WDR-Rundfunkrat fordert neues Gesamtkonzept – erster Erfolg für die kritische Öffentlichkeit
Der WDR-Rundfunkrat hat am Freitag, 2. März 2012, die von der Intendantin vorgelegten „Reform“-Pläne zur weiteren Reduzierung des WDR3-Kulturradios zurückgewiesen. Der Rundfunkrat bat die Geschäftsleitung des WDR stattdessen, ihm zunächst „ein Gesamtkonzept für WDR 3 und gleichzeitig für WDR 5 vorzulegen.“ Rundfunkrat und Programmausschuss würden dann die Chance wahrnehmen, die Argumente der Geschäftsleitung „unter Beachtung der Besonderheiten von WDR 3 als Kulturwelle intensiv abzuwägen und die Intendantin entsprechend zu beraten“.
„Die Radioretter“ begrüßen diese Entscheidung ausdrücklich in heute veröffentlichten Pressemeldung: „Nicht zuletzt verweist die Erklärung des Rundfunkrats nämlich auf „die Vielzahl kritischer Stimmen“, die sich in den vergangenen Tagen unserem Offenen Brief an die Intendantin angeschlossen haben“ (RADIOSZENE berichtete). Bis zur Stunde wurde er von 7500 Hörerinnen und Hörern unterzeichnet, unter ihnen vielen namhaften Journalisten, Künstlern, Kulturschaffenden und Wissenschaftlern aus Nordrhein-Westfalen und der gesamten Bundesrepublik (siehe www.die-radioretter.de).
Die Initiative wertet den Beschluss des Rundfunkrats als Beleg dafür, dass ein demokratisches Engagement, eine kritische Öffentlichkeit Wirkung haben können, wenn sie mit guten Argumenten einhergehen. Auch deshalb will sie sich in den kommenden Monaten intensiv an der Diskussion über die weitere Entwicklung des Kulturprogramms von WDR 3 und auch des Programms von WDR 5 beteiligen: „Die geforderten neuen Konzepte werden wir an den Forderungen messen, die wir in unserem Offenen Brief an ein modernes Kulturradio gestellt haben. Ebenso hoffen wir, dass die vielen engagierten Bürger und Rundfunknutzer, die unseren Offenen Brief unterzeichnet haben und noch unterzeichnen werden, in allen nur denkbaren Formen zu dieser Diskussion beitragen. Nach wie vor erwarten wir, dass die Geschäftsleitung sämtliche dafür relevanten Planungsunterlagen öffentlich zugänglich macht.“
Neues WDR 3-Konzept am 20. März
„Die Radioretter“ befürchten aber, dass das neue Konzept nicht ausgereift sein wird: „Wie wir kurz nach der Entscheidung des Rundfunkrates erfahren haben, scheint die Geschäftsleitung des WDR aber nach wie vor nicht an kreativen Diskussionen und offenen Gesprächen mit Mitarbeitern und Bürgern über die Zukunft des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks interessiert zu sein – sie will schon am 20. März, also in gut zwei Wochen, mit dem neuen Konzept in den Programmausschuss gehen. Warum dieser selbst gewählte Zeitdruck? Es liegt auf der Hand, dass die anstehenden grundsätzlichen und die Detail-Fragen nicht in wenigen Tagen geklärt werden können. Es braucht mehr Raum, um die vom Rundfunkrat genannten Chancen einer weiteren Diskussion tatsächlich wahrzunehmen.
Viele WDR-Mitarbeiter haben die offenen Protestbriefe mit unterzeichnet
Die Radioretter hoffen, dass den vielen freien, aber ebenso den vielen fest angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des WDR, die diese Initiative unterstützt haben, kein Nachteil entsteht: „Wir werden uns an die Öffentlichkeit wenden, sollten sich Anzeichen für Repressionen ergeben. Insbesondere erwarten wir, dass die durch die geplante Reform veranlassten Kündigungen umgehend zurückgenommen werden. Die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sendeanstalten tragen entscheidend zur Öffnung, zur Lebendigkeit und Aktualität der Programme bei. Ihre Rolle muss gestärkt, darf nicht gemindert werden.“, heißt es in der Pressmitteilung.
WDR überrascht von der Resonanz
Die Initiative für Kultur im Rundfunk hat innerhalb weniger Tage eine öffentliche Resonanz erfahren, die die WDR-Geschäftsleitung zu überraschen scheint. Doch diese Resonanz zeigt, wie sehr sich der Unmut über die öffentlich-rechtlichen Programme mittlerweile verbreitet hat – in Nordrhein-Westfalen und in anderen Sendegebieten der ARD: „Dieser Unmut und die dahinter steckenden Ansprüche an einen besseren, klügeren, vielfältigeren, weniger formatierten und Verständnis wie Verständigung schaffenden Rundfunk sollten ernst genommen werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört den Bürgerinnen und Bürgern – nur mit ihnen gemeinsam kann er die Stärke und die Ausstrahlungskraft halten und (wieder) erreichen, die der Programmauftrag meint und die eine Demokratie braucht. Die gestrige kluge Entscheidung des WDR-Rundfunkrates war ein erster Schritt, dessen Bedeutung über Nordrhein-Westfalen hinausgeht.“, so heißt es weiter.
Links
Die Radioretter: Protest gegen „katastrophale Programmpolitik” des WDR
Die Radioretter
Diskussion auf radioforen.de
WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz antwortet auf die Replik der „Initiative für Kultur im Rundfunk“ auf seine Stellungnahme zur geplanten Veränderung bei WDR 3