Fehlender politischer Wille: Andreas March, der Überlebenskampf und die Zukunft von Radio blau
Wie weiter mit Radio blau? Das ist eine Frage, die viele Menschen in Leipzig beschäftigt, manch sächsischer Medienpolitiker vielleicht aber auch gern schon abgehakt hätte. Der messestädtische Bürgerfunk hat in den letzten Jahren viele Tiefen aber auch daraus resultiernde Höhen erlebt. Die Zukunft jedoch bleibt weiter ungewiss.
Wir haben uns mit dem Vorstandsvorsitzender des Radiovereins Leipzig, Andreas March, in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, wie es aktuell um den Sender steht und welche Pläne es für die Zukunft gibt. March ist der Vorsitzende des betreibenden Vereines. Seine Antworten kamen in geballter Form – es geht um Radio im Ehrenamt, Spenden für freies Radio und sächsische Teflonpolitik. Trotz der Themenfülle hat RADIOSZENE sich lediglich für das kleine Schneidwerkzeug entschieden – da sich in diesen Zeilen nicht nur einige Eigenheiten des Freistaates zwischen Elbe und Pleiße spiegeln, sondern March am kleinen Beispiel Radio blau auch aufzeigt, dass es in der derzeit brodelnden Medienrevolution um weit mehr als nur Flatrates, Smartphones und Urheberrechte geht.
RADIOSZENE: Andreas, bitte erst einmal bitte aktuelle Situation: Wie steht es um den Leipziger Bürgerfunk derzeit allgemein – wie geht es Radio blau? Wieviele Sendungsmacher arbeiten derzeit am Programm? Was waren die Tiefpunkte 2011? Welche Fortschritte gab es in letzter Zeit?
March: Wir senden. Und zwar im siebzehnten Jahr. Was bei den Voraussetzungen für selbstbestimmtes Radio in Sachsen sicherlich keine Selbstverständlichkeit ist. Und Jahr für Jahr erkämpft werden muss.
Die Zahl der Sendungsmachenden liegt über die Jahre relativ konstant bei etwa 150. Manche sind mehr fürs Radio aktiv, andere weniger. Erfahrene Sendungsmachende hören auf, Neulinge steigen ein. Mit ihnen kommen neue Ideen und andere Meinungen ins Radio. Was sowohl im Programm durch neue Sendungsideen hörbar ist als auch das Radio als Ort des offenen Meinungsaustausches immer wieder aufs Neue spannend macht.
Der Tiefpunkt im vergangenen Jahr war sicherlich, dass sich unsere Hoffnungen nicht erfüllt haben, die wir in den neuen Medienrat gesetzt hatten. Uns wurde zwar die Möglichkeit eingeräumt, unser Radio zusammen mit den beiden anderen sächsischen Freien Radios in einer Medienratssitzung vorzustellen. Dennoch gab es im Medienrat keine Mehrheit dafür, wenigstens die Übertragungskosten der drei Radios in Höhe von 50.000 Euro im Jahr vollständig zu übernehmen. Sehr gefreut hat uns dagegen, dass sich jetzt im dritten Jahr hintereinander eine Stadtratsmehrheit für eine Förderung von Radio Blau ausgesprochen hat.
Zwar mussten wir vergangenes Jahr wieder sehr viel Kraft für die Finanzierung des Radios aufwenden. Glücklicherweise drehte sich aber nicht alles ums Geld. Wir waren wieder bei vielen Ereignissen vor Ort anzutreffen und haben live übertragen und waren Partner von vielen Institutionen bei unterschiedlichen Ereignissen. Auch unser Hoffest war wieder sehr gut besucht und ist mittlerweile zum fixen Termin im Radio-Blau-Jahr geworden. Kurz und gut: Wir haben uns weiter etabliert und sind aus Leipzig nicht mehr wegzudenken.
RADIOSZENE: Die Leipziger Medienwelt hat sich gerade in den letzten Jahren enorm entwickelt – welche Rolle spielt Radio blau aus Eurer Sicht in diesem gewachsenen Medienchor der Messestadt?
March: In unserem Programm finden sich Themen und Musik, die sich in den etablierten Medien nicht finden. Die Auswahl trifft jeder selbst. Dabei spielen journalistische Kriterien wie Aktualität oder Bedeutsamkeit eines Ereignisses eine untergeordnete Rolle.
