„Leider ist deutsche Popmusik bei AC Stationen nicht mehr so populär“

Große Umfrage zu aktuellen Musiktrends im Radio (Teil 4)

RADIOSZENE-Musikumfrage (KI-generiertes Symbolbild)

The Trend is your Friend! Unverändert weisen zahlreiche Untersuchungen Radio als wichtigen Kompass und Orientierungshilfe für den Musikkonsum der Menschen aus. Wie aber entwickelt sich die Musik im Radio? RADIOSZENE stellte hierzu am Jahresbeginn 2025 den Musikverantwortlichen deutscher Hörfunkstationen folgende Fragen:

  1. Welches waren in 2024 die angesagten Musiktrends im Radio in Ihrem Sendegebiet Welche Genres haben an Bedeutung verloren?
  2. Werden sich diese Richtungen fortsetzen oder sind bereits neue Trends in Sicht?
  3. Welche Künstler*innen haben Sie zuletzt am nachhaltigsten beeindruckt?
  4. Welche Wünsche und Vorschläge haben Sie in Richtung der Musikwirtschaft?

MusicMaster beim INTERNATIONAL MUSIC SCHEDULING SUMMIT 2025
Die Antworten der Entscheider aus den Musikredaktionen lieferten eine Vielzahl interessanter Hinweise auf die aktuellen und kom menden Musikströmungen. Wegen der hohen Beteiligung veröffentlichen wir die Antworten in vier Etappen, hier ist der 4. Teil:

Hauke Hackstein, JAM FM, Verantwortlicher Musikredakteur

Hauke Hackstein (Bild: JAM FM)1) Afrobeat war 2024 der Liebling des Jugendformats. Songs wie „Move“ von Adam Port und „I Adore You“ von Hugel funktionieren immer – egal, ob man tanzen oder entspannen möchte. Generell ist es für Jam FM aber wichtig, dass Musik und Künstler*innen untrennbar miteinander verbunden sind: Billie Eilish, Sabrina Carpenter, Ayliva oder Apache 207 machen Popmusik, die den Zeitgeist perfekt trifft, aber gleichzeitig unverwechselbar bleibt. Ihre Songs könnten von niemand anderem stammen. Schwieriger haben es Künstler*innen, mit denen die Hörer*innen (noch) keine Verbindung aufbauen konnten. Es sei denn, der Song ist bereits bekannt und emotional aufgeladen – in diesem Zusammenhang bleiben Remakes, Samples und Interpolationen weiterhin von Bedeutung.

„Eine Künstler*in kann durch einen einzigen Studiobesuch eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen erreichen, sie für sich und ihre Musik begeistern und sich selbst ein Gesicht geben“

2) Popmusik ist seit vielen Jahrzehnten nicht auserzählt – und wird es auch 2025 nicht sein. Allerdings geht es um mehr als nur gute Songs: Charli XCX hat mit „Brat“ vorgemacht, was eine starke Kampagne für ein starkes Album leisten kann. Wenn aus einem Song und einem Artwork ein geflügeltes Wort und ein Meme werden, kann das sogar Wahlkampf. Jam FM hat diese Aspekte genau im Blick und ich hoffe, dass es 2025 mehr nationale Künstler*innen schaffen, ein Gesamtkunstwerk aus Musik, visueller Ästhetik und Lebensgefühl zu produzieren.

3) International: Sabrina Carpenter, Chappell Roan und Charli XCX. National: Sampagne, Nina Chuba und Zartmann.

4) Mein Rat ist, Radio als Medium weiterhin ernst zu nehmen. Jam FM ist als Jugendformat längst mehr als nur ein Radiosignal – wir sind eine Medienmarke, die erfolgreich auf vielen Kanälen präsent ist. Gute Promotion kann enorm viel bewirken: Eine Künstler*in kann durch einen einzigen Studiobesuch eine Vielzahl unterschiedlicher Menschen erreichen, sie für sich und ihre Musik begeistern und sich selbst ein Gesicht geben.


