Die komplette Geschichte des Radios in Tirol auf rund 280 Seiten. Ist das überhaupt möglich? Ist es, wie ein neues Buch mit dem Titel „Das Mikrofon im Dorf“ belegt.
Dem Autor Benedikt Kapferer ist es mit großem journalistischem Geschick gelungen, die Historie dieses Mediums nahezu lückenlos darzustellen, und das nicht nur informativ, sondern auch noch recht unterhaltsam. Ein zeitlicher Abriss, angefangen im Jahr 1924, fehlt ebenso wenig wie so manche Anekdote.
Kapferer, der als Journalist im ORF-Landesstudio Tirol tätig ist, beleuchtet die Thematik mit Hilfe zahlreicher Quellen sowie Interviews mit Zeitzeugen. Er spannt den Bogen von den ersten Gehversuchen mit wenig ausgereifter Technik und Übernahmen von Radio Wien, schildert den Ausbau eigener Programmschienen aus Innsbruck und zeigt den Wandel des Hörfunks vom eintönigen Propagandawerkzeug zum demokratischen Informations-, Bildungs- und Unterhaltungsmedium auf.
Die Zeitspanne reicht dabei über den Austrofaschismus, den Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit (mit der Integration in den ORF), bis zur heutigen Radio- und Podcast-Landschaft in Tirol. Und auch ein Blick nach Südtirol darf nicht fehlen, wo ja schon ab 1976 – also gute 20 Jahre früher als in Österreich – Privatradios existierten, die von exponierten Sendestandorten auch nach Nord- und Osttirol hinein strahlten.
Schließlich gibt es sogar noch einen kurzen Ausflug zu Radio Adria, dem Pionier aller deutschsprachigen Urlaubssender, der für den ORF nicht selten zur Talentschmiede wurde.
Neben all den kompakten Informationen erinnert der Autor auch an die „Stimmen“, die die Radio-Landschaft in Innsbruck geprägt haben: Ingo Rotter, Armin Wolf, der für das Buch einen Gastbeitrag verfasst hat, Manfred Gabrielli, Wolfgang Kirchmair oder Ernst Grissemann.
Und der Leser denkt mit Sicherheit mal gerne wieder an legendäre Sendungen zurück wie „Tanzmusik auf Bestellung“, „Mit Musik ins Wochenende“, „Die Musiktruchn“, die umfangreiche Sportberichterstattung und natürlich an die kultigen Wunschkonzerte, die kaum musikalische Barrieren kannten.
Dass Radio auch für die „Macher“ immer wieder faszinierend sein kann, zeigt Kapferer in dem Kapitel über Andi Knoll auf: Der bekannte Hörfunk- und TV-Moderator aus Inzing, wurde, wie so viele, von den aus Südtirol einstrahlenden Sendern inspiriert. So startete er seine Karriere denn auch im Jahre 1990 bei Radio Transalpin.
Über Antenne Austria kam Knoll zu Radio M1 und 1994 schließlich zu Ö3 nach Wien. Nicht Vielen gelingt es – in so kurzer Zeit – auf der Erfolgsleiter so weit nach oben zu klettern.
Das Buch ist für Freunde des Mediums Hörfunk eine absolute Pflichtlektüre. Alle, die obendrein noch einen engeren Bezug zu Tirol haben, wird es absolut begeistern. Und zudem nimmt man ja aus „Das Mikrofon im Dorf“ noch schmunzelnd ganz neue Erkenntnisse mit. Dass es in den Pionierzeiten immens wichtig war, improvisieren zu können, liegt auf der Hand. Aber auf die Idee die Akustik eines Wasserfalls mit Hilfe einer Toilettenspülung zu simulieren, muss man erst mal kommen.
Rezension von Michael Louis
Autor: Benedikt Kapferer
Titel: „Das Mikrofon im Dorf – Die Geschichte des Radios in Tirol“
Erschienen im Tyrolia Verlag; ISBN 978-3-7022-4223-7
Preis: 29,00 €
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