Was lange währt…? Zur Zukunft des digitalen Hörfunks in Deutschland und Europa
Wie es nach dem Start des Übertragungsstandards DAB plus am 1. August mit dem digitalen Hörfunk weitergeht – diese Frage stand im Mittelpunkt eines Panels der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) im Rahmen der MEDIENTAGE MÜNCHEN. Da sich, wie Moderator Helmut G. Bauer feststellte, der „deutsche Markt sehr stark über die Fortschritte in Europa definiert“, wurden dazu im ersten Teil der Veranstaltung drei europäische Perspektiven vorgestellt.
Dr. Marko Ala-Fossi, Senior Lecturer in Radio an der Universität Tampere, sah die Entwicklung eher kritisch und sprach von einer „weltweiten Frustration“ in Bezug auf das Digitalradio. „Der digitale Hörfunk hat nicht die gleichen Fortschritte gemacht wie das digitale Fernsehen.“ In Europa sähe er nur wenig Wachstumspotenzial – im Gegensatz zu Ländern wie Indien oder China.
Ganz anders beurteilten Matt Deegan, Creative Director beim Digital-Radio-Anbieter Folder Media in London, der über den Erfolg des Digitalradios in Großbritannien berichtete, und Ernst S. Werder, Managing Partner beim Digitalradiovermarkters MCDT in Zürich, die Situation. England und die Schweiz sind europaweit führend bei der Verbreitung von Digitalradio. Deegan und Werder zogen beide ein ähnliches Fazit. Werder formulierte es so: „Wenn man heute nicht beim Digitalradio mitmacht, ist es morgen vielleicht schon zu spät.“
Was und wie viel man zum Aufbau des neuen Ökosystems Digitalradio in Deutschland leisten müsse, wurde anschließend diskutiert. „Es gibt kein Freiticket für Digitalradio“, sagte Bernd Kraus, Geschäftsführer bei Media Broadcast, bezogen auf die Infrastruktur als Voraussetzung für erfolgreiches digitales Radio. Flächendeckung sei „kurzfristig nicht realisierbar“. Kraus hielt fest: „So lange es Kunden gibt, die mit UKW Geld machen, wird es auch UKW-Infrastruktur geben.“
Christoph Homberg, Geschäftsführer des Gerätesherstellers Dual, appellierte in dem Zusammenhang an die Netzbetreiber: „Es gibt noch zu große Lücken in Deutschland.“ Auf der Herstellerseite habe sich viel getan: „Immer mehr Wettbewerber steigen in den Markt ein.“ Er wünsche sich nun noch mehr Werbung seitens der Veranstalter für Digitalradios.
Als „Hochzeit von Inhalt und Technik“ charakterisierte Florian Fritsche, Geschäftsführer von Regiocast Digital, das Digitalradio und berichtete von Kooperationen mit Endgeräte-Herstellern. Das in seinen Augen entscheidende Argument für Digitalradio: „Wir sind dank Digitalradio endlich in der Lage, uns kreativ auszutoben.“ Maßgeblich für die Weiterentwicklung des digitalen Hörfunks sei das gemeinsame Projektbüro der Öffentlich-Rechtlichen, der Privaten und des Deutschlandradio zum Digitalradio.
Dem schloss sich Dr. Willi Steul, der Intendant des Deutschlandradios an: „Hier haben wir erstmals ein wirklich gemeinsames Interesse. Das ist sehr interessant.“ Für das Deutschlandradio sei „DAB die einzige realistische Möglichkeit, dass man Deutschlandradio im gesamten Bundesgebiet flächendeckend empfangen kann.“ Die Herausforderung für die Zukunft sei es, „die Menschen davon überzeugen, dass DAB die Zukunft ist“. Denn die Entscheidung für Digitalradio sei nicht nur eine politische und wirtschaftliche Entscheidung: „Digitalradio bedeutet Mehrwert.“
Weitere Informationen: www.medientage.de.