Radio bleibt beim Blackout die letzte Informationsquelle

In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der Informationen meist über das Internet, soziale Netzwerke oder mobile Apps verbreitet werden, zeigt sich in Krisenzeiten eine altbewährte Technologie als unverzichtbar: das UKW-Radio. Die jüngsten Blackouts in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs haben eindrucksvoll gezeigt, dass bei einem großflächigen Stromausfall nur der klassische Rundfunk weiterhin zuverlässig funktioniert – eine Erkenntnis mit weitreichender Bedeutung für den Katastrophenschutz.

Symbolbild Strom-Mast während Blackout (Bild: NickyPe@Pixabay)
Strom-Mast (Bild: NickyPe@Pixabay)

Krisenfall Spanien: Wenn der Strom ausfällt, bleibt nur das Radio

Laut der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) hat der Stromausfall in der iberischen Halbinsel bestätigt, dass Radio „das einzige Medium ist, das schnell und sicher in einer solchen Krise die Kommunikation sicherstellen kann“. Während Internetzugänge und Mobilfunknetze bereits nach kurzer Zeit ausfielen, blieben terrestrische Radiosender wie UKW und DAB durch Notstromversorgungen auf Sendung. „An Radio geht kein Weg vorbei“, betont die APR, die über 250 private Radio- und Fernsehsender in Deutschland vertritt.

Mobilfunk versagt, Rundfunk bleibt stabil

Auch in Österreich verweist die ORF-Tochter ORS auf die hohe Resilienz klassischer Broadcast-Systeme. „Klassische TV- und Radiobroadcast-Systeme blieben aktiv und sicherten die Informationsversorgung der Bevölkerung“, heißt es in einer Mitteilung vom 29. April. Während Mobilfunknetze nach Ausfall ihrer Pufferbatterien kollabierten, ermöglichten unabhängige Sendeanlagen mit Notstrombetrieb weiterhin eine stabile Verbreitung von Warn- und Informationsmeldungen.

Sendemast am Wiener Kahlenberg: Radio-Empfang bleibt auch bei einem Blackout stabil (Bild: © ORS)
Sendemast am Wiener Kahlenberg (Bild: © ORS)

Spanien: Menschen greifen wieder zu Transistorradios

In Spanien griffen viele Bürger in der Blackout-Krise zur vermeintlich überholten Technik: dem batteriebetriebenen Transistorradio. Menschen versammelten sich auf Straßen um kleine Geräte, um aktuelle Informationen zu erhalten. „In diesen Fällen ist das Radio das essentielle Medium“, erklärte Jesús García Romero vom öffentlich-rechtlichen Sender RTVE. Dank eigener Dieselgeneratoren konnte RTVE den Sendebetrieb ohne Unterbrechung fortführen. Drei Generatoren versorgen die Produktionszentren in Madrid, genug, um „zwei bis drei Tage ohne Probleme zu senden“, so García gegnüber TM Broadcast. Nicht-essenzielle Ausrüstung wurde abgeschaltet, um Ressourcen zu schonen.

Auch organisatorisch war der Umgang mit dem Blackout eine Herausforderung. RTVE bot seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Notverpflegung an, da Kantinendienste eingeschränkt waren. Personal wurde vor Ort behalten, um Schichtwechsel sicherzustellen, während andere früher gehen konnten, um sich um Familienangehörige zu kümmern.

Österreich: Funkamateure üben für den Ernstfall

In Österreich hat sich der Österreichische Versuchssenderverband (ÖVSV) mit Notfallkommunikation befasst. Am 1. Mai testeten Funkamateure ein landesweites Kommunikationsnetz, bestehend aus Kurzwellenverbindungen, VHF- und UHF-Relaisstationen sowie dem geostationären Amateurfunksatelliten QO-100. Dieses redundante Netzwerk ermöglicht im Ernstfall eine Sprach- und Datenkommunikation auch bei einem Komplettausfall von Stromversorgung und Internet (vgl. Der iberische Stromausfall als Übungsszenario).

Politik erkennt strategische Bedeutung

Die politische Bedeutung des Themas wächst: Die APR begrüßt ausdrücklich, dass die neue Bundesregierung in Deutschland laut Koalitionsvertrag plant, die terrestrische Rundfunkverbreitung als „kritische Infrastruktur“ zu schützen. Angesichts wachsender Bedrohungen durch Naturkatastrophen, Cyberangriffe oder Strommangellagen wird UKW wieder als Rückgrat der öffentlichen Krisenkommunikation gesehen.

Auch der hr-Rundfunkrat beschäftigt sich mit möglichen Szenarien. In seiner Sitzung am 2. Mai informierte er sich über Strategien zur Sicherung der Berichterstattung bei Katastrophen, Terroranschlägen oder großflächigen Stromausfällen.

Zukunftstechnologie: 5G Broadcast als Ergänzung

Michael Wagenhofer (Bild: ORS)
Michael Wagenhofer (Bild: ORS)

Technologisch rückt auch 5G Broadcast als ergänzende Lösung in den Fokus. Diese Technologie ermöglicht die direkte Aussendung von Warnmeldungen über TV- und Radiosendeanlagen – unabhängig von Mobilfunknetzen. „Europa braucht eine widerstandsfähige, unabhängige und umfassende Bevölkerungswarn-Infrastruktur“, fordert ORS-Geschäftsführer Michael Wagenhofer. Tests in Estland und anderen Ländern zeigen, dass der Standard auf vielen Mobilgeräten einfach integrierbar wäre.

Quellen: APR, hr, ORS, TM Broadcast

Just spent 7 hours experiencing life sans electricity here in Spain – we’re totally fine, but wow the world does not function in very basic ways, and if you don’t own a radio you really have zero information or ability to communicate.
(Tim Perry via Mastadon)

Blackout zeigt Bedeutung robuster Kommunikationsnetze

Ob über UKW, DAB+, Kurzwelle oder 5G Broadcast – die Fähigkeit, auch im Katastrophenfall Informationen zuverlässig an die Bevölkerung zu senden, muss Teil jeder nationalen Sicherheitsstrategie sein. Der aktuelle Blackout in Südeuropa hat deutlich gemacht: UKW-Radio ist kein technisches Relikt, sondern ein lebenswichtiger Bestandteil moderner Krisenvorsorge.