Am 2. Januar 2025 ging mit „Pop – Die Abendshow“ eine weitere gemeinsame Sendestrecke der ARD auf Sendung. Beteiligt sind die Popangebote WDR 2, NDR 2, MDR Jump, Bremen Vier, SR1, hr3 sowie SWR3, unter dessen Federführung das Projekt steht. Die angeschlossenen Sender schalten sich werktäglich zu unterschiedlichen Zeiten zwischen 20 bis 24 Uhr in das Gemeinschaftsprogramm ein.

Erstes Fazit nach sieben Sendetagen:
- Die Wortinhalte sind vielfältig: neben Nachrichten und Service (mit Verkehrsmeldungen aus den Sendegebieten der beteiligten Programme), finden sich ein hohes Maß an Interaktion mit der Hörerschaft, Comedy, Buntes/Kurioses, Lifestyle, Gespräche, Kino oder musikredaktionelle Themen. Bei aktuellen Entwicklungen wird das Programm für Korrespondentenberichte unterbrochen (wie etwa anlässlich einer Schießerei mit Getöteten in Bad Friedrichshall).
- Die Musik verfügt über einen hohen Bekanntheitsgrad. Weit überwiegend werden die Genres Pop, Dance-Pop und Singer Songwriter berücksichtigt.
Musik-Kategorien in „Pop – Die Abendshow“
Basis: 2.1. bis 8.1. 2025, 20 bis 24 Uhr, Angaben in %
Auswertung POP – DIE ABENDSHOW 20 bis 24 Uhr: Lesehilfe: 3 % der gespielten Musik stammt aus den 1980er-Jahren. (Diagramm: © Michael Schmich / RADIOSZENE)
Der Schwerpunkt der Stücke stammt aus den vergangenen 10 bis 15 Jahren, ein großer Anteil aus den letzten zwei Jahren (siehe oben). Rund 22 Prozent der gespielten Titel sind Neuheiten oder Newcomer vom aktuellen Musikmarkt.
Übersicht der meist gespielten Stücke während der ersten Sendewoche bei „ARD Pop – Die Abendshow“:
- Gracie Abrams – „That’s True“
- Rosé & Bruno Mars – „APT.“
- Nico Santos – „Ray Of Light“
- Leony & G-Eazy – „Rock N Roll“
- Ava Max – „Spot A Fake“
- Linkin Park – „The Emptiness Machine“
- Coldplay, Little Simz, Burna Boy, Elyanna & TINI – „WE PRAY“
- Post Malone – „Chemical“
- Robbie Williams – „Forbidden Road“
- Michael Schulte – „Broken Sunshine“
Im Gespräch mit RADIOSZENE gibt SWR3-Chef Thomas Jung weitere Einblicke in die Ziele und Programmgestaltung der neuen Sendeschiene.
„Im Kern ist ‚Pop – die Abendshow‘ erstmal ein Musikmagazin“
RADIOSZENE: Seit 2. Januar schalten sich 7 reichweitenstarke ARD-Popwellen ab 20 Uhr zu einer gemeinsamen Abendstrecke zusammen. Die treuhänderische Produktion von „Pop – die Abendshow“ liegt bei SWR3. Wie lange haben Sie an der Entwicklung des neuen Formats gearbeitet? Nach welchen Vorstellungen und Zielen ist die Sendezeit angelegt?
Thomas Jung: SWR3 gestaltet die Strecken für die beteiligten Popwellen tatsächlich treuhänderisch. Wir haben in der Runde der Popchefinnen und Popchefs die inhaltliche Linie gemeinsam abgestimmt. Von der Aktualität über Höreraktionen bis hin zur Comedy. Die beteiligten Musikchefinnen und -chefs legten die musikalische Grundausrichtung und die möglichen Inhalte fest, denn im Kern ist „Pop – die Abendshow“ erstmal ein Musikmagazin.

