Kritische Bücher über den ORF, das größte, wichtigste und einflussreichste Medienunternehmen in Österreich, sind Mangelware. Das liegt vermutlich daran, dass der ORF das größte, wichtigste und einflussreichste Medium des Landes ist. Jedenfalls liegen so gut wie keine Werke vor, weder wissenschaftliche noch journalistische, die die Geschichte des ORF und der SPÖ-Medienpolitik (beides ist untrennbar miteinander verbunden) kritisch aufarbeiten und beleuchten.
Mit „Die roten Meinungsmacher – SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 bis heute“ ist nun erstmals ein Buch erhältlich, das diese Lücke zu füllen versucht. Autor Werner Reichel analysiert die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Senders vom rot-schwarzen Proporzrundfunk der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bis zum Wirbel um Niko Pelinka Anfang dieses Jahres.
Er tut dies wissenschaftlich fundiert, wie die unzähligen Zitate und Verweise belegen, aber durchaus pointiert und polemisch. Dabei schießt er manchmal auch über das Ziel hinaus. Trotzdem, das Buch bietet viele neue spannende Einsichten, es präsentiert bisher wenig bekannte Fakten, stellt sie mit allgemein bekannten Geschehnissen in einen neuen größeren Kontext und legt so die Strategien und Ziele der SPÖ-Medien- und Machtpolitik offen.
Es wird schlüssig erklärt, warum die Sozialdemokraten über Jahrzehnte Privatrundfunk in Österreich ver- und behinderten, warum der ORF und der Einfluss auf ihn bis zum heutigen Tag von so enormer Wichtigkeit für die SPÖ ist.
Zentrale These des Buches: Sozialdemokraten und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sind eine perfekte Symbiose eingegangen. SPÖ- bzw. regierungsfreundliche Berichterstattung erfolgt im Tausch gegen Sonderrechte und Sonderregelungen für den ORF und üppige Gehälter für seine Mitarbeiter.
Die primäre Daseins- und Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt vor allem darin, die Bedürfnisse und Begehrlichkeiten von vorwiegend sozialdemokratischen Politikern zu befriedigen.
Österreichs jüngere Geschichte und die österreichische Gesellschaft wurde und wird entscheidend von der SPÖ-Medienpolitik und vom ORF geprägt.
„Die roten Meinungsmacher“ ist ein wichtiges Buch, weil es erstmals umfassend und kritisch den medienpolitischen Sonderweg Österreichs dokumentiert und das Beziehungsgeflecht und die Abhängigkeiten zwischen ORF und SPÖ analysiert.
Werner Reichel
Die roten Meinungsmacher (281 Seiten)
SPÖ-Rundfunkpolitik von 1945 – heute
Deutscher Wissenschafts-Verlag (DWV)
Erhältlich hier bei bei Amazon (Bezahlter Link)
Webseite des Autors: www.wernerreichel.at