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Der SWR setzt seinen tiefgreifenden strategischen Umbau fort

Ziel ist ein starker und zukunftssicherer SWR

Boudgoust: Orchester- und Studioreform sind Teil des gesamten Umbauprozesses

Peter Boudgoust (Bild: SWR/Rafael Krötz)
Peter Boudgoust (Bild: SWR/Rafael Krötz)

Der Südwestrundfunk (SWR) setzt seinen tiefgreifenden strategischen Umbau fort. Nach dem Start der strategischen Projekte beim SWR Fernsehen, bei den Nachrichten, bei den Angeboten für Jüngere und vor dem Hintergrund des umfassenden Sparprozesses müsse der Sender nun erneut seine Reformfähigkeit unter Beweis stellen. Dies sagte SWR-Intendant Peter Boudgoust bei der Sitzung des Rundfunkrats am Freitag, 16. März 2012, in Stuttgart. Boudgoust: „Der SWR muss jetzt zweierlei auf einmal meistern. Erstens: Wir müssen mit weniger Geld auskommen. Bis 2020 müssen wir 166 Millionen Euro einsparen. Zweitens: Wir müssen uns neuen Rückhalt in der Gesellschaft erarbeiten. Nur wenn unsere Programmangebote in Hörfunk, Fernsehen und Internet unverzichtbar bleiben für die Menschen, werden sie auch weiterhin ihren Solidarbeitrag für ihren SWR leisten.“ Vor diesem Hintergrund müssten auch die jetzt angestoßenen Reformvorhaben bei den Regionalstudios und bei den Orchestern in Baden-Württemberg betrachtet werden. Boudgoust: „Ziel ist es, unsere Orchester an der Weltspitze zu halten und die regionale Berichterstattung als Markenzeichen des SWR in die digitale Welt zu überführen.“ Um dies zu erreichen, so Boudgoust, „müssen wir strukturelle Hemmnisse abbauen und inhaltliche Kompetenzen stärken. Darum geht es bei dem Umbau des Senders: Um einen starken und zukunftssicheren SWR.“

Richtschnur der strukturellen Überlegungen sei der Staatsvertrag über den Südwestrundfunk, in dem der Programmauftrag Information, Bildung und Unterhaltung klar verankert sei. Boudgoust betonte, dass es kein Rangverhältnis zwischen diesen drei weitreichenden Auftragsbestandteilen und auch keine Unterscheidung in einen Kern- und eventuelle Randbereiche gebe. Boudgoust: „Es wäre fatal, würden wir die regional verankerten ‚Tatorte‘ des SWR, ‚Report Mainz‘, die Eifel-Spielfilme ‚Der Bulle und das Landei‘ oder Serien wie die ‚Fallers‘ gegen Regionalnachrichten und Orchester, SWR3 gegen SWR2 oder ‚Verstehen Sie Spaß?‘ gegen eine Kulturdokumentation ausspielen. Letztlich sind sie alle wichtig für den SWR und den Südwesten. Hier kann es kein ‚entweder oder‘ geben.“ Auch das oft angeführte Argument, an Sportrechten zu sparen, führe in die Irre. Boudgoust: „Millionen Sportbegeisterte zahlen gerne ihre Rundfunkgebühr, weil sie samstags eine erstklassige ‚Sportschau‘ bekommen. Millionen Sportbegeistere subventionieren also de facto mit ihrer Gebühr Kulturprogramme und auch Orchester, die vergleichsweise nur für eine Minderheit interessant sind. Genau das macht die Stärke des solidarisch finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus, die umgekehrt aber auch die Kulturliebhaber nicht in Frage stellen sollten.“

Neuausrichtung der Regionalstudios

Der SWR stehe jetzt vor einer Weichenstellung, bei der es gelte, den vorgegebenen Auftrag zu Information, Bildung und Unterhaltung zeitgemäß zu interpretieren. Dazu gehöre auch der multimediale Ausbau der Regionalstudios, damit der SWR auch in Zukunft der verlässliche Informationslieferant im Südwesten bleibe. Boudgoust: „Es hat aber nichts mit Information und auch nichts mit Regionalität zu tun, wenn in sieben SWR-Studios in Baden-Württemberg siebenfach parallel für ein einziges Hörfunkprogramm der Regler am Mischpult hochgezogen wird für eine regionale Sendung, der wir mangels Geld in den vergangenen Jahren mehr und mehr die Beiträge und damit eben die regionale Information heraus streichen mussten. Deshalb wollen wir mittelfristig – wie in Rheinland-Pfalz und wie auch ansonsten überall in der ARD praktiziert – in Baden-Württemberg ebenfalls zu einer landesweiten Frühsendung in SWR4 kommen.“

Die Studios selbst blieben wie auch alle Regional- und Korrespondentenbüros sowohl in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz erhalten. Erst im Jahr 2016 greife die Reform. Es bleibe also genug Zeit, um gemeinsam mit den Mitarbeitern in den Studios den genauen Weg hierfür zu erarbeiten. SWR-Intendant Boudgoust: „Statt in Parallelstrukturen stecken wir unser Geld künftig verstärkt in Reporter, die Themen und Geschichten recherchieren sollen in den Regionen. Und diese Beiträge werden künftig viel selbstverständlicher als bisher in allen Programmen des SWR zu sehen und zu hören sein, im Internet zum Beispiel oder in SWR3. Denn nicht nur Menschen, die gerne Schlager hören, interessieren sich dafür, was um sie herum passiert.“

Zukünftige Neuaufstellung der Orchester

Der Spardruck und die Zukunftssicherung des Senders beträfen auch die Orchester, sagte Boudgoust: „Würden wir die Orchester ausklammern beim Sparprozess, müssten wir umso tiefer ins Programm einschneiden. Da beide Orchester schon jetzt an der Untergrenze bei Personal und Finanzen angekommen sind, ist es auch keine Option, die Sparschraube bei ihnen noch stärker anzuziehen.“ Dies würde bedeuten, dass sowohl das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR als auch das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg über kurz oder lang in die Bedeutungslosigkeit absinken würden. Ebenso wie beim Thema Studioreform werde auch bei den Orchestern nichts übereilt umgebaut. Sämtliche Optionen würden geprüft und frühesten ab 2016 umgesetzt. Der SWR-Intendant erklärte, dass aus seiner Sicht das Modell einer Fusion das überzeugendste sei. Boudgoust: „Vor die Wahl gestellt entscheide ich mich gegen zwei ins Mittelmaß kleingesparte Ensembles und spreche mich aus Überzeugung für ein starkes großes Orchester aus, das national wie international im wahrsten Sinne des Wortes ‚die erste Geige‘ spielt.“ In einem weiteren Tagesordnungspunkt stimmte der Rundfunkrat einstimmig einer Stellungnahme des Telemedienaussschusses zu, der die rechtskräftigen Telemedienkonzepte weiterhin als Grundlage aller Telemedienangebote des SWR sieht.

XPLR: MEDIA Radio-Report