Radio Blau ist offen für alle. Alter und Herkunft spielen keine Rolle. Diese Offenheit hat allerdings Grenzen: unsere Sendungsmachenden stimmen darin überein, dass es im Programm von Radio Blau keine menschenverachtenden und diskriminierenden Inhalte geben darf.
Auch in der Form und der Wahl ihrer Sprache sind unsere Sendungsmachenden frei. Unser Programm ist nicht dafür geeignet im Hintergrund zu dudeln. Wir machen Radio zum Einschalten, nicht zum Durchhören. Und Letzteres verlangt manchmal Aufmerksamkeit.
Lokale Themen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Programms, allerdings auch deren regionale, nationale und globale Ursachen. Für politische und kulturelle Subkulturen und Szenen spielt Radio Blau vor allem als Kommunikationsplattform eine wichtige Rolle. Bei uns können sie für sich selbst sprechen, während sie in den etablierten Medien nicht oder lediglich als Klischee vorkommen.
Die Vollversammlung vergibt Sendezeiten, mischt sich jedoch nicht in die Sendungsgestaltung ein. Wir erwarten dafür von unseren Sendungsmachenden, dass sie sich bei Bedarf der Kritik der Gesamtheit der Radiomachenden stellen. Bei unterschiedlichen Meinungen kommt es zur inhaltlichen Auseinandersetzung untereinander. Das macht Radio Blau zu einem einzigartigen Ort für offene Kommunikation und demokratisches Miteinander. An keinem anderen Ort in Leipzig treffen vermutlich derartig unterschiedliche Menschen aufeinander.
RADIOSZENE: Der Ausstieg von Apollo-Radio aus der Co-Finanzierung für die Sende- und Leitungskosten hat Radio blau vor zwei Jahren vor große Geldfragen gestellt. Die Stadt Leipzig ist eingesprungen; zunächst mit 20.000, dann mit 10.000 Euro Jahresförderung. Trotzdem blieb da ein Loch. Wie habt Ihr es geschafft, diese Lücke zu füllen? Welchen Anteil hatten Eure Spendenaktionen? Welche Erfahrungen habt Ihr mit dieser Art der Radiofinanzierung gemacht?
March: Grundsätzlich vertreten wir den Standpunkt, dass Bürgermedien als sozial-integrative und lokalpublizistische Institutionen eine gesellschaftspolitische Leistung erbringen und deshalb öffentlich gefördert werden müssen. Wir stehen mit diesem Standpunkt nicht allein da. Zuletzt hat sich beispielsweise Kulturstaatsminister Bernd Neumann für eine Grundfinanzierung der Bürgermedien durch die Landesmedienanstalten ausgesprochen.
In Sachsen ist die herrschende Politik leider weit von dieser Einsicht entfernt, weshalb wir von der ersten Sendeminute an fast alle unsere Kosten selbst bezahlen müssen. Den Großteil der Kosten tragen unsere Sendungsmachenden mit ihren Mitgliedsbeiträgen und Nutzungsgebühren. Daneben gab es immer Dauerspenden (z.B. in Form der alternativen Rundfunkgebühr), Fördermitglieder und die eine oder andere Benefizveranstaltung.
Um die Übertragungskosten bezahlen zu können, die wir seit 2010 zusätzlich zu unseren sonstigen Kosten tragen müssen, sind wir im vergangenen Jahr mit einer Spendenkampagne an die Öffentlichkeit gegangen und haben unsere UnterstützerInnen dazu aufgerufen entweder eine Patenschaft für eine unserer Sendungen zu übernehmen oder Sendezeit zu spenden.
Zum einen sind wir natürlich begeistert, dass unsere Spendenkampagne erfolgreich war. Der Erfolg hat allerdings eine Kehrseite. Wer zu uns kommt, will nämlich Radio machen und nicht Spendenkampagnen konzipieren, Gelder verwalten oder Partys veranstalten. Außerdem haben wir den Anspruch, unsere UnterstützerInnen regelmäßig wissen zu lassen, was sie mit ihrem Geld bewirken.