„Ganz klar weiter im Trend sind Afro Beats, vor allem Afro House ist im letzten Jahr auch im Mainstream angekommen“

Matthias Zähler, BREMEN NEXT, Musikchef

Matthias Zähler (Bild: © Radio-Bremen / Christian Wasenmüller)1) Ganz klar weiter im Trend sind Afro Beats, vor allem Afro House ist im letzten Jahr auch im Mainstream angekommen. Das „Keinemusik“, die schon so lange am Start sind, nochmal einen so großen Radiohit landen, kam sehr überraschend und sei ihnen aber sehr gegönnt!

2) Im Bereich Afro Beats/Afro House wird auch im nächsten Jahr noch was gehen.

3) Artemas, der einen sehr eigenen Weg geht und mit „I like the way you kiss me“ dennoch einen der Hits des vergangenen Jahres geliefert hat. Es ist bisher zwar bei dem einen großen Hit geblieben, aber bei uns ist er auch vorher und danach noch mit dem einen oder anderen Track auf der Playlist gelandet.

4) Mehr Radio-Interviews in Präsenz! Videoschalten sind ok, wenn’s nicht anders geht, auch wenn es so mal die Möglichkeit gibt, Interviews mit internationalen Acts zu machen. Vor Ort hat aber doch eine andere Dynamik und klingt einfach besser!


„Never change a running system… oh bitte doch!“

Sue Deckwerth, FFH MEDIENGRUPPE, Leitung Musikteam

Sue Deckwerth (Bild: planet radio/Daniel Camino)

1) Mit Songs wie “Texas Hold‘em” von Beyoncé, “A Bar Song (Tipsy)” von Shaboozey und “Austin” von Dasha hat der Country Sound für Abwechslung im Programm gesorgt. 2024 war auch das Jahr der Pop-Girls wie Sabrina Carpenter, Gracie Abrams, Chappell Roan und Billie Eilish. Immer wieder spannend ist der Impact von viral entstandenen Chartstürmern. Ob Künstler wie Artemas, Benson Boone und Mark Ambor mehr als nur One-Hit-Wonder sind, bleibt allerdings abzuwarten. 

2) Ein Trend der sich gerade fortsetzt ist Afro House. Obwohl es den Sound schon lange gibt, wurde er im Radio erst durch Artists wie Keinemusik (“Move“) oder Hugel & Topic (“I Adore You“) populär. Es wird auch weiterhin sehr viel mit Samples gearbeitet. Neuer ist, dass man sich nicht nur bei den 80ern und 90ern bedient, sondern auch gerne mal Klassik-Elemente in DanceSongs einbaut (zum Beispiel IVE x David Guetta – “Supernova Love“).

3) Ob man sie nun mag oder nicht, 2024 war das Jahr von Taylor Swift. Mit ihrem Album und der „Eras Tour“ hat sie nicht nur neue Rekorde aufgestellt, sondern auch zum Erfolg von Sabrina Carpenter beigetragen, die als ihr Tour-Support ihren internationalen Durchbruch feiern konnte. Mit Songs wie “Espresso“, “Please Please Please“ und “Taste“ hat Sabrina Carpenter unsere Playlists dominiert und für gute Laune gesorgt. 

4) Never change a running system… oh bitte doch! Oft setzen sich spezifische Sounds durch und legen sich wie ein Filter über die meisten Neuveröffentlichungen. Dadurch wird es gerade für Formatradiosender natürlich schwieriger, das aktuelle Musikprogramm abwechslungsreich zu gestalten. Ich wünsche mir mehr Songs, die in unserer Playlist Akzente setzen und für Abwechslung sorgen. Musik, die von der Norm abweicht, aber dennoch massentauglich ist. Artists, die langfristig aufgebaut werden, anstelle von Projekten mit austauschbaren Stimmen. Mut für ein bisschen mehr Ecken und Kanten!


