Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat während der MEDIENTAGE MÜNCHEN angekündigt, im ersten Quartal 2013 erstmals die Audio-Verwertungsrechte für die Bundesligaberichterstattung über alle Verbreitungswege exklusiv auszuschreiben. Diese beim Sportrechte-Panel des Institutes für Europäisches Medienrecht (EMR) bekannt gemachte Botschaft sorgte beim Medienkongress für spannenden Diskussionsstoff.
In seinem Einleitungsstatement umriss der Direktor des Saarbrücker Instituts, Dr. Norbert Holzer, die juristische Fundierung der Sportrechte-Vermarktung und die Herausforderung, die entstehenden Lizenzkosten zu refinanzieren. Als Player identifizierte er dabei die Sportveranstalter selbst sowie Medien mit breiter, allgemeiner Berichterstattung und solche, die ausschließlich mit Berichterstattung über Sport befasst sind. Für die Sportveranstalter prägen mittlerweile verschiedene Urteile auf nationaler wie europäischer Ebene die Verwertbarkeit der Rechte. Als weitreichende Entscheidung gilt dabei das Murphy-Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) von 2011, wonach Fußballspiele keine geistigen Schöpfungen darstellen und demzufolge nicht als Werke im Sinne des Urheberrechts geschützt sind.
Für den deutschen Rechtsbereich zeigte Holzer auf, dass auch die Leistungsschutzrechte im Urhebergesetz nicht greifen würden, da Sportler keine ausübenden Künstler seien. Als stärkste Position für Sportveranstalter bei der Vergabe von Rechen sei das Hausrecht zu sehen, das in Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) von 2005 bzw. 2010 ebenso grundsätzlich bejaht wurde wie eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Formen der Berichterstattung. Die Position der Medien wird durch die in Artikel 5 Grundgesetz (GG) garantierte Rundfunk- und Pressefreiheit geschützt, bedarf aber stets des Ausgleichs mit der auf Seiten der Sportveranstalter geltenden Rechte der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und des Eigentumsschutzes (Art. 14 GG). Entscheidend sei dabei die Intensität des jeweiligen Eingriffs durch die Berichterstattung, erklärte Holzer. Reine Sportmedien seien als Teil der Verwertungskette zu verstehen; Lizenzgebühren seien insoweit zulässig. In der von Rechtsanwalt Prof. Dr. Stephan Ory, Wissenschaftlicher Direktor des EMR, geleiteten Diskussion ging es vor allem um Kriterien, die die Abwägung zwischen Exklusivität und Interessen der Berichterstattung in Bezug auf die verschiedenen Medien anleiten könnten.
DFL-Justiziar Dr. Holger Blask qualifizierte das Hausrecht als „Mutter der Verwertungsrechte“, das ausweislich der drei bislang erfolgten Ausschreibungen im audiovisuellen Bereich mittlerweile akzeptiert sei. Für den umstrittenen Audiobereich kündigte Blask für das erste Quartal 2013 eine Ausschreibung der Live-Rechte auf nationaler Ebene an, die nach „UKW-Rechten“ und solchen für „neue Medien“ unterscheide. Dem Interesse an freier Berichterstattung werde zum Beispiel dadurch Rechnung getragen, dass lokale/regionale Hörfunkanbieter über Bundesligaspiele in ihrem Sendebereich weiterhin berichten dürften. Für die Zukunft hielt Blask die Einführung eines speziellen Leistungsschutzrechts für Sportveranstalter für denkbar. In Frankreich gebe es dies bereits. Dort habe der Gesetzgeber auch Pflichten und Schranken im Sinne der freien Medienberichterstattung definiert.