Die Sounddesign-Teams jeder Welle hatten für die individuelle Ausspielung im spezifischen Klang ihrer jeweiligen Welle in allen Häusern viele Elemente zu produzieren, die alle passgenau sein müssen. Das SWR3 Sounddesign hat diesen aufwändigen Prozess gesteuert und eine extrem detaillierte Vorlage erstellt. Rund 2500 Elemente wurden in unsere Systeme geladen. Die News waren natürlich beteiligt, die SWR Technik hat monatelang die Sendeinfrastruktur für diesen Aufschlag entwickelt. Die IT war befasst, die Digitalen, die gesamte Redaktion und die Moderator:innen haben sich anhand der inhaltlichen Leitplanken detailliert vorbereitet.
Vor gut eineinhalb Jahren hatten wir im Auftrag der Intendantinnen und Intendanten innerhalb der ARD mit den Kooperationsgesprächen begonnen, im November 2024 starteten bereits die Tests. Als Einstieg zur gemeinsamen Sendung hätten wir uns übrigens einen noch früheren Start am Abend vorstellen können. Hier macht uns allerdings die große Masse der Verkehrsmeldungen bundesweit zu schaffen, für die Hörerinnen und Hörer wäre das kein Vergnügen gewesen. Wir denken an dieser Stelle über neue, innovative Lösungen nach, die wir sicherlich im Frühjahr vorstellen werden.
RADIOSZENE: Ein zentrales Kernelement des Konzeptes ist sicher die Musikausrichtung. Neues Format oder eine Mischung aus den bisherigen Playlists der beteiligten Programme? Ein fließender Übergang zu den Musikabläufen am Tag war sicher ein Ziel des Abstimmungsprozesses…
Thomas Jung: Letztlich ist es natürlich beides – durch eine Mischung der bisherigen Playlists der beteiligten Programme ein neues, wenngleich kein fremdes Format. Wir haben bereits früh im vergangenen Jahr erste Playlisten entwickelt, die wir zur Abstimmung an die Musikchefinnen und -chefs der anderen Programme geschickt hatten. Auf dieser Grundlage haben wir uns ausgetauscht und versucht, den bestmöglichen Kompromiss für alle zu finden. Das ist uns gemeinschaftlich prima gelungen und der Austausch geht natürlich weiter.
Als die heiße Planungsphase für den neuen ARD Abend begann, haben wir Programmbeobachtungen gemacht und zum Beispiel die 50 meistgespielten Songs der beteiligten Sender eruiert, um hier noch mehr Gewissheit bezüglich unserer Gemeinsamkeiten und ein noch besseres Gefühl für die jeweiligen Formate zu bekommen.
Es gibt einen wöchentlichen Video-Call aller beteiligten Wellen, in dem die Themen für die Sendung besprochen werden und die Musikchefinnen und -chefs bleiben grundsätzlich zur Musikprogrammierung im Austausch. Das ist natürlich insbesondere am Anfang wichtig, bislang sind aber alle happy mit dem neuen Abend.
RADIOSZENE: Während der bisherigen Abendstunden der zusammengeschlossenen Programme waren bis dato eine gute Zahl musikredaktioneller Inhalte zu hören – teils sogar mit monothematischem Charakter wie etwa bei NDR 2. Welchen Umfang räumen Sie dem Musikjournalismus innerhalb der „Abendshow“ ein?
Thomas Jung: Wir haben uns recht frühzeitig darauf geeinigt, dass „Pop – Die Abendshow“ keine Musikspezialsendung sein soll, wohl aber ein Musikmagazin mit viel Raum für Lifestyle-Themen und Interaktion mit den Hörerinnen und Hörern. Das bedeutet: Musikjournalismus findet natürlich statt. Zurzeit haben wir neben den anderen genannten Themen einen musikjournalistischen Inhalt pro Stunde.
