Im Podcast-Markt ist die Streaming-Plattform Spotify ein Schwergewicht – mit vielen namhaften Hosts, mit großer Reichweite und einer professionellen Infrastruktur. Im Interview mit dem Blog der MEDIENTAGE MÜNCHEN verkünden Saruul Krause-Jentsch, Head of Studios DACH, UK und Irland verantwortlich für den Bereich Podcasts bei Spotify, und ihr Kollege Yves Brunschwiler, Head of Sales Central Europe: „Wir haben unsere Podcast-Strategie für die nächste Phase unseres Business‘ weiterentwickelt.“ Was dahintersteckt, welche Trends es gibt, wo die Reise hingeht.
Von Petra Schwegler
Welchen strategischen Stellenwert haben Podcasts bei Spotify?
Yves Brunschwiler: Die Sparte hat bei Spotify weiterhin einen sehr hohen Stellenwert. Podcasts sind Teil unserer Mission, die beste Plattform für Creator:innen zu sein, ihnen optimale Möglichkeiten zur Monetarisierung zu bieten und ihre Inhalte einem größtmöglichen Publikum zugänglich zu machen.
In der ersten Phase unserer Podcast-Strategie haben wir uns darauf konzentriert, Marktführer zu werden. Das Ziel haben wir erreicht: Spotify ist laut Online Audio Monitor 2024 die führende Podcast-Plattform in Deutschland und erreicht 53 Prozent der monatlichen Podcast-Hörer:innen.
Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Markt für Spotify, sowohl in Hörstunden als auch was den Anteil der Hörer:innen betrifft. Der weltweite Podcast-Konsum auf Spotify ist seit 2019 um mehr als 1000 Prozent gestiegen und wir haben inzwischen über 140 Millionen monatliche Hörer:innen und 250.000 Video-Podcasts.
Saruul Krause-Jentsch: Wir haben unsere Podcast-Strategie für die nächste Phase unseres Business‘ weiterentwickelt. Seit 2023 geht es darum, unser breites Publikum, unsere erstklassigen Empfehlungen und unsere großartige Werbetechnologie zu nutzen, um Creator:innen dabei zu helfen, ihr Publikum zu vergrößern und ihre Monetarisierung zu verbessern.
Unser Ziel ist es, dass möglichst viele vom Podcasten leben können und Podcasten noch profitabler wird. Gleichzeitig wollen wir den Nutzer:innen die bestmögliche Plattform bieten.
(Saruul Krause-Jentsch)
Ein weiterer Fokus liegt auf der Weiterentwicklung unserer Werbetechnologie, insbesondere der Streaming Ad Insertion (SAI), die präzise Messungen und First-Party-Daten bietet und damit Podcasting für mehr Werbungtreibende interessant macht. Unser Original- und Lizenzprogramm bleibt zentral, aber wir öffnen unsere Plattform für einen breiteren Vertrieb unserer Inhalte, um dieses Werbepotenzial weiter zu erhöhen.
Welche Trends machen Sie aus?
Saruul Krause-Jentsch: Video ist ein wachsender Trend. Der Video-Konsum auf Spotify ist in Deutschland neun Mal schneller gestiegen als der Audio-Konsum. Mit 50.000 aktiven Video-Creator:innen und geschätzten 500.000 neuen Video-Episoden für 2024, sehen wir großes Potenzial, sowohl den Konsum als auch die Werbeeinnahmen weiter zu steigern.
Videos werden zum zentralen Bestandteil des Spotify-Erlebnisses, da sie das Engagement und die Loyalität der Fans stärken. Bis vor kurzem waren Podcasts meist ein einseitiges Erlebnis, bei dem man sich zurückgelehnt und zugehört hat. Wir glauben jedoch, dass die Zukunft dieses Mediums interaktiv ist, und finden daher Wege, Podcasts abwechslungsreicher und interessanter zu machen, sowohl für die Creator:innen als auch für die Hörer:innen.
Wir beobachten zudem, dass die Nachfrage nach Host Reads, also von den Podcaster:innen selbst eingesprochene Werbung, weiterhin sehr hoch ist. Host Read Ads werden dynamisch oder per Streaming Ad Insertion in den Podcast eingefügt. Sie setzen auf das Vertrauen der Hörer:innen in die bekannte Stimme und sind daher ideal für die Markenbildung und den Abverkauf.
Können Sie Umsatzgrößen nennen?
