MDR-Rundfunkrat erwartet trimediales öffentlich- rechtliches TV-, Radio- und Netz-Angebot für junge Altersgruppen
Der MDR-Rundfunkrat hat in seiner Sitzung am Mittwoch in einem Beschluss festgestellt, „dass der öffentlichrechtliche Rundfunk und somit auch die ARD sich stärker bemühen müssen, junge Altersgruppen im linearen Fernsehen zu erreichen“. Der Erfolg des KiKA zeige, dass es möglich sei, dass ARD und ZDF ein gemeinsames, inhaltlich hochwertiges Programm für die Jüngsten veranstalten können. „Deshalb erwarten wir, dass ARD und ZDF einen gemeinsamen trimedialen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal für die Zielgruppe ab 14 Jahre starten“, formulierte das Gremium in seinem Beschluss.
Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt der Rundfunkrat des MDR, „dass die ARD einen eigenen Jugendkanal startet“. Um den Erfolg eines solchen Kanals möglich zu machen, „ist es zwingend notwendig, dass dieser die realen Lebenswelten junger Menschen abbildet“. Der Rundfunkrat erwartet von der ARD, „dass dieser Jugendkanal attraktive Angebote der jeweiligen Landesrundfunkanstalten bündelt“. Hierzu gehörten auch die bereits vorhandenen Angebote der jungen Hörfunkwellen sowie der Telemedienangebote der Landesrundfunkanstalten, wie zum Beispiel von MDR-Sputnik.
In seinem Beschluss äußert der MDR-Rundfunkrat die Erwartung „dass die ARD-Anstalten gemeinsam gewillt sind, diesen Jugendkanal als erfolgreiche Marke zu etablieren“. Zudem betrachtet der Rundfunkrat einen solchen Kanal als einen Bestandteil eines Gesamtkonzepts zur Erreichung junger Zielgruppen, das in diesem Zusammenhang inhaltliche, aber auch wirtschaftliche und strukturelle Fragen beantworte. Dieser neue Kanal dürfe aber nicht automatisch zu finanziellen Mehrbelastungen der Landesrundfunkanstalten führen.
Die Zeit sei reif, sagte Rundfunkratsvorsitzender Horst Saage, das schon länger im Raum stehende Projekt eines öffentlich-rechtlichen Jugendkanals strukturiert anzugehen. Insoweit wolle der MDR-Rundfunkrat Impulsgeber sein. Mit besonderer Freude habe der Rundfunkrat gerade in den zurückliegenden Tagen Signale für eine breite Unterstützung eines Jugendkanals auch aus der Politik aufgenommen.
Derzeit gehe es weniger um Standort- und Zuständigkeitsfragen, als vielmehr um Inhalte eines solchen Angebots an jüngere Zuschauer. Allein ein Blick in das reichhaltige Angebot des MDR sowohl im Fernsehen als auch im Netz und im Hörfunk zeige, dass es den neun ARD-Landesrundfunkanstalten bei einer geschickten Ressourcennutzung gelingen könne, ein solches Angebot notfalls auch ohne ZDF-Beteiligung aus eigener Kraft zu stemmen.
MDR-Intendantin Karola Wille hatte in der Sitzung den Rundfunkrat über ein neues ambitioniertes trimediales Projekt des MDR für das jüngere Publikum informiert. Der Sputnik Festivalsommer verlängert die seit Jahren erfolgreiche Radioberichterstattung über die spektakulärsten Musikfestivals in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erstmals ins MDR Fernsehen. In sechs eineinhalbstündigen Sendungen fasst das Fernsehen die Highlights der mitteldeutschen Festivals in Magazinform und als Konzertmitschnitt zusammen. Die Reihe wird von einem breiten multimedialen Angebot unter www.sputnik.de/festivalsommer begleitet, unter anderem mit Livestreams der jeweiligen Sendung. Der Festivalsommer sei ein gutes Beispiel dafür, wie der MDR in Zukunft unabhängig von den Ausspielwegen Inhalte aufbereiten können, sagte die Intendantin: „Die Mediennutzung junger Leute weicht stark von herkömmlichen Mustern ab. Sie wollen Angebote nutzen wann sie wollen, wo sie wollen und auf welchem Weg sie wollen. Darauf werden wir uns beim MDR zunehmend einstellen. Der neue trimediale Festival-Sommer ist in dieser Hinsicht vielversprechend.“
VPRT zu Jugendkanal-Plänen des MDR: Schluss mit dem Verwirrspiel – Gesamtes Digitalkanal-Konzept muss auf den Prüfstand
Zu den Meldungen des MDR-Rundfunkrates, unter Führung des MDR ein Konzept für einen neuen TV-Jugendsender zu entwickeln, erklärte Jürgen Doetz, Präsident des VPRT:
„Diese Forderung dokumentiert einmal mehr die unausgegorene Programmstrategie der Anstalten. Gerade noch wurden entsprechende Planungen vom MDR dementiert, jetzt wieder favorisiert. Fest steht: Der Digital-Auftrag mit sechs Kanälen ist auf breiter Basis gescheitert – und die Hauptprogramme überaltern weiter vor sich hin. Die Medienpolitik ist dringend aufgerufen, die entsprechende Sonderbeauftragung aus dem Gesetz zu streichen. Sie muss alle Kanäle auf den Prüfstand stellen und den öffentlich-rechtlichen Auftrag insgesamt präzisieren. In diese Überlegungen ist auch das Hörfunkangebot einschließlich der Webchannels einzubeziehen.“
Im Zusammenhang mit den digitalen TV-Kanälen wies Doetz auf die nach wie vor verschwindend geringe Zuschauerresonanz nahezu aller Programme hin. Gleichzeitig werde der im Verhältnis dazu noch relativ erfolgreiche Sender ZDFneo teilkommerziell zu Lasten der privaten Programmanbieter ausgerichtet. Im Radiobereich hatte sich der VPRT unlängst gegen eine Umgehung der Deckelung der Programmzahl, die fehlende Ermächtigung für bundesweite Programme (ARD Sportradio) sowie gegen eine Ausweitung der lediglich regional bzw. auf Länderebene beauftragten Programme in andere Gebiete gewandt.
Doetz: „Schreitet die Politik nicht ein, wächst die Gefahr, dass die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter beschädigt wird. Dies zu verhindern sollte erste Pflicht vor allem auch der internen Aufsichtsorgane der Anstalten sein. Im Interesse einer leistungsfähigen Kreativwirtschaft und eines ausgewogenen dualen Systems muss sich auch der private Rundfunk engagiert an dieser Diskussion beteiligen.“