Der Vorteil den wir jetzt haben: Wir können mit Themen aus ganz Deutschland arbeiten, weil wir nun eben den Zusammenschluss der ARD Popwellen haben. Zurzeit arbeiten wir auch an neuen Ideen für weitere Rubriken. Der wöchentliche Austausch dient auch dazu, sich zu Themen und Inhalten abzustimmen, die gleichermaßen von allen Musikredaktionen zugeliefert werden könnten.
Einige Sender haben für Neuvorstellungen und ihre Platzierung neue Ideen entwickelt. Wichtige Themen und Newcomer, die wir bei SWR3 bislang in der Sendung „SOUNDS“ am späteren Abend vorgestellt haben – wie zum Beispiel potentielle Acts für das SWR3 New Pop Festival – bilden wir jetzt zeitlich früher im Hauptprogramm ab.
„Wir senden live und können sofort reagieren“
RADIOSZENE: Welche weiteren redaktionellen- und unterhaltenden Elemente planen Sie für diese Sendestrecke ein?
Thomas Jung: Interviews mit Stars, unterhaltsame Gespräche mit Hörerinnen und Hörern, Kurioses und Alltägliches zum Lachen, dazu Comedy Bits – das sind die Inhalte, die Spaß machen sollen. Und natürlich haben wir die aktuelle Lage im Blick. Wir senden live und können sofort reagieren.
Bei Themen in Deutschland, wie etwa dem Anschlag in Magdeburg, der inhaltlich die „ARD Popnacht“ dominierte, war das der Fall. Genauso die Großbrände in Los Angeles oder massive Verkehrsbehinderungen durch Schnee und Eis, um nah bei den Menschen zu sein.
RADIOSZENE: Gibt es veränderte Inhalte für die Zeiten am Wochenende?
Thomas Jung: Am Samstagabend gehen viele Menschen aus, feiern, machen Party. Die gemeinsame Strecke ist dann der Soundtrack dazu. Gemacht für Menschen, die unterwegs sind ins Restaurant oder in den Club oder für Hörerinnen und Hörer, die es sich zuhause gemütlich machen und mehr Uptempo möchten.
Sonntagabend stehen die Mobilen im Fokus, die Ausflugsheimkehrer, die Beziehungs- oder Jobpendler. Mit vielen kleinen Geschichten schließen wir das Wochenende ab und blicken positiv in die neue Woche.
RADIOSZENE: Wann schalten sich die beteiligten Programme zu?
Thomas Jung: Wir müssen unterscheiden: Montag bis Freitag ist direkt ab 20.03 Uhr MDR Jump dabei, ab 21.03 Uhr WDR 2, hr3, SR 1, NDR 2 und ab 22.03 Uhr Bremen Vier. Um Mitternacht wiederum steigt rbb 88,8 noch für die „Popnacht“ auf. Am Wochenende und an Feiertagen beginnt die gemeinsame Strecke bereits um 19.00 Uhr, ebenfalls mit gestaffelten Einstiegen.
Grundsätzlich gilt: jeder kann, keiner muss. WDR 2 und NDR 2 werden beispielsweise temporär an einzelnen Tagen bei für ihr Sendegebiet relevanten Fußball- und Sportereignissen aussteigen, sie sind ja die sporttragenden Wellen in ihren Häusern. Auch bei großen aktuellen Lagen in einem einzelnen Bundesland kann jede Popwelle natürlich jederzeit eigenes Programm anbieten.
RADIOSZENE: Die allgemeine Nachrichtenlage wird durch die SWR3-Nachrichtenredaktion zugeliefert. Haben die angeschlossenen Programme die Möglichkeit eigenen Content für ihr Sendegebiet einzubringen?
Thomas Jung: Jedes Programm kann entscheiden, ob es die national und international ausgerichteten SWR Nachrichten übernimmt, oder die regional orientierten Nachrichten der jeweiligen Landesrundfunkanstalt. Wir haben uns darauf verständigt, dass das News-Angebot inklusive Wetter stündlich exakt drei Minuten lang ist. Danach starten wir dann in Baden-Baden mit Verkehr und Show-Openern in die Sendung. Das war eine planerische und technische Herausforderung, aber es funktioniert einwandfrei. Und jede Welle kann die drei Minuten für ihr Nachrichtenangebot selbst gestalten.
