Polen: Radio Profeto vor dem Aus – Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe

Der katholische polnische Radiosender Radio Profeto steht vor der Schließung. Sein Gründer, Pater Michał Olszewski, veröffentlichte online einen Abschiedsbrief, in dem er sich als Opfer der Justiz präsentiert. Die Staatsanwaltschaft hingegen erhebt schwere Vorwürfe: Olszewski wird der Geldwäsche beschuldigt, zudem soll er, sowie zwei Frauen Teil einer organisierten kriminellen Gruppe gewesen sein. Ermittler durchsuchten sowohl das Kloster des Dehonianer-Ordens als auch Olszewskis Familienhaus. Nach fast elf Jahren Sendebetrieb wird Radio Profeto nun abgeschaltet.

Radio Profeto (Bild: profeto.pl)

Olszewskis Darstellung: Opfer oder Beschuldigter?

In seinem Abschiedsbrief an die Hörer beschreibt sich Olszewski als Zielscheibe der Strafverfolgungsbehörden, die die Konten seiner Stiftung beschlagnahmt haben. Er bezeichnet den Sender als „wahrscheinlich größte Kanzel des Wortes Gottes im Radio und Internet“ – eine Einschätzung, die jedoch angesichts der größeren technischen Reichweite anderer katholischer Sender wie Radio Maryja fragwürdig erscheint. Einschaltquoten von Radio Profeto wurden nie veröffentlicht.

Millionenförderungen aus dem Justizfonds

Die Stiftung Profeto beantragte im Frühjahr 2020 Fördergelder aus dem polnischen Justizfonds für ihr Projekt „Archipel – die gewaltfreie Insel“. Der Fonds soll Opfern von Straftaten sowie ehemaligen Häftlingen und deren Angehörigen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft helfen. Doch während der Regierungszeit der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) (2015–2023) wurden die Mittel offenbar zweckentfremdet. Ermittler prüfen, ob politische Einflussnahme dazu führte, dass bestimmte Stiftungen bevorzugt wurden.

Ursprünglich sollte Profeto 10,4 Millionen Euro erhalten – bis 2024 wuchs die Fördersumme auf 23,4 Millionen Euro. Kurz nach dem Regierungswechsel im Dezember 2023 drängte die zuständige Abteilungsleiterin im Justizministerium, Urszula D., auf eine sofortige Auszahlung der gesamten Summe im Januar 2024.

Ein „Archipel“ als Tarnung für ein Funkhaus

Recherchen der Investigativplattform OKO.press ergaben, dass die Baupläne des angeblichen Hilfsprojekts in Warschau-Wilanów nicht zu dessen Zweck passten. Stattdessen floss das Geld in den Bau eines modernen Funkhauses mit einem Auditorium, fünf Aufnahmestudios, drei Postproduktionsräumen, vier Serverräumen und zwei Großraumbüros. Erst nach der Regierungsübernahme durch eine neue Koalition aus drei Wahlbündnissen unter Führung von Donald Tusk griff die Staatsanwaltschaft ein und beschlagnahmte umfangreiches Beweismaterial.

Illegale Finanztransaktionen und Geldwäsche

Zwischen 2020 und 2021 soll Olszewski gemeinsam mit Piotr W., dem Hauptauftragnehmer des Projekts, Finanztransaktionen durchgeführt haben, um die illegale Herkunft von Geldern zu verschleiern. So wurde das „Archipel“-Grundstück vermietet – die Mieteinnahmen in Höhe von 880.000 Euro wurden zuerst an den Dehonianer-Orden und dann an die Stiftung Profeto weitergeleitet. Die Finanzbehörden entdeckten die Verschleierungsmethoden, Olszewski wurde 2024 verhaftet und gegen eine Kaution von 84.000 Euro freigelassen.

Anklage gegen sechs Beschuldigte

Im Februar 2025 erhob die Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht Warschau Anklage gegen Olszewski und fünf weitere Personen. Ihnen werden insgesamt 15 Straftaten zur Last gelegt, darunter Amtsmissbrauch, Pflichtverletzung und Dokumentenfälschung.
Die Anklage umfasst 377 Seiten und beruht auf 360 Aktenbänden mit rund 2.000 Beweisstücken. Die Ermittlungen richten sich auch gegen weitere katholische Medien, die während der PiS-Regierung begünstigt wurden.

Am Donnerstag sendete Radio Profeto noch und dabei könnte es bleiben, wenn Olszewskis Abschiedsbrief ein getarnter Spendenaufruf war.