Yves Brunschwiler: Im zweiten Quartal 2024 stieg der Gesamtumsatz von Spotify im Jahresvergleich um 20 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro und setzt sich wie folgt zusammen: Die Einnahmen aus den Premium-Abonnements, die im Jahresvergleich um 21 Prozent gestiegen sind, sowie der Umsatz der werbefinanzierten Version von Spotify, der im Vergleich zum Vorjahresquartal um 13 Prozent gestiegen ist.
Das Wachstum der Podcast-Werbeerlöse wurde durch höhere verkaufte Impressionen bei Spotify Podcasts sowie im Spotify Audience Network getrieben, teilweise ausgeglichen durch niedrigere Preise – trotz des schwierigen makroökonomischen und werbetechnischen Umfelds. Zudem verzeichnete das Spotify Audience Network im Quartalsvergleich ein Wachstum bei den teilnehmenden Publishern und Werbungtreibenden.
Welche Erwartungen haben Sie für die Podcast-Werbevermarktung?
Yves Brunschwiler: Es gibt zahlreiche Podcaster:innen, die sehr hohe Werbeeinnahmen erzielen. Spotify glaubt fest daran, dass der globale Podcast-Markt ein Milliarden-Euro-Geschäft ist, da das Format weltweit weiter an Popularität gewinnt – unterstützt auch durch wachsende Werbeeinnahmen. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft prognostizierte für 2024 einen Anstieg der Werbeeinnahmen um rund 14 Prozent auf rund 40 Millionen Euro.
Der Video-Werbemarkt ist eine große Chance für Creator:innen, für Werbungtreibende und für Spotify.
(Yves Brunschwiler)
Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Podcast „Gemischtes Hack”. Er ist seit dem 18. September exklusiv auf Spotify als Video-Podcast verfügbar. Als ersten Werbepartner konnten wir Aldi gewinnen.
Mit der wachsenden Zahl der Podcast-Nutzer:innen steigt auch die Nachfrage der Werbungtreibenden – und damit der Bedarf nach einem kreativen Werbeformat, das skalierbar ist und viele Menschen erreicht. Das können wir mit Video-Podcast anbieten und bringen bei „Gemischtes Hack” zudem ein riesiges Publikum mit.
Wie groß ist das Potenzial im Video-Werbemarkt für Podcasts?
Yves Brunschwiler: Der Markt für digitale Video-Werbung beläuft sich auf 160 Milliarden US-Dollar. Um das Potenzial des Werbemarktes voll auszuschöpfen, haben wir das Spotify Audience Network (SPAN) weiterentwickelt.
SPAN ist der erste Marktplatz für Audio, der Podcast-Publisher:innen und unabhängige Creator:innen mit Werbungtreibenden zusammenbringt, einschließlich monatlicher Zahlungen an registrierte Publisher:innen.
Lohnt sich Spotify4Podcaster für die Content-Schaffenden?
Saruul Krause-Jentsch: Um das Potenzial des wachsenden Werbemarktes auszuschöpfen, haben wir nicht nur SPAN weiterentwickelt, sondern auch Spotify4Podcasters ausgebaut und im Juni für alle Hosts zugänglich gemacht.
Mit diesem Schritt können auch Podcaster:innen, die ihre Podcasts auf anderen Plattformen hosten, ihre Formate für Spotify-Hörer:innen verfügbar machen. So können Hosts nun auch Video-Podcasts hochladen. Mit S4P haben Podcaster:innen dann Zugriff auf die Performance einzelner Episoden und Tools, um mehr über ihre Publikum zu erfahren und dieses zu vergrößern. Mehr als 10.000 Podcaster:innen nutzen dieses Tool monatlich, um tiefere Einblicke in ihr Publikum zu erhalten.
Vor kurzem haben wir in Deutschland und ganz Europa zudem die Beta-Version von Automated Ads eingeführt, die Creator:innen mit Drittanbietern zusammenbringt. Über das Spotify Audience Network erhalten Podcaster:innen Zugriff auf Werbung von externen Sponsoren, die auf ihre Zielgruppen zugeschnitten ist. Die von den Sponsor:innen gelesenen Ads können hier automatisch in Werbepausen eingefügt werden, die die Hosts selbst auswählen. Sie werden dann auf Spotify und anderen Plattformen abgespielt, auf denen der Podcast veröffentlicht wurde.