Kurz: Summen in dieser Größenordnung zusammenzubekommen, bedeutet für uns alle einen riesigen Organisationsaufwand und es muss sich erst herausstellen, ob wir dazu in der Lage sind, neben dem Sendebetrieb dauerhaft die Kraft aufzubringen, uns auf diese Art und Weise zu finanzieren. Es bitten ja nicht nur wir um Unterstützung. Der ganze Sozial- und Kulturbereich wird gerade kaputtgespart und viele bitten private SpenderInnen darum, sie zu unterstützen.
RADIOSZENE: Kurz vor Jahresende 2011 hat der Stadtrat erneut 10.000 Euro für Radio blau bewilligt – wofür soll das Geld verwendet werden?
March: Die Stadt Leipzig fördert nicht unsere Übertragungskosten. Deshalb werden wir mit dem Geld einen Teil unserer Fixkosten bezahlen, zum Beispiel Miete, Heizung und Strom, Internet, Telefon und Büromaterial. Mit den frei werdenden Mitteln können wir dann wiederum einen Teil der Sende- und Leitungskosten bezahlen. Das Geld nimmt den Druck von den Ehrenamtlichen, die finanzielle Zukunft von Radio Blau ausschließlich aus eigener Kraft stemmen zu müssen.
RADIOSZENE: Alle Arbeiten im Sender werden seit einigen Wochen nur noch im Ehrenamt erledigt. Warum ist es dazu gekommen? Was ist aus den Stellen für die Koordination geworden? Welche Erfahrungen habt Ihr in den ersten Wochen mit der selbstverwalteten Senderorganisation gemacht? Ist das nur eine Notlösung oder kann das ein Modell sein, das auch langfristig funktioniert?
March: Stellen bei Radio Blau waren immer öffentlich geförderte Stellen (AGH, ABM, Kommunalkombi). Da die Bundesregierung die entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Programme gestrichen hat, gibt es diese Stellen nicht mehr. Wir sind nicht die einzigen Betroffenen. Viele Institutionen im Sozial- und Kulturbereich können ihre Arbeit nicht mehr oder nur eingeschränkt fortsetzen, was letztlich zeigt, dass eine Vielzahl dieser Institutionen keineswegs ausfinanziert war.
Allerdings waren diese Stellen immer befristet. Die Kontinuität, die eine Institution in der Größe von Radio Blau in einigen Kernbereichen nötig hätte, um sich auch weiterentwickeln zu können, war mit diesen Stellen nie gewährleistet. Und würde eigentlich wenigstens auf einigen Stellen dauerhaft festangestellte MitarbeiterInnen erfordern.
Wir befürchten, dass sich an dieser Situation nicht allzu schnell etwas ändern wird. Institutionelle Förderung wird heutzutage zugunsten von Projektförderung zurückgefahren. Woher das Geld kommt, um überhaupt eine Institution zu finanzieren, die verlässlich diese Projekte umsetzen soll, danach fragt niemand mehr. Die Frage, ob das Modell funktioniert oder nicht, stellt sich uns nicht. Es muss funktionieren, da es keine Alternativen gibt. Vieles von dem, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, werden wir allerdings nicht aufrechterhalten können.
Bisher haben wir mit der Selbstverwaltung gute Erfahrungen gemacht. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Kraft und Ausdauer sich die Beteiligten freiwillig und unbezahlt einbringen. Ähnlich wie bei der Finanzierung ist es zu früh, sagen zu können, ob das Modell Zukunft hat und sich dauerhaft umsetzen lässt. Denn unsere Ehrenamtlichen arbeiten bereits jetzt an den Grenzen ihrer Belastbarkeit.
Unsere Erfahrung zeigt uns, dass sich Radio Blau in der Vergangenheit immer wieder wegen der schlechten Rahmenbedingungen in Sachsen auf neuen Situationen einstellen musste und uns dabei immer wieder überrascht hat.
RADIOSZENE: Was gibt es Neues zur Sache mit der Änderung des sächsischen Privatrundfunkgesetzes zu vermelden? Wie ist hier der aktuelle Stand? Überhaupt: Welche Fortschritte gibt es bei der Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesmedienanstalt SLM zu vermelden?
March: Mit der schwarz-gelben Landtagsmehrheit wird es keine Änderung des sächsischen Privatrundfunkgesetzes zu unseren Gunsten geben. Die Aussagen diverser PolitikerInnen sind sehr eindeutig. Was fehlt ist der politische Wille.
