Medientage München: „Mein Radio bei mir“

Mobile and Social: Position und Potenziale von Radio in der veränderten Medienwelt

Medientage Münche6Damit Radiomarken in Zukunft im intermedialen Wettbewerb bestehen können, müssen sie sich an den Nutzungsgewohnheiten der so genannten Digital Natives, also der heute 14- bis 29-Jährigen, orientieren. Immer mehr Hörer wollen die Sendeformate auf ihrem Smartphone empfangen, sie wollen über digitale soziale Netzwerke unmittelbar mit den Programmmachern auf Augenhöhe kommunizieren und es muss eine Auswahl an Programmen geben, die inhaltlich individuell auf die Vorlieben des Users zugeschnitten sind. Das Radio muss seine thematische und regionale Kompetenz, sowie seine Aktivierungskompetenz in das Internet verlängern, so der Tenor auf dem Radiopanel, das von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN veranstaltet wurde.

Klaus Gräff, Geschäftsführer der RBC, einem Business-Development-Unternehmen für Radioanbieter, betonte bei der Vorstellung der Radiostudie 2011, die sein Unternehmen durchgeführt hat, dass die tägliche Online-Nutzung des Radios bei den 14- bis 59-Jährigen zunehme. Dabei steige die mobile Nutzung von Radioprogrammen vor allem bei den 14- bis 29-Jährigen, wodurch das Smartphone der ideale Trigger für die Web-Radio-Nutzung sei. „Die Vielfalt des Radioprogramms mobil, einfach und jederzeit nutzen zu können, das ist der große Benefit für die User“, fasste Gräff die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen.

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Michael Oschmann, Geschäftsführer von Müller Medien, erklärte, dass die digitale Ausrichtung in seinem Unternehmen zweigleisig erfolge. Zum einen werde die Konvergenz des Bestehenden forciert, wodurch z. B. Telefonbuch-Apps entstünden, zum anderen würden neue Anwendungen wie beispielsweise das Service-Angebot „Local Commerce“ entwickelt. Der Dienst „Local Commerce“ ermöglicht dem User, über sein Smartphone Verkaufsstätten in seiner Nähe ausfindig zu machen, über die er gewünschte Güter erwerben kann. „Wichtig für den Erfolg im Social Web ist ein funktionierendes Team, das die Sprache der User kennt und mit ihnen auf Augenhöhe kommuniziert“, hob Oschmann hervor. Für Dr. Karoline Simonitsch, Inhaberin von KS 3 Strategic Development Consulting, müssen Radiomacher die Interaktionsmöglichkeiten der Social Media nutzen, um die User in die Entwicklung von neuen Angeboten einzubinden. „Die Communities im Social Web helfen den Redaktionen, neue Angebote zu entwickeln, die den Usern Nutzen bringen, wenn die Kommunikation mit den Redakteuren Spaß macht“, sagte Simonitsch. Dazu sei aber eine neue Denkhaltung der Radiomacher erforderlich. Eventuell müssten Positionen in den Redaktionen ausgetauscht und mit Leuten besetzt werden, die mit den Umgangsformen im Social Web Erfahrung hätten. Titus Gast, Online-Redakteur beim Südwestdeutschen Rundfunk (SWR), stellte fest, dass die Anzahl der Fans auf Facebook dann zunehme, wenn von den Redakteuren handverlesener Content veröffentlicht werde. „Für die User von Facebook müssen Menschen hinter den Inhalten erkennbar sein“, sagte Gast.

„Das klassische Radio ist ein Begleitmedium und Facebook ist zum Internet-Begleitmedium geworden“, meinte Markus Willnauer, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Cohen + West. Aufgrund dieser Parallelität sei es eine große Chance für das Radio, seine Kernkompetenzen in das Social Web zu verlängern. Wichtig sei es, diese Stärken so mit dem Radiosender zu verbinden, dass er von der Community des Social Webs als Marke wahrgenommen werden würde. Für Willnauer ist es noch offen, ob es den klassischen Radiosendern gelingt, ihr Profil in dieser Hinsicht zu schärfen.

Die Frage, ob die Nutzer von Radiosendern im Internet für neue Applikationen bezahlen oder ob die Apps über Werbung finanziert werden müssten, hängt für Michael Reuter, Mitgründer der auf die Entwicklung von Applikationen spezialisierten Agentur AppAdvisors, von der „User-Experience“ ab. „Sieht der User bei der Anwendung der App sofort einen Nutzen, ist es für ihn ein Erlebnis und er ist bereit, dafür zu zahlen“, sagte Reuter.