Bemerkenswert, wie es Billie Eilish schafft, musikalisch quasi immer einen Schritt neben dem Mainstream zu sein – und dabei immer wieder Hits landet und auch im Radio präsent ist

Sven Steiner, HITRADIO OHR, Musikredaktion

Sven Steiner, Funkhaus Ortenau (Bild: © Markus Dietze)1) Auffallend war 2024, wie viele erfolgreiche Dance-Coversongs älterer Hits es wieder gab (zum Beispiel „Stumblin‘ In“, „Wave“, „Forever Young“). Da galt es erneut, eine ausgewogene Mischung im Programm zu finden und zu entscheiden, welche dieser verschiedenen Coversongs es auf die Playlist schaffen.

Ein durchaus überraschender Trend war Country – ausgelöst durch Beyoncé, mit Album und dazugehöriger Hitsingle. Anschließend lieferte Dasha mit „Austin“ noch einen weiteren Hit im Countrystil.

Quasi nach dem Vorbild von Kate Bushs „Running Up That Hill“ schafften es auch 2024 einige ältere Songs durch Social Media oder den Einsatz in aktuellen Filmen und Serien zurück ins Bewusstsein der Musikfans aller Altersstufen.

2) Der Trend mit den Dance-Coversongs zieht sich ja inzwischen über mehrere Jahre – mal mehr, mal weniger ausgeprägt. So dürfte sich das auch weiterziehen.
Auch die Präsenz auf Social Media oder als Film-/Serien-Soundtrack wird weiterhin immer mal wieder Klassiker zurück in die aktuellen Charts führen.

Der Country-Trend dürfte sich aber bereits seinem Ende genähert haben, hier sind aktuell ja keine weiteren neuen Acts oder Hits in Sicht.

3) Auch wenn sie omnipräsent und diese Antwort damit eher unkreativ ist, muss ich an dieser Stelle auch Taylor Swift nennen. Beeindruckend, wie sie es zum größten aktuellen Popstar geschafft hat und diesen Status mit ihrer Professionalität auch beibehält. Das neueste Album brach erneut Rekorde, wie auch ihre Welttour, obendrauf immer wieder Auszeichnungen und vom „Times“-Magazin wurde sie zur „Person des Jahres“ gekürt.

Bemerkenswert auch, wie es Billie Eilish schafft, musikalisch quasi immer einen Schritt neben dem Mainstream zu sein – und dabei immer wieder Hits landet und auch im Radio präsent ist. Außerdem hat sie damit 2024 auch das Kunststück geschafft, mit ihrer zweiten Nominierung innerhalb von drei Jahren zum zweiten Mal den Oscar für den besten Filmsong abzuräumen – das ist ´ne Hausnummer.

4) Es ist immer wieder erfreulich, Newcomer zu sehen, die breite Unterstützung bekommen (teilweise auch mit eher untypischen Charts-Sounds) und dementsprechend durchstarten können, wie 2024 zum Beispiel Chappell Roan oder Gracie Abrams. Oder Acts, die schon seit mehreren Jahren Songs veröffentlichen, aber plötzlich mit einem bestimmten Song durchstarten, wie zum Jahreswechsel Lola Young. Hier gerne mutig sein und solchen Acts den verdienten Erfolg durch breite Präsenzmöglichkeiten/Promotion ermöglichen.


„Nach einigen Jahren, die sehr von Dancepop, Coverversionen und überwiegend großen Namen geprägt waren, gibt es viele neue Künstler, moderne und sehr erfolgreiche Popthemen und auch deutschsprachige Musik spielt wieder eine größere Rolle“

Antje Beyer, ANTENNE THÜRINGEN, stellvertretende Programmdirektorin und Leiterin Musikredaktion

Antje Beyer (Bild: ANTENNE THÜRINGEN)1) Uns haben auch 2024 wieder viele Samples oder Neuinterpretationen aus den 80er und 90ern begleitet. Aber wir hörten viele neue Künstler und vor allem sehr eigenständige Songs und Sounds. Shaboozey, Artemas, Chappel Roan, Benson Boone und Teddy Swims sind nur einige Namen, die 2024 im Radio sehr erfolgreich waren und formatübergreifend für hörbare Abwechslung gesorgt haben.

