Das Autoradio, jahrzehntelang treuer Begleiter auf der Fahrt zur Arbeit, in den Urlaub oder durch die Nacht, steht an einem Wendepunkt. In modernen Fahrzeugen dominieren zunehmend große Displays, die per Touchscreen eine Vielzahl von Inhalten bieten – Navigation, Streamingdienste, Podcasts, Apps. Inmitten dieser digitalen Vielfalt droht das klassische Radio unsichtbar zu werden. Doch die Radiobranche wehrt sich – lautstark und geeint.

Beim Branchentreffen WorldDAB Automotive 2025 in Madrid setzten Vertreter öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunkanstalten ein deutliches Zeichen: Radio muss seinen festen Platz im Fahrzeug behalten. Unter dem Motto „Radio Ready for Connected Cars“ wurde eine globale Initiative vorgestellt, die sich für die Prominenz von Radio im digitalen Cockpit einsetzt.
„Radio war schon immer da – zuverlässig, kostenlos, nah am Menschen“, betonte Edita Kudláčová von der Europäischen Rundfunkunion (EBU). „Wenn es aus dem Auto verschwindet, verschwindet es vielleicht ganz.“ Eine drastische, aber nicht unrealistische Einschätzung, wie mehrere Sprecher betonten.

Ein zentrales Ziel der Initiative ist, dass Radio – egal ob über DAB+, FM oder IP – in der digitalen Benutzeroberfläche nicht hinter Streaming-Apps und Navigationsfunktionen verschwindet. Tobias Nielsen, Senior Vice President Digital der Bauer Media Group, sagte dazu: „Es ist essenziell, dass Radio im Auto weiterhin zugänglich, auffindbar und prominent bleibt – für die Demokratie, die öffentliche Sicherheit und unsere kulturelle Vielfalt.“ Die Bauer Media Group trat der Initiative in Madrid offiziell bei und stärkt damit die europäische Allianz zur Rettung des Radios im Fahrzeug.

Unterstützt wird der Vorstoß auch von der Association of European Radios (AER) sowie von internationalen Akteuren wie BBC, RTL, Radio France, NRJ oder dem australischen Radiodachverband RCA. Die spanische Regierung zeigte sich ebenfalls offen: Spaniens Telekommunikationsstaatssekretär Matías González Martín (Bild rechts) kündigte Gespräche über regulatorische Maßnahmen an, um den digitalen Radiostandard DAB+ im Land weiter voranzutreiben.
Denn der Handlungsdruck wächst: Bereits heute entfallen über 80 Prozent des Audio-Konsums im Auto auf das klassische Radio. Doch diese Dominanz ist keine Selbstverständlichkeit mehr. „Wenn wir als Branche nicht geschlossen auftreten und mit der Automobilindustrie kooperieren, wird das Radio verdrängt“, warnte Stefan Möller, Präsident der AER.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die technische Umsetzung der Radiointegration: Neben prominenter Darstellung auf Displays soll auch die Steuerung per Sprachassistent verlässlich funktionieren. Radio-Apps sollen intuitiv auffindbar und frei von Bezahlschranken sein. Denn Radio war und ist – im Gegensatz zu vielen Streamingdiensten – stets kostenlos und barrierefrei zugänglich.
Mit der Initiative „Radio Ready“ ist ein bemerkenswerter Schulterschluss gelungen. Öffentliche und private Sender, kommerzielle und gemeinnützige Anbieter, europäische und australische Partner arbeiten erstmals geschlossen an einer gemeinsamen Vision. Es geht um mehr als nur Sichtbarkeit – es geht um Relevanz, Reichweite und den Fortbestand eines Mediums, das auch im digitalen Zeitalter Millionen Menschen verbindet.
Madrid sendet damit ein klares Signal: Radio gehört ins Auto – heute, morgen und in der vernetzten Zukunft.