Beim Audio-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN haben sich Expert:innen darüber besorgt gezeigt, dass KI-erzeugte Audio-Angebote digitaler Plattformen die Programmformate öffentlich-rechtlicher und privater Hörfunkprogrammanbieter vom Markt verdrängen könnten. Um diesem Wettbewerbsdruck entgegenwirken zu können, sei es notwendig, den Usern redaktionelle Inhalte anzubieten, die Künstliche Intelligenz nicht erstellen könne. Allianzen seien erforderlich, auch zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen. Mehr Nähe zu den Menschen sei nötig, um im Wettbewerb mit den digitalen Plattformen bestehen zu können.

„Wir müssen den Wettbewerb dahin tragen, wo wir ihn gewinnen können“, erklärte Thomas Hinrichs, Programmdirektor Information beim Bayerischen Rundfunk. Und der sei
„jenseits der KI, die jeder machen werde“, platziert. Hinrichs stellte klar, dass KI nur aus Daten bestehe, die beispielsweise von klassischen Medienunternehmen generiert und von der Plattform-Konkurrenz „geklaut“ würden. Es gehe darum, „Inhalte zu kreieren, die die KI noch nicht aus den Daten kennt“, und sich mit diesen Inhalten im Wettbewerb aufzustellen. Durch die „Verwurzelung“ in einer Region und ihrer Kultur sei es möglich, „originäre“ Audioformate zu entwickeln und den Wettbewerb über Inhalte zu führen.
Valerie Weber, Vorsitzende der Geschäftsführung der Antenne Bayern Group, stimmte Hinrichs zu: „KI weiß nicht, was uns morgen bewegt.“ Das Morgen zu „vermarkten“, sei ein
Wettbewerbsvorteil, da „die Radiomacher wissen, was die Menschen morgen hören wollen“. Weber sprach sich des Weiteren für Allianzen und Kooperationen auf internationaler
Ebene aus. Da die Gattung Audio in Deutschland föderal strukturiert sei, sei es wichtig, über Kooperationen „international aufzutreten“, um auch „national bestehen“ zu können.

Weber verwies auf die Entscheidung des US-amerikanischen Autobauers Tesla, beim Audio-System des neuen Tesla Model 3 auf den klassischen UKW-Radioempfang komplett zu verzichten (RADIOSZENE berichtete). Durch diese Entscheidung könne „Vielfalt in der Audiobranche“ verloren gehen. „Vielfalt braucht Allianzen, um sich zu stabilisieren“, unterstrich Weber. Sie betonte, dass es wichtig sei, auf „Augenhöhe zu kooperieren“. Das habe zum Beispiel die Zusammenlegung der Nachtnachrichten der Antenne Bayern Group mit denen der Bayerischen Lokalfunkstationen seit Juli 2025 möglich gemacht (vgl. BLR zieht zu Antenne Bayern).

Ingrid Thurnher, Radiodirektorin des Österreichischer Rundfunks (ORF), forderte, mit „Personalities in den Markt zu gehen“, um die Markenidentität von Audioanbietern zu stärken. „Wir müssen mit einer anderen Sprache, einer forschen Sprache und mit jungen Leuten in den Wettkampf gegen Audioprodukte gehen, die in Österreich teilweise ausschließlich KI-gesteuert sind“, schlug sie ihren Kolleg:innen vor. Im Zusammenhang mit „Kooperationen auf Augenhöhe“ ergänzte sie, dass der ORF seit Juli 2025 erstmals über seine Streaming-Plattform ORF Sound mit Privatfunkstationen kooperiere. Dies sei nur durch „vertrauensvolle Gespräche“ und „durch das Überwinden von Gräben“ möglich geworden.

Carolin Häublein, Geschäftsführerin von Skyline Medien und RTL Radio Deutschland, betonte, dass „Menschen Menschen folgen“, was KI „nicht anbieten“ könne. Häublein hob zudem Authentizität als Wettbewerbsvorteil gegenüber KI-generierten Audioformaten hervor. Und die könne nur von „echten Menschen“ hergestellt werden. Die große Herausforderung im Wettbewerb mit den digitalen Plattformen bestehe darin, „aus Followern Hörer zu machen“ und dieses Engagement zu „merkantilisieren“.

Matthias Pfaff, Chief Digital Officer und Gesamtleiter Radioservices bei Regiocast, einem deutschen Hörfunkunternehmen, das sich auf die Entwicklung, den Betrieb und die Ver-
marktung von analogen und digitalen Audiomarken spezialisiert hat, sagte: „Die Zukunft von Audio liegt darin, Menschen zu verbinden. Sie dort abzuholen, wo sie sind.“ Es sei nötig, „aus Nähe zu den Menschen Geld zu machen“. Es gehe darum, Audiomarken zu entwickeln, „die Menschen wirklich wollen“. Eine Lösung sah er darin, „analoges Feeling digital zu erzeugen“.
Quelle: Medientage München