2) Wir denken, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Die Sounds sind wieder vielfältiger geworden. Nach einigen Jahren, die sehr von Dancepop, Coverversionen und überwiegend großen Namen geprägt waren, gibt es viele neue Künstler, moderne und sehr erfolgreiche Popthemen und auch deutschsprachige Musik spielt wieder eine größere Rolle in einem Format wie ANTENNE THÜRINGEN. In jungen Formaten wie radio TOP 40 sehen wir schon seit geraumer Zeit, die Entwicklung und die Akzeptanz moderner deutschsprachiger Musik.

3) 2024 war musikalisch sehr von Frauen geprägt. Egal ob Taylor Swift mit ihrer ERAS Tour oder Adele mit ihren zehn Konzerten in einem eigens dafür gebauten Stadio in München. Beyoncé hat mit einem für sie völlig neuen Sound überrascht. Dasha lieferte mit „Austin (Boots stop workin‘)“ einen der meistgespielten Songs des Jahres. Beeindruckend ist aber vor allem die Vielfalt der Sounds und dass wir auch bei den Hörern eine Akzeptanz dafür feststellen. Wir würden uns sehr freuen, wenn sie diese Entwicklung fortsetzt und weiterhin von den Plattenfirmen gefördert wird.


Am auffälligsten sind die Genre Countrypop und EDM mit 90er- und 80er Samples. Weiter an Bedeutung verloren hat die deutschsprachige Musik

Claus-Peter Freiherr von Hafenbrödl, RADIO REGENBOGEN und ROCK FM, Leitung Musik

Claus-Peter Freiherr von Hafenbrödl (Bild: ©RADIO REGENBOGEN)

1) Ich denke am auffälligsten sind die Genre Countrypop und EDM mit 90er- und 80er Samples. Weiter an Bedeutung verloren hat die deutschsprachige Musik bei uns im Sendegebiet. Ausnahme vielleicht Apache 207.

2) Ich wüsste keinen Grund, warum diese Entwicklung stoppen sollte. Künstler wie Dasha, Shaboozey etc. sind meiner Meinung nach noch lange nicht auf ihrem Zenit angekommen. Und einen wirklich neuen Trend sehe ich nicht.

3) Aus dem Newcomerbereich sind das bestimmt Teddy Swims und Gracie Abrams und dank eines Kollegen Lawrence. Bei den etablierten ist das sicher The Weekend.

4) Das sind jedes Jahr dieselben Vorschläge und Wünsche. Man sollte mal wieder versuchen Künstler aufzubauen, nicht jedem Trend hinterherlaufen und sich nicht nur auf das Streaming konzentrieren. Das Radio hat immer noch die Möglichkeit, Hits zu kreieren und Künstler nachhaltig zu etablieren.


Elemente aus Pop, Hip-Hop und R&B haben diesen neuen Country-Stil unglaublich vielfältig gemacht – und dadurch natürlich auch für das Radio hochinteressant

Patrick Morgan, YOU FM, Musikredaktion

Patrick Morgan (Bild: YOU FM)1) 2024 war definitiv das Jahr, in dem Country-Musik im Radio durchgestartet ist – und zwar in einer Art und Weise, die wir so nicht erwartet hätten. Der größte Gamechanger war sicherlich Beyoncé mit ihrem Country-Album und der Hitsingle Texas Hold’em. Das war eine echte Überraschung und hat den Weg für eine ganz neue Welle von Künstlern geebnet. Dasha mit „Austin“ und Shaboozey mit „A Bar Song“ sind zwei Namen, die durch diesen Trend richtig an Fahrt aufgenommen haben. Besonders spannend war zu sehen, wie Country-Sounds sich mit anderen Genres vermischt haben. Elemente aus Pop, Hip-Hop und R&B haben diesen neuen Country-Stil unglaublich vielfältig gemacht – und dadurch natürlich auch für das Radio hochinteressant.