Regiocast-Geschäftsführer Florian Fritsche begrüßte als Lizenznehmer der DFL die Ankündigung der Ausschreibung. Regiocast ist Veranstalter des privaten Hörfunkprogramms 90elf, das via Digitalradio und Internet verbreitet wird. Fritsche sagte, dass sein Unternehmen einen möglichst starken Schutz der Exklusivrechte anstrebe. Diese würden durch verschiedene Angebote, die sich der Möglichkeiten der technischen Konvergenz bedienen, immer wieder tangiert. Als Beispiel nannte er die „Ausdehnung“ regionaler Hörfunkberichterstattung der ARD-Anstalten über die Digitaltechnik, entweder über DAB oder mittels Verlinkung auf Audiostreams über das gemeinsame Portal sportschau.de. Letzteres bezeichne die ARD als Erfindung des Social Radio in der Sportberichterstattung. Auch die Bündelung aller zum Thema Fußball verfügbarer Streams auf einer Plattform sei problematisch. Fritsche beklagte die Vermischung des Ausnutzens von neuen technischen Möglichkeiten mit „Unsicherheiten in der Medienpolitik“ und verlangte für öffentlich-rechtliche Online-Audioangebote sowohl deren regionale Begrenzung mittels Geotargeting als auch eine zeitliche Höchstdauer der Berichterstattung pro Begegnung. Das Angebot von 90elf, zu dem Konferenzberichterstattung und Live-Reportagen einzelner Spiele gehören, werde aus Sponsoring, Werbung und Abonnements finanziert, erklärte Fritsche.
Valdo Lehari jr., Vizepräsident des Europäischen Zeitungsverlegerverbandes ENPA und Vorsitzender des baden-württembergischen Verlegerverbandes, unterstrich die Rolle der Presse für die „Grundberichterstattung“. Sie verschaffe als „Durchlauferhitzer“ den Sportlern, Vereinen und Verbänden deren merkantilen Wert. Es könne nicht akzeptiert werden, dass hierfür – auch angesichts der Tatsache, dass Journalisten mittels Fotos und Texten eigene Werke schafften – noch ein Lizenzentgelt verlangt werde. Presseberichterstattung im Print- und Onlinesektor sei zeitlich nachfolgend und daher deutlich weniger eingriffsintensiv als die direkte (Live-)Vermittlung des Ereignisses über Video- und Audiodienste. Die Aufmerksamkeit der europäischen und internationalen Sportverbände konzentriere sich auf Sponsoren und audiovisuelle Medien als Verwertungspartner; die besonderen Erfordernisse der Presseberichterstattung müssten deshalb aktiv vertreten werden. Lehari plädierte dafür, sich bei der Rechtevermarktung an den konkreten Inhalten zu orientieren, statt Vertriebswege als Kriterium zu wählen. Je mehr der Fußball zum Wirtschaftsgut werde, desto weniger gälten für ihn die Regeln als Kulturgut.
ZDF-Justiziar Peter Weber beleuchtete die Doppelrolle des öffentlich-rechtlichen Senders, der sowohl durch allgemeine Berichterstattung als auch als Sportmedium bei Live- und Exklusivübertragungen von Fußballspielen seinem vom Bundesverfassungsgericht verbrieften Programmauftrag nachkomme und so identitätsstiftend wirke. Die Urteile des EuGH bzw. BGH zeigten aus seiner Sicht die Grenzen für Exklusivrechte auf, die bei der Sportvermarktung im Sinne der Berichterstattung zu berücksichtigen seien. In Zeiten von Konvergenz und ConnectedTV müsse stets eine neue Klärung des Spannungsverhältnisses erfolgen. Eine technologieneutrale, alle Plattformen berücksichtigende und einschließende Rechteausschreibung sei für ihn zwingend, jedenfalls bei linearen Angeboten. Weber hinterfragte die Berechtigung eines eigenständigen Leistungsschutzrechts für Sportveranstalter und bezweifelte, bezogen auf die grenzüberschreitende Kabelverbreitung, dass Sportveranstalter in diesem Fall mit einer Wahrnehmung ihrer Rechte durch Verwertungsgesellschaften „glücklich werden würden“.
Quelle: Medientage München (25. Oktober 2012)
Update vom 06.12.2012:
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