Das österreichische Kurzwellen-Sendezentrum in Moosbrunn soll am 31.12.2024 endgültig abgeschaltet werden, weil sinkende Kundenzahlen und hohe Betriebskosten den Erhalt unrentabel machen.
In den Hochzeiten der Sendestelle Moosbrunn wurde von hier Radio Österreich International ausgestrahlt (Bild: © W.D.Roth)In Deutschland wurden die Sendeanlagen für Lang-, Mittel- und Kurzwelle reihenweise abgerissen, auch die größte im Wertachtal, dort praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. In anderen Ländern lief es nicht besser. Die Sendeanlage in Moosbrunn bei Wien war auch bereits auf der Sprengliste, doch mit dem Angriff auf die Ukraine wurde der Abriss noch einmal vertagt, solange die Kosten für den Erhalt noch eingespielt werden konnten.
Leider hat nun der größte verbliebene Kunde – Adventist World Radio – seine Kurzwellenausstrahlungen über Moosbrunn beendet. Die verbliebenen Aussendungen, beispielsweise von Radio DARC, Radio Dessau und einmal jährlich dem NDR mit der Jahresendsendung „Gruß an Bord“ reichen nun nicht mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken.
Die ORS will deshalb in Kürze den Stecker ziehen: Zum 31.12.2024 wird der Sendebetrieb offiziell eingestellt, die letzte tatsächliche Aussendung dürfte das wöchentlich über Moosbrunn abgestrahlte Technikmagazin Radio DARC am 29.12.2024 um 11 Uhr sein. Danach verstummt Moosbrunn nach 64 Jahren für immer.
Die wöchentliche Ausstrahlung der ORF-Morgensendung wurde sogar vorzeitig bereits Mitte Oktober abgebrochen. Im Frühjahr 2025 sollen dann auch die Antennen abgerissen werden. Alle Wünsche, die Station angesichts der politischen Lage und für Notfälle in Betrieb zu halten, blieben ungehört.
Noch kann man die Anlage besichtigen. Sie ist beeindruckend: nicht unbedingt aufgrund der Größe, Wertachtal im Ostallgäu war wesentlich größer, doch aufgrund der drehbaren Vorhangantenne. Diese ist 76 m hoch auf einem Schienenkreis mit 85 m Durchmesser montiert: man kommt sich vor wie auf einem großen Schiff, wenn man auf ihr „mitfährt“. Das allerdings geht natürlich nur, wenn nicht gesendet wird, und es ist bei drehender Antenne auch nicht möglich, auf- oder abzusteigen, weil sich die Zustiegstreppe mitdreht.
Auf Kurzwelle seit 1928
Der Österreichische Rundfunk – damals als RAVAG – sendete schon 1928 auf Kurzwelle aus dem Funkhaus Johannesgasse. Die Antenne war auf dem Rosenhügel aufgestellt. In den folgenden Jahren wurde regelmäßig auch Musik im 49 m-Band ausgestrahlt. Die Sender hatten anfangs nur 10 bis 40 Watt. 1937 wurde bereits der Bau einer 50 kW-Sendeanlage südlich von Wien beschlossen, zu deren Bau es jedoch infolge des Kriegs nicht mehr kam.
Ab dem 11. Juni 1945 wurde dann wieder mit provisorischen Sendern (ehemalige U-Boot-Sender) im 30 Meter- und 41 Meterband mit 150 und 300 W gesendet. Ab 1955 war der ORF offiziell wieder auf Kurzwelle vertreten. Ab Ende 1959 wurden die Sender nach Moosbrunn verlagert, am 4. September 1960 begann der Sendebetrieb aus Moosbrunn mit den fünf ehemaligen U-Boot-Sendern mit 30 bis 400 W und einem neuen 50 kW-Sender. Bis zum Januar 1969 war die Anlage auf vier 100 kW-Sender ausgebaut. Am 1. Februar wurden täglich 23 Sendestunden erreicht.
Standort Moosbrunn seit 1960
Ab 1983 wurde der Sendestandort Moosbrunn bis 1993 ausgebaut mit Drehstand-, Doppelwand- und Quadrantantenne und 500 kW-Sendern. Insgesamt waren nun elf Antennen und sieben Sender in Moosbrunn. 1986 startete „Radio Österreich International“ mit dem unvergessenen Funkamateur und Radiomann Wolf Harranth, OE1WHC, das am 30. Juni 2003 eingestellt wurde. Ab 2. Mai 2005 wurden Sendungen des ORF und anderer Anbieter von Moosbrunn auch digital in DRM abgestrahlt.
Digitalisierung mit DRM in Europa gescheitert
Nach dem Ende von Wertachtal in Deutschland hatte Moosbrunn einige der dortigen Röhren und Ersatzteile übernommen, um die eigenen, baugleichen Sender weiter in Betrieb halten zu können. Doch die geplante Digitalisierung von Lang-, Mittel- und Kurzwelle mit DRM (Digital Radio Mondiale) ist in Europa gescheitert – einerseits infolge des Mangels an DRM-Empfängern, die nie aus dem Laborstadium herauskamen, andererseits infolge der Schwundproblematik, die bei Digitalübertragungen zu zeitweisem Totalausfall des Signals führt. Letzteres zeigte sich als für den Hörer deutlich unangenehmer als erwartet. Analog wollte wiederum fast niemand in Deutschland, der Schweiz und Österreich mehr Lang-, Mittel- und Kurzwelle hören.
Ausstrahlungen ins Ausland, wo noch Kurzwelle gehört wird, waren nach dem Ende des kalten Krieges in Europa kein Thema mehr – während Nordkorea, Russland und die USA weiter aktiv blieben. Die Deutsche Welle verlegte sich aufs Internet. Dessen großer „Vorteil“: Staaten, die nicht wollen, dass ihre Bevölkerung diese Sendungen hört, können sie unkompliziert blockieren.
Die Sendeminute ist wiederum auf Sendern beispielsweise in Litauen billiger als aus Europa, weshalb selbst die religiösen Stationen als Kunden nun immer weniger wurden.
Folgende Sendungen sind für den 31. Dezember 2024 geplant
6055 kHz – 10:00-11:00 Entstehung Radio Österreich International – Zusammenschnitt mit Teilen aus den entsprechenden ORF Sebdungen
6055 kHz – 11:00-12:00 Kurzwellenpanorama mit Wolf Harranth, eine ausgewählte Sendung als Replik
6070 kHz – 12:00-13:00 Abschiedssendung von SM Radio Dessau, einem privaten Radioanbieter aus Dessau,Deutschland (nahe bei Leipzig)
6055 kHz – 13:00-14:00 Interview mit Wolf Harranth (Wiederholung vom 06.10.2024)