2) Ich glaube, dieser Trend ist erst der Anfang. Country-Musik hat im letzten Jahr eine völlig neue Zielgruppe erreicht und sich dabei in modernen Genres verankert – das wird sich sicherlich fortsetzen. Besonders, wenn man bedenkt, dass auch Lana Del Rey angekündigt hat, ein Country-Album zu veröffentlichen. Das zeigt, dass dieser Stil nicht nur ein kurzfristiger Hype ist, sondern Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichster Richtungen inspiriert.

3) Ich war besonders beeindruckt und positiv überrascht von Beyoncés Country-Album. Dieser genreübergreifende Schritt ist nicht nur mutig, sondern hat auch gezeigt, wie vielseitig sie als Künstlerin ist. Es war zudem erfrischend zu beobachten, wie Sabrina Carpenter und Teddy Swims in diesem Jahr durchgestartet sind. Sabrina Carpenter mit ihrem eingängigen Pop und Teddy Swims mit seiner unglaublichen stimmlichen Präsenz und emotionalen Tiefe. Diese beiden Künstler*innen haben 2024 einen bleibenden Eindruck hinterlassen und werden den Musikmarkt auch in 2025 bereichern.

4) Als großer Fan von Live-Musik wünsche ich mir vor allem humanere Ticketpreise. Die Explosion der Preise in den letzten Jahren macht es für viele Menschen zunehmend schwer, Konzerte und Live-Auftritte zu erleben, und das ist bedauerlich – schließlich sind Live-Auftritte eine zentrale Verbindung zwischen Künstler*innen und ihrem Publikum. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vergütung der Künstlerinnen und Künstler bei Streaming-Diensten. Hier sehe ich viel Potenzial für Verbesserungen, damit Künstlerinnen und Künstler auch in der digitalen Ära anständig entlohnt werden. Es wäre wünschenswert, wenn Streaming-Plattformen transparentere und gerechtere Vergütungsmodelle entwickeln würden, die den kreativen Input der Musikerinnen und Musiker angemessen würdigen. Radiosender vergüten fair und leisten dadurch einen wichtigen Beitrag.


„Generell ist es wünschenswert, dass sich KünstlerInnen aus ihrer Komfortzone herauswagen und Risiken eingehen“

Verena Bartsch, RADIO & SUCCESS, Verantwortlich für Musikplanung*

Verena Bartsch (Bild: privat)*Für Sender wie Radio Arabella München, Radio Arabella Bayern, 95.5 Charivari München, Radio Schlagerparadies, BLR oder Hashtag+.

1) Country hat 2024  durch InterpretInnen wie Beyonce, Dasha oder auch Post Malone, Morgan Wallen und Shaboozey  sensationell Einzug in die Playlisten der Mainstream Sender gehalten. Wer hätte gedacht, dass wir den Country Soundcode reaktivieren müssen?

Auch die Tradition der Singer/Songwriter erhielt durch Künstler wie Teddy Swims  und Benson Boone einen neuen Schub.

Alles in allem dominiert wieder mehr der „erdige“, auf Gitarren basierte Sound die Playlisten. Coversongs (Stumblin‘ In) bleiben nach wie vor ein Thema. Dafür haben Stile wie EDM an Bedeutung verloren.

2) Der Country Trend wird uns mit Sicherheit auch 2025 noch begleiten. Zudem tippe ich fürs kommende Jahr vermehrt auf ein Revival  des 2000er Sounds, an den Sabrina Carpenter und Chapell Roan bereits erfolgreich angeknüpft haben. Auch Tik-Tok Trends werden es immer schneller und öfter in die Playlisten schaffen.

3) 2024 war eindeutig das Jahr von Taylor Swift und Coldplay. Mit ihren Tourneen haben diese KünstlerInnen neue Maßstäbe gesetzt. Sängerinnen wie Dua Lipa, Billie Eilish und Charli XCX haben mit ihren neuen Alben überzeugt.

