenn es um seinen Sender Radio 1 geht. Nur vier Prozent seiner Hörer würden Radio 1 über dem digital-terrestrischen Wege empfangen, sagte er gegenüber „Schweiz am Sonntag“, wie das Onlineportal persoenlich.com berichtet. Nun denke er über einen DAB-Rückzug nach. Aktuell wird das 2008 gestartete Hörfunkprogramm zusätzlich zu vier UKW-Frequenzen auch über einen regionalen Multiplex verbreitet. Glücklich ist der Senderchef darüber offenbar nicht mehr, nachdem er sich Ende 2012 zusammen mit anderen Regionalsendern noch für einen digitalen Sendeplatz entschieden hatte. Inzwischen wurde entschieden das entsprechende Sendernetz zu vergrößern, was auch Auswirkungen auf die Verbreitungskosten haben dürfte. Ob Schawinski nun tatsächlich die DAB+-Verbreitung abschalten will und künftig doch eher auf IP-basierte Systeme setzt, ist noch offen.
Seinen Standpunkt nachvollziehen kann Karin Müller, Geschäftsführerin von Radio 24 aus Zürich, das einst von Roger Schawinski gegründet wurde. „Kostenmäßig ist DAB+ in der Schweiz anspruchsvoll, vor allem in der Zeit, während UKW und DAB+ parallel unterhalten werden müssen – das ist in der heutigen wirtschaftlichen Lage ein enormer Kostenpunkt“, sagte sie gegenüber RADIOSZENE. Von der Technik DAB+ hält man im Hause Radio 24 weiterhin viel, man ist seit Mitte 2011 im größten Multiplex der Privatsender in der Deutschschweiz vertreten.
„Radio 24 ist zufrieden mit der überregionalen DAB+-Verbreitung“. Im Fall Radio 24 werde die überregionale Verbreitung, wie für alle Privatsender, wichtig, sobald sie in der Radiocontrol-Messung enthalten sei. „Die Empfangsqualität ist gut“, so Karin Müller in Bezug auf Digitalradio. „Die Bedienung eines DAB+-Geräts im Auto ist schnell und einfach, mit zusätzlichen Tools wie der Einblendung von CD-Covers und interaktiven Optionen wird DAB+ noch interessanter“. Jedoch sei die in der Schweiz wichtige Tunnelversorgung noch eine große Baustelle, generell müsse Radio den Weg „auf den Screen und auf das Mobile“ finden. Ob das via DAB+ oder IP (oder beiden Technologien) geschieht, wird sich zeigen.
Die Meinungen zum Digitalradio gehen auch in der Schweiz auseinander, beim starken SRF dürfte man eine grundsätzlich andere Einstellung zu DAB+ haben als die Privatsender. Was der digital-terrestrische Hörfunk nun also braucht, sind klare Innovationen. Eine davon liefert die Digris AG: Sie will noch in diesem Jahr mit dem Aufbau von lokalen DAB-Multiplexen beginnen, sodass auch kleine Lokalprogramme und Webradios sich einen Sendeplatz leisten können (RADIOSZENE berichtete). Die allererste DAB-Insel dieser Art soll in Zürich entstehen – also im Sendegebiet von Roger Schawinskis Radio 1.
Weiterführende Links
Start für Lokalsender und Webradios auf DAB+
Digitalradio-Upgrade in der Schweiz, auf DAB folgt DAB+
5 neue DAB-Sender in der Schweiz auf Sendung
Fotos: Radio 24