Sie testen immer mal wieder Podcast-Features wie In-Apps-Lyrics hinter der Bezahlschranke. Was wird dort verbleiben?
Saruul Krause-Jentsch: Wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, das Erlebnis für unsere Hörer:innen zu verbessern und testen daher diverse Features in unterschiedlichen Märkten.
Wir werden diese Erlebnisse weiterhin innovativ gestalten und verschiedene Features ausprobieren, um den Bedürfnissen der Nutzer:innen weltweit gerecht zu werden.
„Gemischtes Hack” und „Fest & Flauschig” sind laut Ihren eigenen Charts die meistgehörten Podcasts in Deutschland. Welche Genres sind am erfolgreichsten bei Spotify?
Saruul Krause-Jentsch: „Gemischtes Hack“ ist laut aktueller Spotify-Statistik sogar der weltweit zweitgrößte Podcast nach Hörstunden!
Die beliebtesten Genres sind nach wie vor „Comedy & Entertainment” sowie „True Crime”. Wenn es um den Konsum von Video-Podcasts geht, steht Comedy mit an erster Stelle. Es folgen die Kategorien Freizeit, darunter Spiele und Hobbys, Gesellschaft und Kultur, Business und Technologie. Das sind Ergebnisse unserer 2023 veröffentlichten Fan Study.
Zudem zeigt die Spotify Podcast Trends Tour 2024, dass weltweit “Business & Technology” eine der am schnellsten wachsenden Kategorien der Gen Z ist, mit einem Anstieg von über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Streams in der Kategorie Kunst sind weltweit um über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – ein Trend, der nur für diese Zielgruppe gilt.
Die Auswahl neuer Formate hat für Spotify wenig mit Image zu tun. Wir möchten vielmehr unterstreichen, welche Themen wichtig sind und für welche Werte wir stehen.
(Saruul Krause-Jentsch)
Unser Team ist sehr vielfältig und wir wollen gesellschaftlich relevanten Themen Aufmerksamkeit, Ressourcen und eine Plattform geben. Aktuelle Beispiele für solche Podcasts sind „Para für alle” oder „How We Fix This” – beides Wissenspodcasts zu gesellschaftlich relevanten Themen.
Darüber hinaus ist Diversität ein wichtiges Thema für Spotify. Daher achten wir bei den redaktionellen Empfehlungen sehr genau darauf, dass wir auch Stimmen von marginalisierten Gruppen eine Plattform geben und verschiedene (Pop-)kulturelle Momente wie Pride oder Ramadan mit diesen Communities feiern. Spotify soll so auch die vielfältige Gesellschaft widerspiegeln.
Zu den Personen:
Saruul Krause-Jentsch verantwortet als Head of Studios DACH, UK und Irland den Bereich Podcasts bei Spotify. Sie studierte Business Administration zunächst in Berlin und Paris sowie im Master in Amsterdam bis 2015. Dazwischen arbeitete sie als Digital Business Strategist für mehrere Magazintitel bei Condé Nast. 2016 wechselte Krause-Jentsch zu Bertelsmann, zuletzt als Director beim Bertelsmann Corporate Network. Zwei Jahre später wurde sie Geschäftsführerin bei Podmedia und startete als Dozentin für Audio und Podcasting bei der Hamburger Journalistenschule sowie der Henri-Nannen-Schule.
Seit 2019 wirkt Saruul Krause-Jentsch für Spotify, zunächst als Managerin Strategy and Operations. Seit 2020 ist sie als Head of Studios DACH für den Bereich Podcasts zuständig, seit Anfang 2022 zusätzlich in UK und Irland.
Im April 2022 hat Yves Brunschwiler die Position des Head of Sales Central Europe bei Spotify übernommen. Als Strategic Senior Sales Lead ist er für die Entwicklung, Bewertung und Optimierung der Ad-Sales-Strategie bei Spotify verantwortlich. Brunschwiler ist zuständig für das Management, die Entwicklung und das Coaching des Spotify Advertising Teams, um die Qualität und Leistung der Verkaufsaktivitäten in allen Geschäftsbereichen zu gewährleisten. Vor seiner Tätigkeit bei Spotify arbeitete Brunschwiler über zehn Jahre in verschiedenen Positionen bei Google, zuletzt als Senior Sales Manager und Head of Performance. Vor seiner Zeit bei Google war er Global Internal Auditor bei Nestlé.
Quelle: MEDIENTAGE MÜNCHEN-Blog