Und dass „Modern Rock“ immer noch aktuell ist, haben Linkin Park mit ihrem Comebackalbum eindrucksvoll bewiesen.

NewcomerInnen wie Sabrina Carpenter, Gracie Abrams und Myles Smith konnten sich etablieren und werden auch 2025 in den Charts und den Playlisten zu finden sein.

4) Generell ist es wünschenswert, dass sich KünstlerInnen aus ihrer Komfortzone herauswagen und Risiken eingehen. Ein tolles Beispiel dafür war Beyonce, die sich mit ihrem ersten Country Album im letzten Jahr neu erfunden hat. Mein persönlicher Wunsch für 2025: Seid mutig, kreativ und überrascht uns!


Ich wünsche mir, dass die Musikwirtschaft Radio weniger stiefmütterlich behandelt und endlich wieder als das relevante, inspirierende, konkurrenzfähige und sinnstiftende Medium begreift

Jonas Krewel, SR POP-UNIT (SR 1+UNSERDING), Programmgestalter, Artist Relation & Booking, PG Musik und Unterhaltung

Jonas Krewel (Bild: © SR)1) 2024 hatte ich das Gefühl, dass der Markt ein Stück heterogener und damit erfrischender war als in den Vorjahren – was hoffentlich auch so bleibt. Neben Trends aus den vorherigen Jahren, die heute auch eigentlich keine mehr sind, weil sie sich augenscheinlich längst etabliert haben (zum Beispiel alte Hits im neuen Gewand oder allgegenwärtige nu-disco-Sounds) wurden auch mal wieder rockigere Saiten aufgezogen (etwa Benson Boone, Djo oder das große und außerordentlich erfolgreiche Linkin Park-Comeback). Selbst Weltstars wie Beyoncé haben sich erfolgreich an handgemachter Country-Musik versucht. Zwar hat in dieser Hinsicht bereits 2019 Lil Nas X den ersten Stein geworfen. Vergangenes Jahr scheint das aber eine neue Dimension eingenommen zu haben. Wochenlange Hits von Shaboozey und Dasha sprechen eine deutliche Sprache.

Ganz allgemein – so mein Eindruck – legen Menschen weltweit wieder größeren Wert auf „Handwerk“: echte Musik, von echten Menschen, mit echten Instrumenten, nicht nur Samples, Zitate und Autotune. Den Trend konnten wir auch im CHR-Markt und vor allem mit Blick auf Musik aus Deutschland beobachten. Indie-Rap von Zartmann, 01099 oder GReeeN haben nach wie vor Hochkonjunktur. Neu im Mainstream waren letztes Jahr aber auch Afro-House-Sounds von Adam Port oder Hugel.

2) Welche Trends sich fortsetzen oder abgelöst werden, vermag meines Erachtens kein Redakteur, kein Musikexperte seriös zu prognostizieren. Wo einst mal Radio oder andere Player im Musikmarkt eine relevante Gatekeeper-Funktion verteidigten und für sich in Anspruch genommen haben, „die Hits zu machen“, sind es heute größtenteils die User in Social Media und den geläufigen Streaming-Portalen, die durch ihre Nachfrage (mitunter nach Musik aus Serien) oder USG neue oder alte Songs (wieder) groß machen. Insofern: Wachsam bleiben, was trendet. Jeden Hype genau beobachten und für das eigene Format abwägen. Aber auch einfach mal entspannt zurücklehnen und abwarten, was der Markt regelt und an die Spitze bringt – womit dann oftmals die wenigsten rechnen (Beispiel Artemas, Djo, Shaboozey etc.). Wer weiß, vielleicht haben jetzt viele K-Pop-Größen Blut geleckt und strömen in den europäischen und amerikanischen Markt, wo gerade Rosé in aller Munde ist. Lisa (ebenfalls Blackpink) hat auch schon ein erstes Ausrufezeichen gesetzt.

