Sparpläne sind auch Thema in der heutigen Sitzung des SWR-Rundfunkrats
Die Kürzungspläne des öffentlich-rechtlichen Rundfunkversorgers im Südwesten haben sogar Politiker und Gewerkschaftsbosse aufgeschreckt. Der Südwestrundfunk (SWR) will bis zum Jahr 2020 rund 166 Millionen Euro einsparen. Zu diesem Zweck gibt es konkrete Überlegungen, Programme der Regionalbüros Offenburg, Lörrach, Villingen-Schwenningen und des Studios Freiburg ersatzlos zu streichen. Den regionalen Frühsendungen droht ab 2016 das Aus; subregionale Mittagsmagazine für Baden-Württemberg werden bereits ab 2013 der Vergangenheit angehören.
Regionale Frühsendungen sollen auf eine einzige landesweite Frühsendung reduziert werden
Angesichts der bislang vorbildlichen Arbeit vor Ort ist dies nicht nur in den Augen der Mitarbeiter ein Affront. Für acht Regionalprogramme zwischen Mannheim und Friedrichshafen werden durchschnittlich viereinhalb Stunden Programm je Arbeitstag vor Ort produziert. Zusätzliche lokale Fenster mit halbstündiger Sendezeit wurden gar erst vor wenigen Jahren eingeführt. „Je näher, desto besser“ entwickelte sich zum Erfolg – nicht nur für SWR 4 Baden-Württemberg. Die private Konkurrenz staunt über die Tatsache, dass der SWR damit nur knapp die Top Ten der meistgehörten Sender deutschlandweit verpasst (vgl. Radio Charts)
Ganz wie bei eigennützigen Geschäftsleuten wird das „Sortiment“ angeblich tiefer, dafür aber schmaler. Die vertiefte Regionalberichterstattung soll als Trost für die geplante Reduzierung der Sendezeit um zwei Drittel sowie die zu befürchtende Zentralisierung dienen. Angesichts der völligen Streichung der regionalen TV-Fenster entpuppt sich diese Ausrede aber als Augenwischerei.
Dies ähnelt den Sparplänen des WDR, der von einem großen Widerstand gegen die Reform der Kulturprogramms WDR 3 von den Radiorettern überrascht worden ist (RADIOSZENE berichtete). Die regionalen Strukturen beider ARD-Anstalten sind jedenfalls vergleichbar kompliziert. So sind dem Funkhaus Stuttgart die Studios in Freiburg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim-Ludwigshafen, Tübingen und Ulm zugeordnet. Drei davon betreiben Regionalbüros, denen wiederum Korrespondentenbüros angehören:
- Studio Freiburg: Regionalbüro Lörrach, Regionalbüro Offenburg, Regionalbüro Villingen-Schwenningen, Korrespondentenbüro Waldshut-Tiengen
- Studio Heilbronn: Korrespondentenbüro Schwäbisch Hall und Korrespondentenbüro Tauberbischofsheim
- Studio Ludwigshafen: Regionalbüro Landau, Korrespondentenbüro Mosbach-Buchen
- Studio Tübingen: Regionalbüro Friedrichshafen, Korrespondentenbüro Albstadt-Ebingen, Korrespondentenbüro Biberach, Korrespondentenbüro Konstanz, Korrespondentenbüro Ravensburg
- Studio Ulm: Korrespondentenbüro Aalen
Diese Einteilung ist der ländlichen Struktur und dem rechtlich festgelegten Informationsauftrag geschuldet. Daher ist von Studioschließungen glücklicherweise keine Rede. Programmstreichungen machen sich hauptsächlich dort bemerkbar, wo mehrere Regionalbüros Arbeit zuliefern: im Studio Freiburg. Hauptziel der Sparaktionen ist allerdings eine Zentralisierung der Produktion, wobei Stuttgart als Mittelpunkt festzustehen scheint.
Der Sitzung des Landesrundfunkrates Anfang März wurde wegen der Kürzungspläne besonderes Gewicht nachgesagt. Im nichtöffentlichen Sitzungsteil wurde der Rotstift geschwungen, im öffentlichen Teil der Sitzung stand jedoch nur das Niveau der Karnevals-Berichterstattung im Mittelpunkt.
Heute am 16.März tagt der Rundfunkrat des gesamten SWR. Der Landerundfunkrat Baden-Württemberg wird dort auch die Ergebnisse der Sitzung vom 2./3. März vorstellen. Vermutlich wird dort noch einmal über die regionalen Sparpläne diskutiert, wenn auch nicht entschieden. Die Tagesordnung ist sehr vage gehalten:
- Genehmigung des Protokolls über die Sitzung des Rundfunkrates am 2.Dezember 2011
- Bericht des Vorsitzenden
- Bericht des Intendanten
- Nachrichtenorientierte Startseite www.SWR.de
- Bericht aus den Programmbeiräten Deutsches Fernsehen, ARTE Deutschland TV GmbH
- Berichte aus den Ausschüssen Fernsehen, Hörfunk, Recht und Technik, Telemedien
- Berichte aus den Landesrundfunkräten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
- Aus- und Fortbildung
- Wahl von Ausschussmitgliedern
- 10. Verschiedenes
Gerade im Studio Freiburg fragt man sich: zwar regt sich Widerstand im Ländle – aber wo bleibt die Unterstützung der südwestlichen „Radioretter„?
Aktueller Beweis, wie sehr Streichungen in der regionalen Berichterstattung schief gehen können, sind die aktuellen MA-Zahlen für die Leidensgenossen in Frankfurt am Main: Das vierte Programm des Hessischen Rundfunks verlor Montags bis Freitags zwischen 12 und 13 Uhr, dem einstigen Sendeplatz der Regional-Journale, im zweiten Quartal des Jahres 2011 mehr als 10% der Hörer der gesamten Zielgruppe! Denn eines ist klar: Geschichten ereignen sich im Regionalen – und wer vor Ort ist, kommt als Erster und geht als Letzter!
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Der SWR setzt seinen tiefgreifenden strategischen Umbau fort