Eumann: „Wieviel Radiowellen wollen wir uns leisten?“

Eumann 67 ARD Wellen big

Der Deutschlandfunk und die 67 mal ARD: Öffentlich-rechtliche Reformen werden auch an den Radios nicht vorbeigehen

„Rundfunk ist Ländersache“ – kein anderer Satz aus der alten deutschen Medienwelt macht deutlicher, wie renovierungsbedürftig nach 14 Jahren Google und einer knappen Dekade „Web2.0“ besonders die öffentlich-rechtliche Seite unseres „dualen“ Rundfunksystemes geworden ist.

Gleichzeitig sind die einzelnen Anstalten von einer Vielzahl weiterer Problemchen geplagt: Finanznöte, Länderausgleich, Netzkonkurrenz, Content-Dopplung, Kreativitätsmangel, Bürokratie, Verwaltungslastigkeit, Geldverschwendung für Hörerbindungsaktionen, journalistische Verflachung, Reichweitenverlust. Über allem schwebt ein selbstauferlegter Quotendruck, der nirgends im Auftrag geschrieben steht, die Angebote aber austauschbar und damit entbehrlich macht.

Alle ARD-Wellen (Quelle: ARD.de)
Alle ARD-Wellen (Quelle: ARD.de)

Jedoch: Auch der digitale Krug geht nur solange zum Brunnen, bis er bricht. Sprich: Irgendwann sind die Baustellen so groß, dass sie auch von den Anstaltslenkern nur noch schwer kleinzureden sind. Die Folge: Wasser auf die Mühlen jener, die mit der Diskussion um die zukünftige Aufstellung die gebührenfinanzierte Medien- und Machtmaschine auch kräftig reformieren wollen. Dabei liegt diese Debatte aber längst nicht mehr in irgend einer fernen Zukunft – wir befinden uns mitten drin.

Deutlichstes Anzeichen dafür: der Diskurs um die „Digitalkanäle“ von ARD und ZDF. „Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen“, singt Johannes Beermann auf der sächsischen Seite der Politik. „Eingriff in die Rundfunkfreiheit“ poltert es dagegen aus den Gräben der Medienmacher und -betroffenen. Zwei Beispiele dafür, dass allein in diesem Diskussionsstrang nicht nur mit Wattebällchen geworfen wird.

Dr. Marc Jan Eumann (NRW-Staatssekretär für Medien)
Dr. Marc Jan Eumann (NRW-Staatssekretär für Medien)

Wird die Auseinandersetzung um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks deshalb aber allein auf die „Digitalkanäle“ im Fernsehen beschränkt bleiben? Die Antwort: Nein. Längst sind auch andere Abteilungen in den Reformierungsfokus geraten. Jetzt neu als Verhandlungsobjekt aufgetaucht: Das dicke Schiff der ARD-Radiowellen. Angepeilt wurde es vom NRW-Staatssekretär für Medien, Dr. Marc Jan Eumann, in der Sendung „Markt und Medien“ des Deutschlandfunks.

Zur schon lange diskutierten Frage nach neuen Strukturen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern und den möglichen Schritten dahin sagte der SPD-Medienmann am Nachmittag des 24. November: „Das System hat 67 Hörfunkprogramme. Durch die digitale Verbreitung ist, anders als in der analogen Welt, natürlich auch von jedem Ort der Welt empfangbar, das was der WDR, das was Deutschlandradio, das was der NDR im Hörfunkbereich abstrahlt. Ob es möglicherweise hier zu einer neuen Struktur kommen muss, ohne dass man die inhaltliche Vielfalt gefährdet – das ist die Diskussion der nächsten drei bis fünf Jahre.“

Das hieße zwar nicht automatisch, dass es künftig weniger Radiowellen geben könnte, so der studierte Völkerrechtler gegenüber dem Kölner Funkhaus weiter. Es gelte aber einige Fragen zu diskutieren. Eumann: „Wieviel Radiowellen wollen wir uns leisten? Ist es nicht so, dass sich das Nutzungsverhalten der Menschen verändert? Die Umstellung von analog auf digital hat, was die Verbreitungskosten anbelangt, zu erheblichen Einsparungen geführt. Ist die analoge UKW-Verbreitung für jedes heute existierende Hörfunkprogramm noch zeitgemäß? Oder ist es nicht kostengünstiger, ohne dass die Qualität und die Vielfalt sich dadurch behindert, ein anderer Verbreitungsweg denkbar und vorstellbar?“

Wir dürfen uns scheinbar auf spannende Radiojahre vorbereiten. Schließlich haben die Diskussionen um die ARD-ZDF-Digitalkanäle – wenn ja, wieviele werden überleben? – auch diesen Spartensendern einige Innovationsschübe in die Sendepläne gespült.