3) Einer der herausragendsten Artists des letzten Jahres – wenn nicht sogar des letzten Jahrzehnts – ist für mich Teddy Swims. Wer es schafft, so viel Seele über Musik zu transportieren und damit ein Genre (zurück) ins Pop-Business zu bringen, das viele schon abgeschrieben haben oder gar nicht erst auf dem Schirm hatten, hat es verdient in einem Atemzug mit heutigen Megastars wie Ed Sheeran genannt zu werden. Persönlich hoffe ich, dass Teddy Swims eine ähnlich erfolgreiche Laufbahn einschlagen wird und wir auch noch in zehn Jahren von ihm sprechen werden. Im Übrigen verkörpert er genau die Aspekte, die schon in den ersten beiden Fragen zum Tragen kommen: handgemachte fulminante Songs abseits vieler 0815-Produktionen „aus der Dose“, die es auch wirklich schaffen, Menschen zu begeistern (1) und: Alles hat mit Coverversionen auf youtube angefangen, die mehr und mehr geklickt wurden (2).

4) Ich wünsche mir, dass die Musikwirtschaft Radio weniger stiefmütterlich behandelt und endlich wieder als das relevante, inspirierende, konkurrenzfähige und sinnstiftende Medium begreift, das es von jeher war. Auch Radio schafft es noch, mit innovativen Formaten zu begeistern und bietet nach wie vor das Potenzial, den Horizont der Hörerinnen und Hörer zu erweitern, ohne dabei seine Stärken wie die unmittelbare Nähe zum Publikum zu verlieren. Wir versuchen „unseren Auftrag“ bestmöglich zu erfüllen. Davon versprechen wir uns allerdings von der Industrie wieder mehr Gesprächsbereitschaft und ein Entgegenkommen in Punkten wie: Release-Policy, die nur noch auf Streaming und Social Media fokussiert zu sein scheint, nachhaltiger Künstleraufbau und damit einhergehend die Wiederherstellung der Relevanz von Radio in der Kommunikation mit Manager:innen und Künstler:innen sowie besseren Zugriff auf letztere zu Promo-Zwecken, was auch im Sinne der Musikwirtschaft sein sollte.


„Getrieben werden die neuen Hits nicht mehr von den klassischen Musiklabels oder Radiostationen, sondern von Content-Plattformen wie TikTok.“

Wolfgang Domitner, HITRADIO Ö3, Musikchef

Wolfgang Domitner (Bild: privat)

01) Ich beschränke mich hier auf meine Einschätzung bezogen auf den Pop-affinen Radiomarkt und gehe nicht im Detail auf Segment- und Spezialangebote ein. Hervorheben am Radiomarkt in Österreich muss man aber die erfolgreiche Performance der Rock-lastigen Formate, allen voran abgedeckt durch 88.6. Rock im weitesten Sinne ist also ein Haupttrend (im Radiokonsum). Bei den CHR, Hot AC und AC Formaten ist die Sache schon weniger einheitlicher, hier tobt ein besonders harter Kampf um Marktanteile.

Welche Musiktrends sind hier zu beobachten? EDM-lastiger Rhythmic-Pop verliert weiter an Bedeutung, das Publikum begnügt sich mit den hinlänglich bekannten Genre-Klassikern.
Am augenscheinlichsten war wohl das fulminante Comeback von Linkin Park mit neuer Sängerin und einer gigantischen Hitsingle. Generell waren die Pop High-Performer weiblich: Billie Eilish, Chappell Roan und Sabrina Carpenter, Dasha um nur einige zu nennen.

Auch Pop aus Österreich ist nach wie vor erfolgreich, neue Künstler wie Rian (Riesenhit „Verwandtschaftstreffen“) bestätigen diesen Trend.

