KI als Schlüsselfaktor für die Zukunft des Radios

Radio auf Treppe nach unten

Nachdem der erste Hype um künstliche Intelligenz (KI) abgeklungen ist und die Mediennutzer erste Erfahrungen gesammelt haben, wird es Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen. Eine zentrale Frage, die ich immer wieder höre, lautet: „Wo bleibt der Produktivitätsgewinn“? Meine Antwort darauf: Produktivität bemisst sich oft an finanziellen Gewinnen und Einsparungen. In der Radiobranche stellt sich vor allem die Frage, ob tatsächlich Personalkosten gesenkt und höhere Umsätze erzielt werden können.

Kostensenkungen im Personalbereich

Wir wissen, dass die Personalkosten in Radiostationen einen großen Teil der Gesamtausgaben ausmachen – in der Regel zwischen 50 und 60 Prozent. Besonders die Redaktionen schlagen hier stark zu Buche, deutlich mehr als Organisation oder Vertrieb, auf die ich in diesem Artikel näher eingehen möchte.

Im Vertrieb und Marketing könnten sich in naher Zukunft signifikante Veränderungen ergeben. Ich sehe bereits die Möglichkeit, dass teure Kreativköpfe durch KI-basierte Systeme ersetzt werden. Diese könnten vorgefertigte Verkaufsangebote und automatisch generierte Werbekampagnen liefern, sodass das Motto lautet: „Wir haben euch besser vorbereitet als je zuvor.“

Wenn das gelingt, könnte der Markt mit einer Flut neuer Angebote überschwemmt werden, die tatsächlich zu einem Umsatzwachstum führen. So würde sich der Einsatz von KI doppelt lohnen: Kosten senken und Umsätze steigern.

Umsatzprognose des Radio- und Podcastwerbemarktes

In Frankreich warnte die Regierung bereits vor den drastischen Veränderungen der Medienlandschaft in den kommenden 20 Jahren, angetrieben durch die Dominanz digitaler Akteure. Und ich bin der Meinung, dass sich diese Entwicklung auch auf den Radiomarkt weltweit ausweiten wird.

Grafik aus pwc-Studie "German Entertainment & Media Outlook 2024-2028"
Grafik aus pwc-Studie "German Entertainment & Media Outlook 2024-2028"

Die Umsätze aus Radiowerbung werden jährlich durchschnittlich um 0,4 % schrumpfen und im Jahr 2028 673,6 Millionen Euro betragen. Dahingegen befindet sich die Podcastwerbung auf Wachstumskurs und wird bis 2028 mit einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate von 5,2 % auf 67,0 Millionen Euro ansteigen (Abb. 44).
(Quelle: pwc-Studie „German Entertainment & Media Outlook 2024-2028“)

Grafik aus pwc-Studie "German Entertainment & Media Outlook 2024-2028"
Deswegen rate ich: Wehrt euch mit euren eigenen Waffen – und eine dieser Waffen ist ganz klar die künstliche Intelligenz.

Künstliche Intelligenz als Schlüsselfaktor für die Zukunft des Radios

Trotz der Unklarheiten, die mit neuen Technologien oft einhergehen, sehe ich KI als entscheidenden Faktor für die Zukunft des Radios. Radiostationen, ob öffentlich oder privat, sind auf Refinanzierung angewiesen. Daher sollten wir uns fragen: Wie können Prozesse in der Programmgestaltung optimiert und neue Einnahmequellen erschlossen werden? Und ich meine damit nicht nur Werbung – es gibt viele andere Möglichkeiten.

Neue Umsatzquellen jenseits der Werbung

Neben den klassischen Werbeeinnahmen sehe ich einige interessante neue Ansätze:

  • Streaming und Podcasts bieten neue Wege, Hörer zu erreichen und Umsatz zu generieren.
  • Neue Partnerschaften und Inhalte: Kooperationen mit Influencern oder maßgeschneiderte Programme für spezifische Zielgruppen könnten zusätzliche Einnahmen bringen.
  • KI zur Effizienzsteigerung: Ob bei der Playlisterstellung oder der Sendungsplanung – durch KI können viele Prozesse automatisiert und somit effizienter gestaltet werden.

Empfehlungen für Radiostationen

Was sollten Radiostationen nun tun, um diese Chancen zu nutzen? Meine Empfehlungen sind klar:

  • Investiert in KI: Sie kann euch helfen, effizienter zu werden und neue Zielgruppen zu erreichen.
  • Schafft neue Inhalte und Partnerschaften: So könnt ihr zusätzliche Hörer gewinnen und eure Einnahmequellen erweitern.
  • Schult eure Vertriebsteams: Eure Verkäufer müssen die neuesten KI-Technologien kennen und verstehen, wie sie für die Radiobranche genutzt werden können.

Handlungsaufforderung

Zum Schluss möchte ich euch zu einer vergleichenden Analyse aufrufen. Untersucht, wie sich die Umsätze durch Akquisitionen und die Personalkosten in Bereichen wie Vertrieb, Marketing und Kreativabteilungen verändert haben. Am besten über verschiedene Regionen und Senderarten hinweg. Die Ergebnisse könnten interessante Einsichten liefern und euch helfen, Best Practices für die Zukunft des Radios zu entwickeln.


Helmut Poppe (Bild: privat)

Helmut Poppe gehört zu den Privatradiopionieren in Deutschland und hat früh den Blick über den Tellerrand gewagt. Er war in der RTL-Gruppe (seinerzeit IPA) und bei Studio Gong für Vertrieb und Marketing leitend für den Vertrieb des Werbeinventars verantwortlich und kenn auch das Lokalgeschäft durch seine Vertriebstätigkeit u.a. bei Radio RPR.

Mit seinem Mediaforschungs- und Marketinghintergrund berät er Agenturen, Start-Ups und Audioanbieter in Fragen der Strategie und Markenbekanntheit sowohl in Deutschland und benachbarten Ausland, insbesondere in Frankreich. Als Experte für Radiomarketing und Medienstrategie setzt er sich intensiv mit der Rolle der künstlichen Intelligenz in der Medienbranche auseinander.