Selbstverständlich können die Wellen auch Beiträge oder Live-Gespräche zuliefern. Bei den Ereignissen auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt wurden wir beispielsweise hervorragend vom MDR versorgt. Bei besonderen Lagen oder aktuellen Großereignissen übernehmen wir die Versorgung. Es bleibt aber jeder Welle freigestellt, dann aus dem Gemeinschaftsangebot auszusteigen und selbst zu senden. Zur vollen Stunde ist dann der Wiedereinstieg problemlos möglich. Alle Eventualitäten sind besprochen und geklärt, die Technik-Kolleginnen und -kollegen haben Großartiges geleistet, um ohne planerischen Aufwand auf- und absteigen zu können.
„Jedes Programm kann entscheiden, ob es die national und international ausgerichteten SWR Nachrichten übernimmt, oder die regional orientierten Nachrichten der jeweiligen Landesrundfunkanstalt“
RADIOSZENE: „Pop – die Abendshow“ geht nach Mitternacht nahtlos über in die „Popnacht“, die ebenfalls von SWR3 produziert wird. Hier ist – neben den Programmen vom Abend – zusätzlich rbb 88.8 mit am Start. Haben Sie am bisherigen Konzept dieser Nachtstrecke ab 2025 ebenfalls Veränderungen vorgenommen?
Thomas Jung: Auch die ehemalige „ARD Popnacht“ wird seit Anfang Januar im individuellen Sounddesign der jeweiligen Popwelle ausgestrahlt. Das Angebot wird – wie gehabt – treuhänderisch von SWR3 produziert und für die anderen Popwellen ausgeliefert. Die Hörerinnen und Hörer erleben in ihren Sendegebieten aber ihre Lovebrands, mit den bekannten Showopenern, Jingles und Trailern. Unter der Woche fünf Stunden von Mitternacht bis 5.00 Uhr morgens, an Wochenenden und Feiertagen sogar noch eine Stunde länger.
Die Show wird nachts von Aktuell-Kolleginnen und -kollegen betreut, die das In- und Ausland im Blick haben und ggf. reagieren: Reporterinnen oder Reporter organisieren, O-Töne bereitstellen oder als Anchor in der Show über aktuelle Ereignisse berichten. Das war zum Beispiel bei dem Anschlag in Magdeburg der Fall, bei den Stürmen an der Nordsee oder bei der drohenden Hochwasserlage an Ahr und Mosel. Wir haben die Lage im Blick und sind bei den Menschen in Deutschland.
RADIOSZENE: Die Harmonisierung von Sendezeiten innerhalb der ARD dient, so hört man, auch der Einsparung von Ressourcen – namentlich abseits hörerintensiver Kernzeiten. Welche übergeordneten Ziele verfolgt der Senderverbund mit der vermehrten Einführung gemeinsamer Programmstrecken?
Thomas Jung: Sie erlauben eine wichtige Korrektur: Es ging bei diesem Prozess nicht um das Sparen und Abbauen. Die in den Häusern jeweils freiwerdenden Mittel durch Kooperationen im Linearen werden zukünftig in den weiteren Aufbau digitaler Angebote umgeschichtet.
Die folgende Übersicht gibt einen detaillierten Einblick zu welchen Zeiten sich die beteiligten Programme in der Regel der „Abendshow“ zuschalten.
Übernahmezeiten von „ARD POP – Die Abendshow“ durch die beteiligten Sender am Montagabend
Dienstagabend*
Mittwochabend*
Donnerstagabend
Freitagabend*
Samstagabend*
Sonntagabend
*Anmerkung: Die Einschaltzeiten bei einigen Programmen schwanken wöchentlich aus gegebenen Anlässen wie Fußballübertragungen usw.
(Alle Diagramme: © Michael Schmich / RADIOSZENE)