02) Neue Trends sind immer in Sicht, sie sind allerdings kurzlebiger, in sich inhomogener und weniger nachhaltig. Am augenscheinlichsten ist der US Pop-Trend, ursprünglich getrennte Genres miteinander zu verschmelzen. Daraus wurde ein neuer, Countrypop getränkter Hit-Stil. Die besten Beispiele sind neben dem Pionier dieser Idee, Lil Nas X Beyoncé, Shaboozy. Post Malone oder Dasha.

Ich vermute, dass dieses eklektische Verschmelzen von Musikstilen (Urban Pop meets Countrypop/rock etc) zum neuen Pop-Mainstream weiterhin gut funktionieren wird. Tendenziell wird erfolgreicher Pop weniger Beats haben, organischer und melodiöser klingen. Wohlkalkulierte Originalität mit vielen Retro Elementen (90s Dance, 80s Pop, 70er Softrock) wird weiter erfolgreich sein.

Getrieben werden die neuen Hits nicht mehr von den klassischen Musiklabels oder Radiostationen, TikTok und diverse andere Content Plattformen etc sind die neuen primären Promotiontools. Generell ist die Bedeutung aktueller Popmusik aber ein wenig im Sinken begriffen. Ausnahmen, wie die Taylor Swift Erfolgsstory gibt es natürlich.

03) Mein privater Geschmack tut hier nichts zur Sache, aus meiner Radiomacher-Sicht waren dies: Linkin Park, Post Malone, Billie Eilish, Coldplay, aktuell Bruno Mars. Sehr stolz bin ich auf die bei Ö3 besonders gut funktionierende Musikszene aus Österreich: von bereits etablierten Künstlern wie Pizzera & Jaus bis Wanda bis hin zu spannenden Newcomerinnen wie Esther Graf, Ness oder Rian. Es ist uns Aufgabe und Ehre diese Künstlerinnen auf ihrem Weg unmittelbar zu begleiten.

04) Ich kann nur hoffen, dass es für Radios und die Musikwirtschaft positive Zukunftsaussichten gibt, beide Branchen haben mit eklatanten Herausforderungen zu kämpfen. Ein kreatives Miteinander aller am Prozess beteiligten wäre wünschenswert.


„Leider ist deutsche Popmusik bei AC Stationen wie beispielsweise R.SH und Radio PSR nicht mehr so populär wie in vergangenen Jahren“

Simone Freund-Bergholz*, ON AIR PLAY, Director Of Music

Simone Freund-Bergholz (Bild: © Yves Sucksdorff)1) Angesagt waren und sind weiterhin Coverversionen in allen Formaten und auch Countrypop von Dasha und anderen Artists. Leider ist deutsche Popmusik bei AC Stationen wie beispielsweise R.SH und Radio PSR nicht mehr so populär wie in vergangenen Jahren.

2) KünstlerInnen mixen verschiedene Musikgenres und experimentieren mehr mit Sounds, beziehungsweise produzieren ein Album oder mehrere Songs nicht nur in eine Richtung. Features sind auch immer wieder eine schöne spannende Idee.

3) Lola Young, Sabrina Carpenter, Lady GaGa, Chappell Roan und Teddy Swims.

4) Persönlich habe ich keine konkreten Wünsche an die Musikindustrie, denn der Kontakt und Austausch mit den KollegInnen der Labels funktioniert auf einer guten partnerschaftlichen Ebene. Manchmal mag das Timing der Labels mit neuen Songs für uns zu schnell sein, aber das ist kein eigentlich neues Thema.

* Simone Freund-Bergholz ist director of music von ON AIR PLAY. Die auf Musikstrategie, – Planung, Artist / Lable Relation und Künstlerbooking spezialisierte Dienstleistungsunit der THE FARM GmbH fungiert als Musikkompetenzzentrum für nationale Radiomarken wie Radio BOB! und 80s80s sowie starke regionale Player wie R.SH oder RADIO PSR. Rund 350 Radiokanäle diverser Musikformate werden von ON AIR PLAY für Mandanten in ganz Deutschland tagtäglich mit individuell geplanter Musik bespielt.

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