Start für Lokalsender und Webradios auf DAB+

DAB+ in der Schweiz

DAB+  aufgrund der hohen Übertragungskosten kein Medium für lokale Radios, doch diese Meinung könnte sich nun ändern. Das Schweizer Bundesamt für Kommunikation lässt nun kleine DAB-Inseln in der Eidgenossenschaft starten und will so mehr Radiovielfalt schaffen. Thomas Gilgen von der Digris AG erläutert den nächsten Schritt in der Hörfunkzukunft der Schweiz.

Geht es nach dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), sollen nun auch kleine und nicht-kommerzielle Radiosender die Möglichkeit bekommen, digital auf Sendung zu gehen. Heute erteilte sie der Digris AG eine Funkkonzession für den Betrieb von sogenannten DAB+-Inseln in der ganzen Schweiz. Damit kann diese ihr eigenes Sendernetz starten und somit verschiedene Rundfunkprojekte ins Digitalradio hieven. Über 40 Sender seien in der Deutschschweiz bereits an dem Projekt interessiert, darunter Radio Tropic, LoRa Zürich, Radio RaBe, fréquence banane aus Genf, „Rundfunk Zürich„, Radio 4 aus Winterthur oder auch das Internetradio „MAXXIMA„. Auf UKW könnte für diese Sender kein dauerhafter, gut empfangbarer Sendeplatz sichergestellt werden.

„Nach der Testphase in Zürich und Genf beabsichtigen wir in jeder Stadt auf Sendung zu gehen, in der mindestens sechs Programme pro Standort mitmachen“, so Thomas Gilgen, der das Projekt leitet. Noch in diesem Jahr soll der Versuchsbetrieb beginnen, in Zürich soll von der Felsenegg gesendet werden, während der Standort in Genf noch nicht offiziell bestätigt werden konnte.
Wichtig ist bei diesem Projekt zudem guter Indoor-Empfang. „Dazu verwenden wir tiefer liegende Höhenstandorte und ergänzen sie mit kleinen Sendern, die via Gleichfrequenznetzwerk gespiesen werden“, so Gilgen. „Dadurch verdoppelt sich quasi die Empfangsqualität“. Es habe sich gezeigt, dass sich die höchsten Standorte nicht unbedingt für eine DAB+-Versorgung eignen. Nach Angaben des BAKOM soll bis 2015 das Sendernetz erweitert werden.

Für 800 Euro ins Digitalradio

Nach dem maximal sechs Monate dauernden Testbetrieb kann die Sendetechnik ausgebaut und in den Regelbetrieb geführt werden. Auf jeden Programmveranstalter kämen dann Kosten von zirka 1000 CHF, also rund 815 Euro pro Monat zu, so Gilgen. Während des Testbetriebs belaufen sich die Kosten nach Angaben von LIMUS auf umgerechnet 630 Euro. Wer tatsächlich in den neuen Multiplex aufgenommen wird, entscheidet der „Radiorat“ der Digris selbst und nicht wie auf UKW üblich das BAKOM. Auch in Deutschland gäbe es bereits interessierte Gruppen, die die Entwicklungen in der Schweiz verfolgen würden.

Nach Angaben des BAKOM hat die Digris AG als Programmkonzessionärin auf Gesuch hin Anspruch auf Beiträge aus der Technologieförderung, wenn sie eine eigene Plattform erstellt und betreibt. Dank dieser Bundesunterstützung, die 75% der Investitionskosten deckt, würden die interessierten Programmveranstalter einen wesentlich günstigeren Zugang zur Digris-Plattform erhalten.

Radioverbände mit im Boot

PURE Sensia
Digitalradio mit Großbildschirm der Firma PURE.

Mitglieder des Vereins LIMUS (in dem die in den Verbänden UNIKOM und ASROC organisierten nicht-kommerziellen Radios bzw. Webradios verbunden sind) haben bereits in der Vergangenheit bei Digitalradio-Projekten in der Schweiz mitgewirkt. So wurden u.a. in Genf entsprechende Tests demonstriert, an denen auch die Europäische Rundfunkunion EBU beteiligt war. In Dänemark wird zudem nahe Kopenhagen ebenfalls ein von einem Lokalsender in Eigenregie betreutes Digitalradio-Angebot ausgestrahlt.

Bei diesen und auch beim künftigen Digris-Netz kommt eine softwaregestützte Technologie ein, die mit wesentlich tieferen Kosten auskommt, als bei den bisherigen, überregionalen  DAB+-Sendegebieten. Das Zauberwort lautet „Software Defindes Radio“. Entwickelt wurde das „SDR“ in der für diesen Zweck passende Ausführung in der Schweiz bei OpenDigitalRadio.org. Auf dieser Webseite sind zudem nähere Details über die technischen Hintergründe und Testsendungen zu finden. Der Empfang ist natürlich mit allen herkömmlichen DAB+-Radiogeräten möglich.

Nebst der Funkkonzession besitzt die Digris AG eine gegenwärtig ungenutzte Konzession für die Veranstaltung eines DAB-Programms, die bei Betriebsaufnahme der DAB-Plattform wieder aktiviert wird, so das BAKOM in einer Pressemitteilung. Gegenwärtig produziert die Digris AG eine von Nutzern gestaltete, über das Internet verbreitete Programmplattform namens „Openbroadcast„, das auch über DAB+ zu hören war.

Digitalradio-Musterland

Die Schweiz gilt als Musterland in Sachen DAB+. Neben vier Sprachregionalen Netzen sind inzwischen in der Deutschschweiz zahlreiche Privatsender on air, teils in einem dritten, regionalen Netz. Die Romandie wird in der zweiten Hälfte 2013 neben der bestehenden SRG-Plattform eine zweite DAB+-Bedeckung erhalten, auf der die Privatradioprogramme der Westschweiz verbreitet werden.

Private und öffentlich-rechtliche DAB-Sender in der Schweiz 2012DAB-Sender Schweiz 2

Derzeit in der Deutschschweiz empfangbares Digitalradio-Angebot. Die sechs letztgenannten Programme senden auf dem Regionalnetz Nordschweiz der SwissMediaCast. Hinzu kommen dort noch die Regionalausgaben von SRF Radio 1 sowie in den Grenzregionen zu Deutschland bzw. anderen Kantonen entsprechende zusätzliche Angebote.

 

Damit dürfte der DAB+-Ausbau nicht abgeschlossen sein: Im Rahmen der Interessenabklärung, die das BAKOM im Frühling 2013 durchführte, wurden sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz Absichtserklärungen für weitere digitale Bedeckungen abgegeben, so das Bundesamt. Besonders die aktuellen Entwicklungen rund um die Digris AG könnten diesbezüglich, aber auch  für Deutschland wegweisend im weiteren Ausbau von Digitalradio sein.

 

Weiterführende Informationen:

Programminfos und Ausbreitungskarte der bestehenden Netze