Der sächsischen Regierungspolitik liegt ja ein recht formalistisches Demokratieverständnis zugrunde: Demokratie findet im gewählten Landtag statt, in dem schwarz-gelb eine Mehrheit hat. Demokratie als aktives Gestalten des gesellschaftlichen Lebens unter Einbeziehung möglichst aller Menschen in die politische Willensbildung, inklusive Kritik an staatlichen Strukturen oder gar der CDU, wird bestenfalls argwöhnisch beäugt, schlimmstenfalls kriminalisiert.
In unserem Fall spielt die Uneindeutigkeit der Gesetzeslage den Regierungsparteien natürlich in die Hände. Sie können uns am langen Arm finanziell verhungern lassen, ohne sich in Aussagen gegen uns zu äußern.
Aus der SLM schallen uns sehr viel deutlichere Töne entgegen: unser Programm sei „ideologisch stark gefärbt“, wir böten einen „Sendeplatz extrem linker Meinungen“. Und während das Europäisches Parlament die gesellschaftliche Notwendigkeit von Community Media betont, werden wir von der SLM zum „Auslaufmodell“ und Nischenprogramm erklärt.
Leider stellt sich die SLM nicht einer öffentlichen Diskussion über die Zukunft der Bürgermedien. Themen gäbe es viele: Qualitätsentwicklung, Digitalisierung, Medienkompetenz. Es wird zwar sehr viel über uns geredet, leider sehr wenig mit uns. Andere Landesmedienanstalten sind da sehr viel ambitionierter und entwickeln zusammen mit den nichtkommerziellen Lokalradios Zukunftsszenarien.
Die Vorstellung von Bürgermedien erschöpft sich bei der SLM eben in ihrem Hätschelkind Ausbildungs- und Erprobungskanäle, wofür sie dieses Jahr rund 1,6 Millionen Euro aufbringt. Die SAEK sind aus unserer Sicht allerdings keine Bürgermedien, da die NutzerInnen – anders als unsere NutzerInnen – keinerlei Mitbestimmungsrecht an der grundsätzlichen Ausrichtung und weiter reichenden Programmfragen haben. Dem staatlichen Kontrollbedürfnis und Misstrauen gegenüber einer aktiven Zivilgesellschaft entsprechen diese Medienkompetenzzentren der SLM natürlich sehr viel mehr.
RADIOSZENE: Trotz der finanziell angespannten Lage hat Radio blau sich bei einem Projekt geweigert, die für damit verbundene Fördermittel nötige Unterschift unter die „Extremismusklausel“ zu leisten. Welches Projekt war betroffen? Warum habt Ihr nicht unterschrieben, auch wenn das Vorhaben dadurch gefährdet wurde?
March: Betroffen war das Projekt StraßenEckenRadio. Dahinter steckt die Idee eine Woche lang unser tagesaktuelles Magazin live aus einem Leipziger Stadtteil zu senden und Radio Blau näher an seine HörerInnen zu bringen.
Für das Projekt hatten wir Gelder beim Aktionsfonds des Lokalen Aktionsplans beantragt. Da die Gelder zum Teil vom Bundesfamilienministerium kommen, hätten wir die Extremismuserklärung unterschreiben müssen. Was wir verweigert haben. Die Projektkosten wurden uns dann letztlich von der Stadt Leipzig erstattet.
Wir lehnen die Extremismuserklärung ab und berichten auch regelmäßig in unserem Programm über die Aktionen gegen die Erklärung. Wir halten nichts davon, die Gesellschaft in ExtremistInnen und Nicht-ExtremistInnen einzuteilen. Dies widerspricht der Realität und wird von zahlreichen wissenschaftlichen Studien über die gesamtgesellschaftliche Zustimmung zu rechten Ideologien belegt – Rassismus und Antisemitismus sind fest in der Mitte der Gesellschaft verankert und keineswegs lediglich ein Randphänomen.
Radio Blau steht für die offene inhaltliche Auseinandersetzungen mit gesellschaftsrelevanten und -kritischen Themen – ein für Demokratien wichtiger Prozess der öffentlichen Meinungsbildung. Mit der Extremismuserklärung sollen dagegen unserer Meinung nach kritische Stimmen mundtot gemacht werden.
