Radio im Internet: Schutzlos, nutzlos, glücklos?

Mehr Innovation im Netz: Next Generation Internetradio

Medientage Logo 200Während das Internet für die Verbreitung von Radiostreams klassischer UKW-Hörfunkprogramme immer wichtiger wird, führen viele Internetradios ein Nischendasein. Webradio-Angebote haben geringe Reichweiten und geringe Werbeumsätze, jedoch große Wachstumsmöglichkeiten. Kommt bald die nächste Generation von Internetradio-Programmen? Moderiert von Elke Löw, suchten Experten im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN nach erfolgreichen Radiokonzepten für die Zukunft.

Glaubt man Helmut G. Bauer, Rechtsanwalt und Radioberater, haben es sich die deutschen UKW- Radioprogrammanbieter in der Internetwelt bequem gemacht: Sie bieten Streams auf allen digitalen Plattformen und manche sogar zusätzliche Musikkanäle. Die etablierten Hörfunkprogramme werden auch online sehr stark gehört, und erste Vermarktungsansätze generieren Zusatzerlöse. Wirkliche Innovationen fehlten jedoch, kritisierte Bauer. Von den großen Radiomarken gebe es keine innovativen Wortprogramme, keine neuen Moderationspersönlichkeiten und keine Kooperationen mit Werbepartnern, Plattformbetreibern oder Musikdiensten. „Die Radios kümmern sich nicht um ihre Zukunft, weil sie genug mit der Gegenwart zu tun haben“, urteilte Bauer.

Helmut G. Bauer (Bild: Medientage München)
Helmut G. Bauer (Bild: Medientage München)

Karlheinz Hörhammer, Geschäftsführer von Antenne Bayern, bestätigte diese Einschätzung, betonte jedoch das große Engagement seines Unternehmens im Internet: Es gebe zahlreiche Internetstreams und viele Social-Media-Aktivitäten. Die Innovationen würden jedoch im analog ausgestrahlten Programm stattfinden. Man müsse sich daher überlegen, mit welchen Konzepten die Relevanz der Hörfunk im Internet gesteigert werden könne. Eine Möglichkeit sei zum Beispiel die Personalisierung von Radioprogrammen. Martin Schmitz, Inhaber von ganz-muenchen.de, lobte insbesondere die Aktivitäten von Antenne Bayern und dem Musiksender egoFM bei Youtube. Das zeige, wie man mit relativ wenig Aufwand sehr viel Wirkung erzielen könne. Die meisten Hörfunkstationen würden solche Social-Media-Aktivitäten vernachlässigen.

Karl-Heinz Hörhammer (Bild: Medientage München)
Karl-Heinz Hörhammer

Im Vergleich zu den Erlösen aus der UKW-Ausstrahlung seien die Online-Werbeeinnahmen marginal, rechnete Hörhammer vor. Die digitalen Angebote würden in Alleinstellung einfach nicht wirtschaftlich funktionieren. Jörg Brandt vom Media-Netzwerk Omnicom Media Group begründete dies damit, dass die Reichweiten fehlten. Für Kunden, die Radio wegen der großen Reichweiten buchten, seien die Online-Reichweiten zu gering. Internetradios könnten deshalb nur über einen qualitativen Ansatz für die Kunden interessant werden.

Matthias Mroczkowski (Bild: Medientage München)
Matthias Mroczkowski

Dem widersprach Matthias Mroczkowski vom Hörfunk-Vermarkter audimark: Gebündelt würden die Internetradios Reichweiten wie ein regionaler Sender erzielen. Allerdings sei die Anzahl der relevanten Programme sehr begrenzt. Von den mehr als 3.000 im Webradiomonitor 2012 der BLM ermittelten Webradios seien nur etwa 150 für die Werbekunden attraktiv.

Georg Hitzenberger (Bild: Medientage München)
Georg Hitzenberger

Auf ganz andere Werbe- und Reichweitenkonzepte setzt dagegen Georg Hitzenberger vom Internetradio play.fm. Er etablierte auf seiner On-Demand-Audio-Plattform zum Beispiel DJ-Channel. Die Inhalte von play.fm sind Radio- oder DJ-Sendungen, die von Personen gestaltet werden. Damit unterscheiden sich die Inhalte deutlich von den algorithmisch zusammengestellten Musikdiensten. Millionen von Zugriffen bestätigten den Trend, auch Radioinhalte zeitunabhängig nutzen zu wollen, sagte Hitzenberger. Die Herausforderung für die Zukunft sei es nicht, lineares Radio ins Web zu bringen. Es gelte vielmehr, den Wettbewerb mit Technologieunternehmen wie Spotify aufzunehmen und die Möglichkeiten des Internets zu nutzen.

Mitschnitt des Panels 8.6 Radio im Internet:

[podcast]http://www.medientage.de/db_media/mediathek/audio/12_audio_2012_1351178945.mp3[/podcast]

Quelle: 
Medientage München