In einem wegweisenden Urteil bestätigte am Donnerstag (6.12.) das Oberste Verwaltungsgericht Polens (NSA) die Entscheidung gegen die polnische Landesmedienanstalt KRRiT im Zusammenhang mit homophoben Äußerungen auf Radio Maryja und TV Trwam. Der Fall, der von der Stiftung Basta! ins Rollen gebracht wurde, zeigt auf drastische Weise die Herausforderungen im Umgang mit diskriminierenden Inhalten in kirchennahen Medien in Polen.
Hintergrund des Falls: Medienmacht und Diskriminierung
Radio Maryja und sein Schwesterkanal TV Trwam gelten als Sprachrohre konservativer und katholischer Strömungen in Polen. Doch immer wieder werden dort Inhalte ausgestrahlt, die eindeutig diskriminierend gegenüber der LGBTQ+-Gemeinschaft sind. Mehrfach hatte die Stiftung Basta! Beschwerde bei der KRRiT eingereicht, nachdem auf beiden Sendern Beiträge verbreitet wurden, die sich durch eine explizit homophobe Rhetorik auszeichneten.
Die KRRiT, die als Aufsichtsbehörde eigentlich für die Einhaltung der journalistischen Standards und ethischen Richtlinien zuständig ist, weigerte sich jedoch, konsequent gegen diese diskriminierenden Inhalte vorzugehen. Sie verzögerte die Beweisaufnahme, bis die Aufbewahrungspflicht ablief, ergriff keine Maßnahmen und stellte die Meinungsfreiheit der Sender in den Vordergrund. Die Sendungen wurden auch im Internet veröffentlicht und waren nicht nur für die Landesmedienanstalt dort jederzeit abrufbar.
Die Stiftung Basta!, die sich für Menschenrechte und gegen Hassrede einsetzt, ließ dies nicht gelten und zog vor Gericht. Bereits im Juni 2023 hatte das Verwaltungsgericht Warschau entschieden, dass die KRRiT verpflichtet sei, Beschwerden ernst zu nehmen und Maßnahmen gegen diskriminierende Inhalte zu ergreifen. Dieses Urteil wurde nun vom Obersten Verwaltungsgericht bestätigt. Die Entscheidung ist rechtskräftig und zeigt, dass auch die Medienaufsicht nicht über dem Gesetz steht.
Das aktuelle Urteil: Eine Niederlage für die KRRiT
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof stellte klar, dass die KRRiT ihre Pflichten verletzt habe, indem sie Beschwerden gegen Radio Maryja und TV Trwam nicht angemessen behandelte. In seiner Urteilsbegründung wies der Gerichtshof darauf hin, dass die Medienaufsicht verpflichtet sei, gegen Inhalte vorzugehen, die Hass und Diskriminierung schüren. Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, dürfe jedoch nicht als Deckmantel für Hassrede missbraucht werden.
Die Stiftung Basta! begrüßte das Urteil als wichtigen Schritt zur Sicherstellung der Grundrechte aller Bürger, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.
Die Rolle der Stiftung Basta!: Eine Stimme für Gleichberechtigung
Die Stiftung Basta! wurde gegründet, um gegen Diskriminierung und Hassrede in den polnischen Medien vorzugehen. Ihr Ziel ist es, ein gesellschaftliches Bewusstsein für Gleichberechtigung und Menschenrechte zu schaffen. Die Organisation dokumentiert systematisch Fälle von Hassrede und setzt sich dafür ein, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. In ihrer Mitteilung zum aktuellen Urteil betonte die Stiftung, dass dieser Erfolg ein Signal an alle Institutionen sei, ihrer Pflicht zur Bekämpfung von Diskriminierung nachzukommen. Die Stiftung kündigte an, ihre Arbeit unvermindert fortzusetzen und auch in Zukunft gegen Hassrede und Diskriminierung vorzugehen.
Mangelnde Sorgfalt des Vorsitzenden der Landesmedienanstalt
Im Juni wurde KRRiT-Vorsitzender Maciej Świrski mit einer Geldstrafe von umgerechnet 14.000 Euro belegt, weil er es versäumt hatte, fristgerecht über die Verlängerung der Sendelizenz für den privaten Fernsehsender „TVN Style“ zu entscheiden. Dieses Vorgehen wurde als Versuch gewertet, die Unabhängigkeit kritischer Medien zu untergraben.
„TVN Style“ gehört zur Senderfamilie TVN, die den regierungskritischen Nachrichtensender „TVN24“ in Polen betreibt. Alleiniger Inhaber der Sender ist Warner Bros. Discovery aus den USA. Das polnische Medienrecht erlaubt ausländischen Investoren außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums jedoch nur eine Beteiligung von maximal 49 Prozent an Medien.
Auszahlung von Rundfunkgebühren: Ein weiterer Rückschlag für Świrski
Neben den Fällen von Diskriminierung und Lizenzverzögerungen steht Maciej Świrski auch wegen der umstrittenen Verteilung von Rundfunkgebühren unter Druck. Ein Gericht verurteilte den KRRiT-Vorsitzenden, weil er sich weigerte, die gesetzlich vorgesehenen Mittel aus den Rundfunkgebühren an öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten auszuzahlen. Das Gericht stellte klar, dass Świrski damit seine Amtsbefugnisse überschritten und gegen die Neutralitätspflicht der Medienaufsicht verstoßen habe.
Świrski droht Anklage vor dem Staatsgerichtshof
Die Kontroversen um Maciej Świrski nehmen weiter an Brisanz zu: Ein Antrag zur Anklage gegen ihn vor dem Staatsgerichtshof wurde bereits eingereicht. Świrski wird vorgeworfen, seine Kompetenzen missbraucht und gegen die Verfassung verstoßen zu haben, indem er die Unabhängigkeit der Medienaufsicht politisch instrumentalisiert hat.
Die Abgeordneten der regierenden Koalition fordern eine umfassende rechtliche Aufarbeitung seiner Amtsführung. Ein Prozess wird jedoch nicht vor Sommer 2025 erwartet, denn voraussichtlich im Mai finden in Polen Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Andrzej Duda verfügt über das Recht, Verurteilte zu begnadigen, und hat bereits in der Vergangenheit davon Gebrauch gemacht – auch vor der endgültigen Urteilsverkündung durch ein Gericht. Ein Prozess gegen Świrski hängt somit davon ab, wer die Präsidentschaftswahlen 2025 in Polen gewinnt.