RADIOSZENE: Das Medium Radio wird immer öfter über digitale Wege genutzt – Detektor FM zum Beispiel hat sich rein Netz-basiert in zwei Jahren von Leipzig aus einen bundesweiten Namen gemacht. Radio blau hingegen steckt viel Kraft und Geld in die Absicherung der UKW-Verbreitung – digital gibt es nur einen Stream und einen ruhenden Podcast-Kanal. Warum diese Konzentration auf die analoge Terrestrik? Was ist mit DAB+? Welche Pläne gibt es für die digitale Zukunft des Leipziger Bürgerfunks?
March: Die digitale Zukunft ist ja nicht kostenlos zu haben. Eine zusätzliche Ausstrahlung unseres Programms im Digitalradio DAB+ ist für uns nicht bezahlbar. Mit einer langfristigen Finanzierungszusage der SLM würden wir natürlich DAB+ sehr gern als weiteren Verbreitungsweg zusätzlich zu UKW nutzen.
Wir kritisieren allerdings wie der Bundesverband der Freien Radios die bundesweite Festlegung auf einen Übertragungsstandard. Bei der Entscheidung für einen Standard muss für alle Beteiligten die Teilhabe am zukünftigen digitalen Rundfunk gewährleistet sein. Insbesondere nichtkommerziellen und kommerziellen lokalen Radiostationen müssen im Sinne der Medienfreiheit gleichberechtigte Entwicklungschancen geboten werden.
DAB+ halten wir durch die Multiplexstruktur bedingt für lokal verbreitete Radios geeignet. Sehr viel geeigneter ist unserer Meinung nach das relativ neue DRM+. Der Vorteil liegt in der individuellen Ausstrahlung eines jeden Radioprogramms. DRM+ ermöglicht eine sehr viel individuellere Sendegebietsplanung und Lizenzvergabe.
Unserer Ansicht nach ist die terrestrische Verbreitung über UKW nach wie vor die geeignetste Variante, lokalen Hörfunk auszustrahlen. Deshalb halten wir an der Ausstrahlung bis zur endgültigen UKW-Abschaltung fest. Das Abschaltdatum wird ja mit ziemlicher Sicherheit demnächst auf das Jahr 2025 verschoben.
Das Internet nutzen wir seit langem als Zweitverbreitungsweg. Bei geringer HörerInnenzahl ist der Betrieb eines Streamingservers ja recht günstig. Mit der steigenden Anzahl der Hörenden wachsen die Serverkosten allerdings proportional zur Anzahl der Hörenden. Da zudem das Internet in absehbarer Zeit nicht für alle umsonst zur Verfügung stehen wird, möchten wir nicht auf das Internet als alleiniges Übertragungsmedium angewiesen sein. Darüber hinaus ist der mobile Empfang von Internetradio sehr eingeschränkt möglich und mit zusätzlichen Kosten verbunden – nicht jeder kann sich ein internetfähiges Handy leisten – und es besteht eine zusätzliche Abhängigkeit von den Internet-Providern.
RADIOSZENE: Welche Ziele gibt es für Radio blau im Jahr 2012? Was wünscht sich der Vorstand des Radiovereins Leipzig e.V. für die Zukunft von Radio blau?
March: Wir wünschen uns, dass uns unsere HörerInnen gewogen bleiben und uns weiterhin unterstützen wie bisher. Nicht nur finanziell, sondern auch mit Lob und Kritik. Außerdem wünschen wir uns ständig neue Radiomachende, die unser Programm mit ungewöhnlichen Sendungsideen bereichern.
Als Hauptverantwortliche wünschen wir uns, dass uns in nächster Zeit ein erfolgreicher Generationenwechsel gelingt. Einige von uns tragen jetzt seit fünf und mehr Jahren freiwillig und unbezahlt Gesamtverantwortung für das Radio. Durch die permanente Unsicherheit der Finanzierung geht das an die Grenzen der Belastbarkeit. Außerdem würde eine neue Generation eigene Ideen und Arbeitsschwerpunkte ins Radio bringen.
Weiterhin bestehen bleiben natürlich unsere Forderungen: eine Finanzierung aus dem Haushalt der Landesmedienanstalt, eine gut empfangbare UKW-Vollfrequenz in Leipzig und dass wir bei der Digitalisierung des Rundfunks nicht übergangen werden.