Bereits kleine Kinder bewegen sich in einer zunehmend digitalisierten Welt. Medien sind sowohl in den Familien als auch im öffentlichen Leben allgegenwärtig. So erleben Kinder schon von Anfang an mediale Reize sowie den Medienumgang ihrer Eltern. Täglich begegnen ihnen Medien: Das Smartphone oder der Laptop der Eltern, die Toniebox des Geschwisterkindes oder das eigene Bilderbuch. Mit fortlaufendem Alter nutzen sie ein immer umfangreicheres Medienensemble selbst, zu dem sie auch einen immer besseren Zugang haben. Um eine altersgerechte und sinnvolle Begleitung der Kleinkinder in unsere Medienwelt zu gewährleisten, bedarf es Wissen über den Medienalltag der Kinder und zur Mediensituation in den Familien. Hierzu hat der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2012 die Studie miniKIM ins Leben gerufen, eine Erweiterung der Studienreihe KIM (Kindheit, Internet, Medien), die seit 1999 regelmäßig das Medienverhalten der 6 bis 13 Jährigen untersucht.
Mit der miniKIMStudie 2023 liefert der mpfs zum vierten Mal Daten zur Mediennutzung von Kindern zwischen zwei und fünf Jahren in Deutschland. Themen sind unter anderem die Haushaltsausstattung, der Medienbesitz der Kinder und der Umgang mit Fernsehen, Büchern, Handy, Computer und Internet sowie die Rolle von Streamingdiensten und digitalen Spielen.
Das Spielen (draußen 96 %, drinnen 95 %) bleibt bei den Zwei bis Fünfjährigen häufigste Alltagsaktivität (mindestens einmal pro Woche). An dritter Stelle steht die Beschäftigung mit Büchern (anschauen oder vorgelesen bekommen: 92 %), gefolgt von Malen/Zeichnen/Basteln (90 %), Hörspiele/ Hörbücher/Podcasts hören (69 %), Musik hören (65 %), Freunde treffen (63 %), Sport treiben (61 %) und der Nutzung kostenpflichtiger Streamingdienste (59 %). Fasst man alle Bewegtbildoptionen – von Streamingplattformen über Mediatheken bis zum klassischen Fernsehen – zusammen, nutzen 84 Prozent der Jungen und Mädchen wöchentlich zumindest eines dieser Angebote. Die differenzierte Betrachtung nach Altersgruppen zeigt, dass sich das aktiv genutzte Medienrepertoire der Kinder zwischen zwei und fünf Jahren zum Teil deutlich steigert. Dies bezieht sich vor allem auf die Nutzung von Tablets, digitalen Spielen, Sprachassistenten, Apps und des Internets sowie das Hören von Musik und Radio.
Verglichen mit der letzten Erhebung von vor drei Jahren sind die ersten Plätze stabil. Aufgeholt haben im Jahr 2023 vor allem Medientätigkeiten. So nutzen Zwei bis Fünfjährige vermehrt Mediatheken (+ 16 % Punkte), kostenpflichtige Streamingdienste (+ 13 % Punkte), einen Sprachassistenten (+ 13 %Punkte) sowie kostenfreie Videoportale (+ 12 %Punkte) und hören auch vermehrt regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) Hörspiele/Hörbücher/Podcasts (+ 8 % Punkte). Ebenso hat die Nutzung eines Tablets zugenommen (+ 7 %Punkte).
Neben der Nutzungshäufigkeit werden zusätzlich auch die beliebtesten Tätigkeiten der Kinder abgefragt (maximal drei Nennungen). Nach wie vor zeigt sich auch hier die hohe Bedeutung des Spielens (draußen: 76 %, drinnen: 35 %). Auch das Malen/Zeichnen/Basteln (40 %), das Treffen mit Freunden (32 %) sowie die Beschäftigung mit Büchern (19 %) bleiben beliebt.
Nach Schätzung der Haupterziehenden nutzen Zwei bis Fünfjährige durchschnittlich 38 Minuten am Tag eine Musikbox, also ein speziell für Kinder gedachtes Abspielgerät für Hörspiele, Musik und Geschichten wie beispielsweise eine Toniebox, ein Hörbert oder eine Tigerbox. Diese 2023 neu in die Abfrage aufgenommene Tätigkeit hat die Beschäftigung mit Büchern (37 Min.) vom ersten Platz verdrängt. Es folgen die Nutzung von kostenpflichtigen Streamingdiensten (23 Min.), Radiohören (20 Min.) und kostenfreie Videoportale (18 Min.). Das klassische, lineare Fernsehen wird eine Viertelstunde gesehen, 12 Minuten verbringen die Zwei bis Fünfjährigen mit den Onlineangeboten der Fernsehsender, mit digitalen Spielen beschäftigen sie sich im Schnitt sechs Minuten pro Tag. Betrachtet man den Gesamtwert aller vier Bewegtbildangebote, so nutzen Mädchen und Jungen diese insgesamt 67 Minuten am Tag, die Älteren dabei länger als die Jüngeren (2 bis 3 Jahre: 62 Min., 4 bis 5 Jahre: 72 Min.). Mit Ausnahme des Buches fällt bei den älteren Kindern die Nutzungszeit bei fast allen Medien höher aus. Vor allem kostenpflichtige VideoStreamingdienste (2 bis 3 Jahre: 19 Min., 4 bis 5 Jahre: 26 Min.) und die Nutzung von sonstigen Internetangeboten (2 bis 3 Jahre: 9 Min., 4 bis 5 Jahre: 16 Min.) erhalten höhere Zuwendungswerte der Vier bis Fünfjährigen. Das Buch wird von den Zwei bis Dreijährigen am meisten genutzt (38 Min.).
Die Ergebnisse der miniKIMStudie 2023 zeigen, dass Medien auch bei den Zwei bis Fünfjährigen allgegenwärtig sind und diese immer mehr Medien auch selbst zur Verfügung haben. Erste Schritte in den digitalen Alltag werden meist von den Eltern begleitet und diese verlassen sich bei der Auswahl der Medieninhalte auf ihnen (aus der eigenen Kindheit) Bekanntes.
Allerdings verbringt die aktuelle Elterngeneration selbst sehr viel Zeit mit den verschiedenen Medienangeboten und ist auch selbst auf Social Media aktiv. Kinder haben also sehr medienaktive Vorbilder. Gleichzeitig stehen im Vergleich zum Jahr 2020 immer mehr smarte Geräte zur Verfügung, die bereits kleinen Kindern beispielsweise durch Sprachsteuerung einen Zugang zum Internet auch ohne Lese und Schreibkompetenz und vor allem ohne elterliche Begleitung ermöglichen. Wenn aktuell auch viele Medien oft noch gemeinsam genutzt werden, stellt sich die Frage, ob die Verfügbarkeit vieler unterschiedlicher, individuell nutzbarer Geräte und Zugänge auch bei kleinen Kindern zukünftig zu einer Individualisierung der Mediennutzung führt oder Medien weiter gemeinsam erlebt werden können.
Für die Studie wurden im Zeitraum vom 11. bis 25. September 2023 insgesamt 600 Haupterziehende von Kindern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren online befragt (CAWI).